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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon
Autoren: Ulf Schiewe
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Dieu,
ein alter Mann, schalt ich mich, und ein Priester dazu. Doch was wie plumpe Schmeichelei geklungen hatte, war von einem aufrichtigen und warmherzigen Lächeln begleitet gewesen. Gewiss hatte ich ihn mit meinem Schleier über dem einfachen Gewand nur an Bildnisse der Heiligen Jungfrau erinnert, deren glühender Verehrer er bekanntlich war.
    In jedem Fall beschloss ich, vorsichtig zu sein, und erinnerte mich daran, dass ich geschworen hatte, mich nie wieder von mächtigen Männern einschüchtern zu lassen.
    »Dürfen wir Euch ein wenig von unserem Wein anbieten,
Mossenher.
Er genießt einen guten Ruf.«
    Bernard hob abwehrend die Hand und schüttelte den Kopf. »Ich leide unter Magenbeschwerden, Wein tut mir gar nicht gut. Nein, auch kein Wasser. Ich danke Euch.«
    »Dann nehmt doch bitte wieder Platz.«
    Der Raum, in dem ich wichtige Gäste für private Gespräche empfange, ist nicht sehr groß, aber bequem ausgestattet, mit gepolsterten Stühlen und wertvollen Teppichen an den Wänden. Im Kamin verbreitete ein Feuer angenehme Wärme. Ich ließ mich auf dem geschnitzten und bemalten Thronstuhl meines Vaters nieder, der mir bei solchen Gelegenheiten ein wenig mehr Höhe und Würde gewährt. Auch die anderen setzten sich. Im Hintergrund bemerkte ich einen unscheinbaren Mönch, der Wachstablett und Stylus hervorholte. Sein
secretarius.
    Bernard blickte freundlich in die Runde und nickte dann dem weißhaarigen Abt Imbert zu. »Wie ich sehe,
Midomna,
habt Ihr die Tatkraft der Jugend wie auch die Weisheit des Alters um Euch versammelt. Aber warum findet sich nicht der gute Erzbischof in unserer Runde?«
    »
Mossenher
Leveson besucht nur ungern meinen Palast«, erwiderte ich ohne weitere Erklärung. »Aber lasst mich zuerst meine engsten Berater vorstellen. Zu Eurer Rechten,
Vescoms
Felipe de Menerba, einer unserer bedeutendsten Vasallen, und neben mir, Peire Raimon de Narbona, Verwalter der vizegräflichen Besitzungen und Vermögen. Ihr habt recht,
Mossenher,
beide sind nicht viel älter als ich selbst, aber erprobte Gefährten. Auch
Fraire
Aimar hier zu Eurer Linken genießt besonderes Vertrauen und hat schon viele Fürstenhöfe in unserem Auftrag besucht.«
    »Welcher Gemeinschaft gehört Ihr an, Bruder Aimar?«
    »Dem Kloster Fontfreda, Herr, ganz hier in der Nähe«, erwiderte Aimar ein wenig eingeschüchtert, was sonst nicht seine Art war.
    Bernard nickte und wandte sich wieder an mich. »Ist Fontfreda nicht dank Eurer Unterstützung erweitert worden?«
    »Alle Gebäude konnten erneuert und wesentlich größer ausgelegt werden«, sagte ich nicht ohne Stolz. »Die Arbeiten schreiten gut voran. Und inzwischen wird an einem neuen Gotteshaus gebaut. Es wird das schönste und bedeutendste Kloster des ganzen Südens werden.«
    »Ich hätte es mir gern von Euch zeigen lassen, doch ich bin in Eile. Papst Eugenius hat seinen Besuch in Clairvaux angekündigt. Ihr wisst, er war mein Schüler, und ich bin ihm persönlich sehr verbunden.«
    Es war allgemein bekannt, dass dieser Bernardus Paganelli ohne Clairvaux’ Fürsprache wohl kaum als Eugenius  III . den Stuhl Petri hätte besteigen können. Es hieß auch, die Bulle des Papstes,
quantum praedecessores,
in der vor einem Jahr zum bewaffneten Pilgerzug ins Heilige Land aufgerufen worden war, sei von Bernard selbst diktiert worden.
    »Zu guter Letzt«, fuhr ich fort, »darf ich Euch meinen väterlichen Freund und Beichtvater,
Mossenher
Imbert, Abt des Klosters Sant Paul Serge, vorstellen.«
    »Sind wir uns nicht schon mal begegnet?«, fragte Bernard.
    »So ist es.«
Paire
Imbert war hocherfreut, dass der berühmte Clairvaux sich seiner erinnerte. »Es war im Jahre 1128 , während des Konzils von Troyes, auf dem der Orden der Tempelritter von Jerusalem bestätigt wurde. Ihr selbst habt die Ordensregeln entworfen.«
    Bernard lächelte ein klein wenig selbstgefällig. »Seitdem hat sich der Orden gut gemacht und der Christenheit große Dienste erwiesen.«
    Er beugte sich vor, stützte ungezwungen die Ellbogen auf die Knie und verschränkte die Finger ineinander. Große, kräftige Hände, bemerkte ich.
    »Nun, verehrte
Domna
Ermengarda, das bringt uns zum Gegenstand meines Besuches. Die vom Heiligen Vater beschlossene Pilgerfahrt braucht kampferprobte Männer, die bereit sind, für Christus zu streiten.«
    Seine Worte bestärkten meine schlimmsten Befürchtungen. Schon sah ich Arnaut hoch zu Ross unter dem Banner dieses Priesters reiten, im Kampf von Feinden umringt und
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