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Die Huette

Die Huette

Titel: Die Huette
Autoren: William P. Young
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zu sein, aber Mack hatte keine Wahl und passte sich schnell an. Über die folgenden Jahre erzählt er nicht viel. Die meiste Zeit verbrachte er im Ausland, trieb sich in der ganzen Welt herum, schickte seinen Großeltern Geld, die es dann an seine Mutter weitergaben. In einem dieser fernen Länder kämpfte er sogar mit der Waffe in der Hand in irgendeinem schrecklichen militärischen Konflikt; seit ich ihn kenne, hasst er den Krieg mit einer dunklen Leidenschaft. Was damals auch geschehen sein mag, mit Anfang zwanzig landete er schließlich in einem Priesterseminar in Australien. Als Mack von Theologie und Philosophie genug hatte, kehrte er in die Staaten zurück, schloss Frieden mit seiner Mutter und seinen Schwestern und zog aufs Land nach Oregon, wo er Nannette A. Samuelson kennenlernte und heiratete.
    In einer Welt voller Leute, die nur reden, ist Mack einer, der denkt und handelt. Er sagt nicht viel, solange man ihm nicht eine direkte Frage stellt, und die meisten Leute haben gelernt, das besser bleiben zu lassen. Wenn er dann nämlich zu reden anfängt, fragt man sich, ob er nicht vielleicht ein Außerirdischer ist, dessen Blick auf die Landschaft menschlicher Ideen und Erfahrungen sich völlig von der Sichtweise aller anderen Leute unterscheidet.
    Eist so, dass er mit einer beunruhigenden Vernunft diese Welt betrachtet, in der die meisten Leute immer nur hören wollen, was sie zu hören gewohnt sind, also meistens ziemlich wenig. Wer ihn kennt, findet ihn in der Regel recht sympathisch, vorausgesetzt, er behält seine Gedanken weitgehend für sich. Und wenn er redet, hören sie deshalb nicht auf, ihn zu mögen - nur sind sie dann weniger zufrieden mit sich selbst.
    Mack erzählte mir einmal, dass er in jüngeren Jahren offener heraus seine Meinung gesagt hätte, aber er gab zu, dass dieses Gerede vor allem als Überlebensmechanismus gedient hätte, um seine seelischen Wunden zu überdecken; das hätte dann häufig damit geendet, dass er seinen Schmerz allen Leuten in seiner Umgebung ins Gesicht spuckte. Er sagte, er habe damals eine Art gehabt, den Leuten ihre Fehler unter die Nase zu reiben und sie zu demütigen, um sich selbst in einem Gefühl falscher Macht und Kontrolle zu wiegen. Nicht sehr liebenswürdig.
    Während ich diese Worte aufschreibe, denke ich an den Mack, den ich kenne - ziemlich durchschnittlich und unauffällig, außer für jene, die wirklich vertraut mit ihm sind. Er wird jetzt bald sechsundfünfzig, ein kahl werdender, nicht sehr großer Weißer, eine Beschreibung, wie sie auf viele Männer in dieser Gegend zutrifft. Einmal in der Woche fährt er mit der MAX (der S-Bahn hier in der Region Portland) in die Stadt zu Geschäftsterminen. Wenn man dabei neben ihm säße, während er leise vor sich hin schnarcht, würde man sich nicht unwohl fühlen, und in einer Menschenmenge würde er nicht auffallen. Zum größten Teil erledigt er seine Arbeit daheim in seinem Haus in der Wildcat Road. Er vertreibt irgendwelche Hightech-Gerätschaften, und ich werde noch nicht einmal so tun, als verstünde ich etwas davon: irgendwelche Techno-Spielereien, die alles noch schneller machen, als ob das Leben nicht sowieso schon schnell genug wäre.
    Wie clever Mack ist, wird man erst merken, wenn man, so wie ich, zufällig eines seiner Gespräche mit Fachleuten miterlebt. Plötzlich erinnerte die Sprache nur noch entfernt an Englisch, und ich hatte Mühe, die Konzepte zu begreifen, die aus ihm hervorsprudelten wie ein reißender Fluss voller Edelsteine. Er kann sich intelligent zu nahezu jedem Thema äußern. Man merkt zwar, dass er starke Überzeugungen hat, aber zugleich ist er sehr sanft und lässt dir deine.
    Seine Lieblingsthemen kreisen um Gott und die Schöpfung und darum, weshalb die Leute glauben, woran sie glauben. Dann beginnen Macks Augen zu leuchten, ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel, und plötzlich, wie bei einem kleinen Kind, verschwindet all seine Müdigkeit, er wird alterslos und die Worte wollen nur so aus ihm heraussprudeln, sodass er kaum an sich halten kann. Doch gleichzeitig ist Mack nicht sehr religiös. Eine Hassliebe scheint ihn mit der Religion zu verbinden, und vielleicht sogar mit Gott, den Mack verdächtigt, grüblerisch und unnahbar zu sein. Ab und zu sickern kleine sarkastische Bemerkungen durch die Risse seiner selbst auferlegten Zurückhaltung, spitze Pfeile, die mit Gift aus einem Brunnen tief in seinem Inneren getränkt sind. Zwar erscheinen wir beide manchmal sonntags zum
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