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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose
Autoren: Rebecca Gable
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suchte vergeblich nach einem vertrauenswürdigen Gesicht, bis er Lord Scrope allein am entlegenen Ende der Halle entdeckte. Edward trat zu ihm, erklärte ihm kurz, was geschehen war, und bat ihn, ihn selbst, Raymond und Mortimer beim König zu entschuldigen.
    Scrope schämte sich, weil er Raymond of Waringham noch vor wenigen Minuten jedes nur erdenkliche Unglück an den Hals gewünscht hatte. Jetzt, da es eingetreten war, hätte er allerhand darum gegeben, seine Flüche zurücknehmen zu können. »Natürlich, Mylord. Und ich werde für Euren jungen Bruder beten.«
    »Ich danke Euch, Sir.« Edward verneigte sich förmlich und eilte zu Raymond und Mortimer zurück.
     
    Zusammen mit Tristan Fitzalan, der zu den verlässlichsten Rittern ihres Vaters gehörte, ritten sie nach Waringham, als seien alle Teufel der Hölle hinter ihnen her.
    Sie verließen die Stadt über die London Bridge, preschten durch die engen Gassen von Southwark am südlichen Themseufer, dass die Passanten vor ihnen auseinander spritzten wie Wassertropfen, und schlugen schließlich die Watling Street Richtung Canterbury ein. Eine Stunde hinter Rochester zweigte der Pfad nach Waringham ab. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kamen sie dort an.
    Während sie den eiligen Tain auf seiner alten Holzbrückeüberquerten und dann den Mönchskopf hinaufritten, betrachteten die drei Ritter Waringham mit höchst unterschiedlichen Blicken: Für Edward, der seine ganze Kindheit im Norden verbracht hatte, war es lediglich der Ort, wo seine Familie lebte. Für Raymond war es sein Zuhause, das er liebte und wo all seine Wurzeln steckten, doch gleichzeitig der Mühlstein um seinen Hals. Und für Mortimer war es all das, was er endgültig verloren hatte, als sein Vater den König verraten hatte.
    Sie ritten über die Zugbrücke und durch das mächtige Torhaus der Burg, wandten sich nach rechts, wo ein Pferdestall lag, der im Vergleich zum Gestüt klein und geradezu schäbig wirkte, überließen ihre kostbaren Rösser den Stallknechten und eilten durch den grasbewachsenen Innenhof zum Burgturm hinüber.
    Als sie die erste Treppe erklommen hatten, warf Raymond einen kurzen Blick in die Halle. Ein paar Mägde waren dabei, die lange Tafel für die Ritter, deren Familien und auch für das Gesinde zum Nachtmahl zu decken, aber sonst war niemand dort. Sein Vater unterhielt nur noch einen kleinen Haushalt. Keine Kampftruppe mehr. Für Robin of Waringham waren die Tage des Kampfes vorüber.
    »Komm schon, Raymond«, drängte Mortimer von der Treppe. Raymond wandte sich ab und folgte ihm hinauf zu den Wohngemächern der Familie.
    Sie fanden ihre Schwester an Johns Bett.
    »Joanna?«, murmelte Edward. »Wie steht es?«
    Ihr Kopf fuhr herum. Als sie ihre Brüder in der Tür stehen sah, erhob sie sich und schloss sie nacheinander in die Arme. Auch für die neunzehnjährige Joanna waren diese Brüder keine Gefährten ihrer Kindheit gewesen, doch im Gegensatz zu John hatten sie für die Schwester nie Konkurrenz, sondern immer nur Beschützer dargestellt.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie leise. »Das Fieber zehrt an ihm. Mir scheint, er schwindet. Für Stunden ist er besinnungslos, und er wird … immer schwächer.« Sie fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen.
    »Was sagt Liz?«, fragte Raymond, ohne den Blick von dem bleichen Gesicht des Jungen abzuwenden.
    »Tristan Fitzalan hat einen gelehrten Doktor aus Canterbury geholt«, erklärte sie. »Einen Benediktiner. Er sah mir so aus, als wisse er, was er tut. Er hat den Arm geschient und gesagt, es sei ein glatter Bruch, der wahrscheinlich gut verheilen werde. Und er hat John zur Ader gelassen, aber gegen das Fieber konnte er nichts ausrichten. John macht sich Vorwürfe, weil drei Pferde im Feuer verendet sind. Ich glaube, das quält ihn mehr als die Verbrennungen. Aber er ist sehr tapfer.«
    »Ja, das will ich hoffen«, brummte Raymond. »Du redest von ihm, als wär er ein Dreikäsehoch, Jo.«
    Es klang schroffer, als es sonst seine Art war. Er wollte nicht, dass sie merkte, wie bestürzt er über Johns Anblick war, dieses vom Fieber gezeichnete Gesicht, das mager, beinah greisenhaft aussah. Raymond trat an das breite, komfortable Bett. Die schweren Vorhänge waren zurückgeschoben. John lag auf dem Rücken; er hatte die leichte Decke weggestrampelt. Der linke Unterarm war geschient und verbunden. Auch um die Stirn trug der Junge einen Verband, doch die Brust war nackt, von einem Film bräunlicher Salbe bedeckt.
    »John«,
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