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Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
Autoren: V.C. Andrews
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Vorstellung auf und so, wie er es sagte, wusste ich, dass auch er trauerte, aber nicht nur um seine Schwester. Er trauerte ebenso darum, dass er seine Mutter an diese Tragödie verloren hatte, die danach seine Erziehung mehr oder weniger meinem Onkel Roy überließ.
    »Man würde gar nicht merken, dass ich jetzt ein Einzelkind bin«, sagte er mir. »Meine Mutter benimmt sich so, als wäre Latisha noch bei uns, schliefe nur dort draußen unter den Sternen. Manchmal benimmt sie sich so, als könnte sie sie hören. Sie lässt all ihre Sachen draußen, wäscht und bügelt sogar ihre Kleidung. Das macht Roy und mich verrückt.«
    Die schlimmste Art von Geschwisterrivalität war, gezwungen zu sein, mit einer toten Schwester um die Aufmerksamkeit der Mutter zu kämpfen.
    Sie begruben Latisha auf dem Anwesen in der Nähe ihres Hauses. Onkel Roy errichtete einen hübschen
Zaun und ein Tor um ihr Grab und den Grabstein.Tante Glenda hatte es in ein Heiligtum verwandelt, und es verging kein Tag, an dem sie nicht dort war und am Grabstein ihrer kleinen Tochter betete.
    Wenn ich nachts aus dem Fenster schaute, sah ich oft eine brennende Kerze. Glendas Silhouette zeichnete sich unter den Sternen oder unter einem bewölkten Himmel ab. Einmal sah ich sie sogar in einem Gewitter dort draußen, wie sie ihren Schirm umklammert hielt und sich nicht um die Blitze kümmerte, die um sie herum zuckten.
    »Eine Mutter kann nie loslassen«, sagte Mommy mir, als wir über die Dinge sprachen, die Harley mir erzählt hatte, »selbst wenn sie die Hand ins Feuer strecken muss.«
    Bei Latishas Tod war ich noch zu jung, aber Jahre später hörte ich, wie Mommy zu sich selbst murmelte, dass sie wieder einmal jemandem Unglück gebracht hatte.
    »Ich hätte Roy weit von mir entfernt leben lassen sollen, wie er es gewollt hat«, stöhnte sie.
    Niemand wurde wütender auf sie, wenn sie solche Dinge sagte, als Onkel Roy. Seine Augen funkelten wie ein Glutofen, er plusterte sich auf, wodurch er noch größer und breiter wirkte, und dann senkte er die Stimme, um mit ihr zu schimpfen und ihr zu verbieten, so etwas zu sagen.
    »Du bist diejenige, die Mama dafür verprügeln würde«, versicherte er ihr und sein langer, dicker, rechter Zeigefinger deutete wie ein Pfeil auf sie.
    Niemand war gern in der Nähe, wenn Onkel Roy
wütend wurde – am wenigsten sein Stiefsohn Harley. In dieser Zeit steckte Harley so häufig in der Schule und bei seinen Freunden in Schwierigkeiten, dass Onkel Roys Stirn vom finsteren Gucken erstarrt war zu tiefen Falten und dicken Runzeln.
    »Der Herr hat mir eine seltsame Bürde aufgehalst«, hörte ich Onkel Roy Mommy mehr als einmal erzählen. »Er raubte mir die Chance, ein Daddy zu sein, als er Latisha von mir nahm, aber er überließ mir die Verantwortung für einen Jungen, dessenVater ich gar nicht bin. Du redest davon, dass du mit einem Fluch beladen bist. Ich glaube nicht, dass ich irgendetwas getan habe, um diese Bürde zu verdienen, aber ich muss sie tragen.«
    »Mama sagte immer, es ist nicht an uns zu entscheiden, ob das, was der Herr tut, richtig oder falsch ist, Roy.«
    »Ja. Das erscheint mir auch nicht richtig.«
    Es machte mich traurig, so etwas zu hören. Ich musste an Harley denken. Es ist schwer, dachte ich, ungewollt zu sein. Ich wusste, dass das auch Mommy traurig machte.
    Niemand wusste besser als sie, was das bedeutete.
    Und ich hoffte und betete, dass es etwas war, was ich nie erfahren würde.

KAPITEL I
    Happy Birthday, Summer
    E s sah aus, als ob ein Regenbogen gerade über unserem Anwesen explodiert wäre. Ich wusste zwar, dass Daddy insgeheim einige Überraschungen geplant hatte, war aber nicht darauf vorbereitet, was er alles getan hatte. In dem Augenblick, als die Morgensonne auf meine Augen fiel, hörte ich das zarte Klimpern von »Happy Birthday to You«. Mit verschlafenem Blick schaute ich auf ein kostbares, erstaunlich anzusehendes Karussell, bei dem sich eine Menagerie von Tieren um eine Ballerina drehte, die in der Mitte tanzte.
    »Ich hoffe, dass du immer mit so einem Lachen aufwachst, Summer«, sagte Daddy. Ich schaute hoch und sah Daddy dort stehen. Sein Gesicht strahlte fast so sehr wie meines. Ich hatte seine türkisgrünen Augen, aber Mommys ebenholzschwarze Haare und einen Teint, der ein paar Schattierungen heller als ihrer war, so dass jeder sehen konnte, dass ich auch Daddys Sommersprossen geerbt hatte, besonders auf den Wangenknochen.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag,
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