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Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
Autoren: V.C. Andrews
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erwachte als Erste und sah ihn an meinem Bett sitzen, den Kopf gesenkt, sein dicker starker Hals wölbte sich vor.
    »Onkel Roy«, flüsterte ich. »Onkel Roy?«
    Langsam hob er den Kopf und lächelte.
    »He, Prinzessin, wie geht’s?«, fragte er.
    Ich schaute mich um.
    »Wo bin ich?«
    »Im Krankenhaus.«
    »Wo ist Harley?«, fragte ich verzweifelt und hielt die Luft an, weil ich panische Angst vor seiner Antwort hatte.
    Er starrte mich einen Augenblick an und legte den Kopf dann leicht nach rechts.

    »Er ist im Zimmer nebenan. Ihm geht es viel schlechter als dir. Er liegt noch im Koma«, sagte er.
    »Was haben sie uns angetan?«
    »Der Arzt meinte, in etwas, das ihr gegessen haben müsst, waren giftige Pilze. Noch ein Tag und ich wäre wahrscheinlich zu spät gekommen.«
    »Wird er wieder gesund?«
    »Ja, sie glauben schon. Sie hoffen es«, fügte er hinzu, um ein bisschen aufrichtiger zu sein.
    »Wie hast du uns gefunden?«, fragte ich.
    »Ich habe Harleys Zimmer durchsucht, nachdem du Rain gesagt hattest, du kämst nach Hause, und nicht kamst. Ich fand den Namen und die Adresse dieses Burschen und machte mich auf den Weg. Als ich herkam, sah ich Harleys Motorrad hinter dem Haus. Ich entdeckte es, bevor ich an der Tür klopfte. Gute Feindaufklärung. Vermutlich mein Army-Training«, fuhr er mit einem schnellen Lächeln fort.
    »Auf jeden Fall, als dieser Mann mir sagte, Harley und du wärt abgereist, drängte ich mich hinein. Eine merkwürdige Frau fuhr mit einer brennenden Kerze immer wieder über diese Tür im Flur, als würde sie etwas verbrennen. Ich warf einen Blick zurück zu ihm und dann zu ihr. Etwas in seinem Gesicht sagte mir, dass ich mich besser beeilen sollte.
    ›Wo sind sie?‹, wollte ich wissen. Er sah aus, als würde er anfangen zu weinen. Ich drehte mich zu der Frau um und wiederholte die Frage. Sie antwortete: ›Sie sind beim Teufel.‹<

    Ich versuchte die Tür zu öffnen und sah, dass sie verschlossen war. Ich verlangte den Schlüssel, und als keiner sich rührte, machte ich einen Schritt zurück und trat sie ein. Der alte Mann ging einfach ins Wohnzimmer und setzte sich in einen Sessel, als wäre das keine große Sache. Nur ein weiterer Tag in der Hölle oder so.
    Den Rest kennst du. Natürlich habe ich das alles der Polizei berichtet, und sie haben sie verhaftet. Dieser Typ war Harleys Großvater«, sagte er kopfschüttelnd. »Sein Großvater! Ist es denn zu fassen?«
    »Wir wissen, wer er war. Zuerst behauptete er, seinVater zu sein. Sein Vater wurde getötet, als er nach einem Raubüberfall vor der Polizei flüchtete.«
    »Ja, die Polizei erzählte mir einiges über die Familiengeschichte.«
    »Was ist mit meiner Mutter und meinem Vater, Onkel Roy?«
    »Sie sind auf dem Weg hierher. Sie sollten in wenigen Stunden da sein.«
    »Ich habe so ein Chaos angerichtet.«
    »Du? Warum du?«
    »Ich hätte nicht zustimmen sollen mitzukommen«, sagte ich. »Vielleicht wäre er dann auch nicht gefahren.«
    »Falsch«, erklärte er mit einem so entschiedenen Ton wie ein Gong. »Er wäre ohne dich gefahren. Ich war ihm keine Hilfe in seinem Kummer. Und dann wäre er ganz allein hier gewesen, und niemand wäre rechtzeitig gekommen, um ihn zu retten, Summer. Gib dir nicht die
Schuld. Du hast ihn schließlich am Leben gehalten«, sagte er.
    Ich wollte Onkel Roy so gerne glauben. Ich wusste, dass er mir das erzählte, damit ich mich besser fühlte, aber vielleicht steckte auch ein Körnchen Wahrheit darin.
    Später trafen Daddy und Mommy ein. Ich weinte und sagte immer wieder, wie Leid es mir täte, ihnen all diesen Kummer bereitet zu haben, aber sie waren so froh, mich zu sehen, dass sie gar nicht darauf hörten. Daddy ging, um mit den Ärzten zu sprechen, und Mommy blieb bei mir.
    Sie quartierten sich in einem Motel in der Nähe ein und kamen in den nächsten zwei Tagen täglich ins Krankenhaus. Am zweiten Tag wachte Harley auf. Er war noch sehr schwach, aber allmählich begriff er, wo er war, und erinnerte sich an alles, was passiert war.
    In der Nacht des zweiten Tages, nachdem Mommy und Daddy gegangen waren, um sich etwas Ruhe zu gönnen, stand ich auf. Das sollte ich eigentlich nicht, aber ich wollte Harley sehen. Ich wartete, bis niemand mehr im Flur war, und ging zu seinem Zimmer, betrat es aber nicht. Ich stand in der Tür, erstarrt, schweigend, kaum atmend.
    Onkel Roy saß ganz still an Harleys Bett, den Kopf in die Handflächen gelegt, die Ellenbogen auf die Knie gestützt.
    Er weinte.
    Onkel
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