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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig
Autoren: zu KLAMPEN
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trinke nachts fünf Tassen und schlafe einwandfrei.«
    »Das liegt an Ihrem guten Gewissen«, höhnte der Kommissar. »Von wegen gutes Ruhekissen.«
    »Das mag sein. Ich habe mir nichts vorzuwerfen.«
    »Das trifft sich gut, diesen Part wollten wir auch gerade übernehmen. Trinken Sie Ihren Kaffee, als wäre es Ihr letzter –
     in Freiheit. Vielleicht intensiviert das den Geschmack.«
    »Dafür dass ihr seit vier Tagen im Nebel stochert, seht ihr ganz schön selbstbewusst aus.«
    Es war zu spät, um mit Kabbeleien Zeit zu verlieren. So konfrontierten sie die alte Hebamme unverzüglich mit Kassians Aussagen.
     Demnach hatte die alte Karolina Baby Bordon zur Welt gebracht und war mit fast hundertprozentiger Sicherheit Augenzeugin gewesen,
     als Bordon ums Leben kam. »Aber hallo«, sagte sie anerkennend, »da kann ja unser kleiner Marvin noch einiges lernen.«
    »Frau Pape, bitte. Äußern Sie sich endlich! Wer hat Bordon getötet? Wo sind die Eltern des Kindes? Was haben Sie mit beidem
     zu tun? Weshalb sehnt sich eine Frau wie Sie nach monatelanger Untersuchungshaft? Sie sind nicht alt und nicht gebrechlich
     genug, um das zu vermeiden.«
    »Eine Freundin von mir hat einen früheren Bundespräsidenten auf die Welt geholt. Die war sicher.«
    »Nicht sicherer als Sie und ich.«
    »Sie sind Polizisten. Sie können machen, was Sie wollen. Bei uns wird traditionell alle zwei Jahre jemand von einem betrunkenen
     Polizisten totgefahren. Was meinen Sie, wie viele Ihrer Kollegen dafür zur Rechenschaft gezogen wurden?«
    |279| »Ich habe nie behauptet, dass bei uns das Paradies ausgebrochen sei.«
    »Aber wir wissen immerhin, wer im Paradies für Recht und Ordnung sorgen wird.«
    Die Kommissarin hatte die Nase voll: »Hebamme Pape, ich fordere Sie auf, endlich sachdienliche Angaben zu machen. Treffen
     die Aussagen von Herrn Kassian zu oder lügt der Mann? Wenn Sie sagen, er lügt, werden wir Sie beide gegenüberstellen.«
    »Werden wir jetzt ein bisschen moralisch?«
    »Ein kleines bisschen vielleicht. Aber es dient einem guten Zweck.«
    »Könnten Sie kurz zusammenzählen, was auf mich zukommt, im schlimmsten Fall?«
    »Sie meinen, auch für den Fall, dass wir herausfinden, was Sie die ganze Zeit mit dem Zuhälter Macciato zu wispern hatten?
     Das macht dann … also wenn Sie jetzt anfangen, die Wahrheit zu sagen und nicht mehr damit aufhören, könnten Sie im besten
     Fall um eine Haftstrafe herumkommen.«
    »Sehen Sie und deshalb mag ich Polizisten nicht. Ihr findet es geil, Zensuren zu verteilen.«
    »Das kostet Sie einen Kaffee extra.«
    »Das ist es mir wert.«
    Nun begann sie. Sie bestätigte Kassians Angaben. Sie habe geschwiegen, weil das im Interesse des Kindes und seiner Eltern
     liege und weil sie nicht verpflichtet sei, Menschen an den Galgen zu liefern.
    Sie goss Kaffee ein, trank, schloss die Augen und sagte mit geschlossenen Augen: »Ihr hättet die Wucht sehen sollen, mit der
     sie zusammengerasselt sind. Bordon kommt rein, steht |280| mitten in einem Kreißsaal und erkennt, dass alles an ihm vorbeiläuft. Nach vielen Monaten hat er es geschafft, den Saisonjob
     in der Zuckerfabrik zu ergattern und glaubt, er ist wieder ein Mann und verdient Geld. Da sieht er, dass es Geheimnisse gibt,
     von denen er nichts weiß – in seinem eigenen Haus. Er hat Irena beschimpft, und der Amerikaner ist auf ihn losgegangen. Auf
     einmal sollte Bordon nicht mal mehr seine Schwester beschimpfen dürfen. Von wegen freier Westen mit seinen vielen Möglichkeiten.
     Er hat so traurig ausgesehen, er wollte sich nicht einmal schlagen, in diesem Moment hat er wohl erkannt, dass er nichts ist.
     Niemand will ihn haben, er kann nichts ankurbeln, und er kann nichts verhindern. Er ist eine arme Wurst. Er hat kein Geld
     und spätestens Weihnachten ist er wieder ohne Job. Alles tritt auf der Stelle, ohne Sinn und Ziel. Das hat ihn das Leben gekostet.
     Man kann ja von den Amis halten, was man will. Aber wenn sie nicht gerade fettleibig sind, sind sie durchtrainiert. Er hat
     geschlagen und gestochen. Fragt mich nicht, warum und wieso. Irena ging dazwischen, die Mutter schrie, ich brachte den Wurm
     in Sicherheit. Das war’s.«
    Sie öffnete die Augen, trank und sagte: »Etwas Sinnloseres habe ich noch nicht erlebt, und ich habe Dinge erlebt, die würdet
     ihr mir nicht glauben. Vielleicht bin ich zu alt, um so etwas zu vertragen. Vielleicht habe ich deshalb nichts gesagt. Aber
     ich glaube, es war der Wurm. Ein Kind kommt auf die Welt,
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