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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig
Autoren: zu KLAMPEN
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vergiss das Reden nicht.«
    Karls Körper bewegte sich nach vorn, die Kommissarin schloss die Augen.
    »Wir fahren!«, rief er nach unten.
    »Tu mir das nicht an, Junge!«, rief das Insekt auf dem Boden.
    |272| »Nur wir beide. So lange, bis ich zufrieden bin. Wir fahren durch die Nacht. Du wirst sie nie vergessen!«

50
    »Manche machen sich in die Hose«, sagte Schnack eine Viertelstunde später.
    »Ich denke, bei euch ist Kotzen angesagt«, wunderte sich Küchenmeister.
    »Das natürlich auch. Aber nasse Hosen haben wir gar nicht so selten.«
    »Was glauben Sie, wird er tun? Vielleicht beides? Erst das eine, dann das andere?«
    »Hört auf«, sagte die Kommissarin angewidert.
    Der Wagen war unterwegs, seit zehn Minuten. Zuerst hatte Kassian noch geschrien, jetzt war er still. Aber er war bei Bewusstsein.
     Die Kamera, die eine Aufnahme von jeder Durchfahrt machte, zeigte einen lachenden Karl und einen Kassian, dessen Gesicht alle
     Facetten zwischen Angst, Wahnsinn und Fatalismus abbildete.
    »Vielleicht hätten sie das viel früher machen sollen«, sagte Küchenmeister. »Zehn Runden Achterbahn und sie hassen sich so
     sehr, dass sie endlich fertig miteinander sind. Ist doch etwas mühsam, so ein Vater-Sohn-Konflikt, der einfach nicht aufhören
     will.«
    Sie waren eingekreist von Rettungswagen, aus einem Umkreis von 50 Kilometern waren sie herbeigeeilt. Der Freizeitpark war
     das größte und spektakulärste Unternehmen in |273| der Gegend. 35 Kilometer vom Dorf entfernt, hatten die Ermittler im Fall Bordon ihn nicht auf dem Radar gehabt, zumal die
     Saison fast vorbei war und nur noch am Wochenende Betrieb herrschte. Dass man hier keine Schwangere suchte, verstand sich
     von selbst. Sie hätte keine der Attraktionen betreten dürfen.
    »Was tun die beiden da drin?«, fragte der Kommissar. »Wir sollten ihnen hinterherfahren. Stellen Sie sich vor, Sie kommen
     nicht mehr zurück. Was für ein Rätsel wäre das denn?«
    Zwei Runden fuhren sie noch.
    »Wäre der Vater nicht so fertig, würde er seinen Bengel während der Fahrt aus dem Wagen kippen«, behauptete Küchenmeister.
    War Kassian der Täter? Warum war er dann noch hier? Hatte er ernsthaft geglaubt, davonzukommen? Was war das: Größenwahn oder
     Verkennung der Realität?
    Der Wagen rollte aus, man musste Kassian heraushelfen. Er hatte sich nicht übergeben, aber seine Hautfarbe war die eines Toten.
     Karl sah aus, als habe er sich prächtig amüsiert. Er wirkte glücklich, nicht schadenfroh. Wie normal war er eigentlich?
    In diesem Moment tauchte Marvin auf. Irena war verschwunden! Sie hatte sich abends nicht bei ihm zum obligatorischen Termin
     gemeldet. Er hatte ihr eine Stunde gegeben und sich dann auf den Weg gemacht. In der Wohnung war sie nicht, bei den Täuber-Schwestern
     auch nicht.
    »Darum kümmern wir uns hinterher«, sagte die Kommissarin.
    Man redete gleich an Ort und Stelle, neben dem Kassenhaus. |274| Ein längerer Fußmarsch hätte Kassian jetzt auch Mühe bereitet.
    »Wie war’s denn?«, fragte die Kommissarin. »So schön wie erwartet?«
    Karl nickte, Kassian sah nur auf den ersten Blick so aus, als würde er auch nicken. In Wirklichkeit fiel sein Kopf vor Schwäche
     auf die Brust.
    Schnack riet dazu, nichts zu essen oder zu trinken. Auch nicht zu rauchen. Einfach nur atmen in der kühlen Luft. Kassian begann
     zu reden, als es ihm wieder möglich war. Um sie herum wurde es zeitweise laut, als die Hilfsfahrzeuge wendeten und davonfuhren.
     Ein Sanitäter quengelte so lange herum, bis ihm gestattet wurde, die Kassians oberflächlich zu untersuchen. »Geht doch«, murmelte
     er danach zufrieden.
    Stockend berichtete der Vater von seiner Angst, sein Junge könnte schuldig geworden sein. Er hatte sich zu oft mit Irena getroffen
     oder er war von Bordon in die Enge gedrängt worden oder beides. Gut möglich, dass er es dem Rumänen heimzahlen wollte. Gut
     möglich, dass er dadurch indirekt dem Vater demonstrieren wollte, dass er nicht zu manipulieren war. Gut möglich, dass Karl
     an dem Spiel der alten Hebamme beteiligt war.
    Einige im Dorf wussten darüber Bescheid, dass sie bereit war, kinderlosen Eltern zu helfen und sie mit Müttern zusammenbrachte,
     die ihrem eigenen Kind nicht gewachsen waren. Hebammen lernen viele Menschen kennen, manchen tun sie einen Gefallen und erwarten
     dafür auch einen Gefallen. So war der Handel mit den Stempeln und Bescheinigungen in Gang gekommen, seitdem hatte es nie Probleme
     gegeben, um |275| die
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