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Die Hochzeitsreise

Titel: Die Hochzeitsreise
Autoren: Julius Roderich Benedix
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aber an wen? An einen Mann? Ich glaube eher an ein Buch. Gleichgültig kam er, mich zur Trauung zu führen, gleichgültig und kalt war er bei der heiligen Handlung, gleichgültig saß er im Wagen neben mir, als wir hierher fuhren. Kein freundliches Wort, kein Wort des Vertrauens, nicht die leiseste Annäherung. Er betrachtet die Frauen wie untergeordnete Wesen, etwa wie seine Schüler, – vermuthlich stehen in einem dieser alten Bücher solche verwünschte Grundsätze. Er weis't mich in die schlechtesten Zimmer seiner Wohnung, die kaum mit dem Nothdürftigsten ausgestattet sind, er will von den Gewohnheiten seines Hagestolzenlebens nicht abgehen, und stellt diese als Richtschnur für unser eheliches Leben auf – kann sich dabei eine wirkliche Ehe gestalten? Soll ich mich als Magd, als geduldet nur, als unangenehme Zugabe zu der Erbschaft behandeln lassen, wäre es nicht besser gewesen: ich hätte dieser entsagt und wäre, wenn auch nicht wohlhabend, doch frei und fröhlich geblieben?
Streicht mit der Hand über das Gesicht, munter.
Pfui Antonie, was soll die Kopfhängerei? Warst du nicht einig mit dir selbst? Willst du dir selbst ableugnen daß du eine Neigung zu dem Undankbaren gefaßt hast, als du ihn vor vier Jahren zum ersten Male bei dem Oheim sahst? Daß sein Bild nicht wieder aus deinem Innern schwand? Ja, ich habe ihn im Herzen getragen – aber er erwiedert meine Liebe nicht? Je nun, er kennt mich ja noch nicht, er kennt überhaupt keine Frauen, er meint ganz unbefangen: wir müßten so behandelt werden, er meint ganz Recht zu haben. Es gilt ihn über das Falsche seiner Meinung zu belehren, ihm begreiflich zu machen was eine Frau ist – mit einem Worte: ich muß ihm gefallen! Gut und von edlem Charakter ist er, davon habe ich Beweise, und Grillen und Vorurtheile lassen sich bekämpfen. Es müßte schlimm zugehen, wollte ich ihn nicht bekehren, wenn ich mich klug und fest benehme. Sollte mir die Gabe zu gefallen ganz versagt sein? Ich will es nicht hoffen! Still, es regt sich im Nebenzimmer. Nun denn, Herr Professor, Sie lieben die Ruhe und Ungestörtheit, machen Sie sich darauf gefaßt daß Ihre Ruhe etwas sehr gestört werden wird. Wir wollen sehen ob Ihre bezopften Vorurtheile Recht behalten oder Ihre junge Frau.
Rechts ab.
     
Zweiter Auftritt.

    Edmund. Dann Otto.
     
    EDMUND
durch die Mitte mit einer Kaffeekanne, einem kleinen Wasserkessel und einigen Tassen. Er stellt die Tassen auf den Tisch rechts, macht dann im Kamin Feuer mit Holz und setzt den Wasserkessel und die Wasserkanne darauf. Dabei sitzt er theils auf einer Fußbank, theils kauert er sich.
Noch alles still. Sie schlafen noch. Vermuthlich sind sie müde von der Reise. Also heute beginnt ein neues Leben in unserm Hause. Etwas ängstlich bin ich doch. Aber auch neugierig wie die Frau Professorin aussieht. Gestern Abend in Hut und Schleier konnte ich ihr Gesicht nicht sehen, und nachher getraute ich mich nicht wieder in das Zimmer.
    OTTO
von rechts, gekleidet, aber im Schlafrock, mit langer, brennender Pfeife.
Eheu!
    EDMUND. Guten Morgen Herr Professor!
    OTTO. Sind Sie da?
Setzt sich an seinen Schreibtisch links.
Guten Morgen!
Schreibend.
Ist gestern in meiner Abwesenheit etwas vorgefallen?
    EDMUND. Auf heute Nachmittag vier Uhr ist Conferenz angesagt.
    OTTO. Gut. Wann habe ich heute Unterricht zu geben?
    EDMUND. Um neun Uhr, es ist Samstag!
    OTTO. Richtig! Tacitus in der Prima, und nachher Xenophon in der Secunda.
     
    Es klingelt rechts.
     
    OTTO
horcht hoch auf.
Was ist das?
    EDMUND. Es kam aus dem Zimmer der Frau Professorin!
    OTTO. Ach ja – ich hatte ganz vergessen! Wie kommt denn eine Klingel in das Zimmer? Ich habe doch nichts davon befohlen?
    EDMUND. Vermuthlich hat sie dieselbe unter ihren Sachen mitgebracht.
    OTTO. So wird es sein.
Läßt sich in seinen Arbeiten so wenig als möglich stören.
     
    Klingeln.
     
    OTTO. Was soll denn das Klingeln bedeuten? Famule, gehen Sie einmal hinein und sehen Sie was es gibt!
    EDMUND
eilt rechts ab.
    OTTO. Diese Unruhe kann ich nicht gestatten, sie muß sich an Stille gewöhnen. Ich werde es ihr gleich ernstlich verweisen. – Hm, wenn man hier an dieser Stelle statt
magnis magis
läse – so würde der Sinn weit klarer und verständlicher. Diese Conjectur ist nicht übel.
    EDMUND
kommt zurück.
Die Frau Professorin verlangt ein Mädchen!
    OTTO.
Puellam quandam? Id est servam, ancillam?
Wozu ein Mädchen?
    EDMUND. Vermuthlich zur Bedienung!
    OTTO. Das kann nicht gehen. Mägde sind
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