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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
Autoren: Jules Verne
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Metern in der Secunde oder sechshundertachtundfünfzig Kilometern in der Stunde. Zunächst gegen die zahlreichen Inselgruppen des Stillen Oceans geworfen und von einer weitreichenden Erschütterung des Meeresgrundes eingeleitet, prallte sie hier mit Donnerkrachen an die Ufer und fluthete, nachdem sie jedes Hinderniß zertrümmert oder aus dem Wege gedrängt hatte, eher noch wüthender weiter.
    Bourcart wußte von diesem, seiner Zeit im »Journal du Havre« eingehend geschilderten Naturereigniß, und nach dessen Erwähnung gegen seine Gefährten fügte er noch hinzu:
    »Es würde mich also gar nicht verwundern, wenn wir jetzt Zeugen und Opfer eines derartigen Ereignisses wären. Auf dem Grunde des Oceans könnte ein vulcanischer Ausbruch stattgefunden haben und dadurch die unbekannte Klippe entstanden sein, worauf der »Saint Enoch« gestrandet war. Ferner könnte sich, ganz wie bei dem Erdbeben in Peru, eine ungeheuere Woge, eine außerordentliche Fluthwelle gebildet haben, die uns erst von der Klippe losriß und uns nun nach Norden zu trägt…
    – Meiner Ansicht nach, erklärte Heurtaux, der auch den Kapitän King diesen Worten zustimmend nicken sah, ist etwas derartiges weit annehmbarer, als das Vorhandensein eines Seeungeheuers…
    – Und obendrein, fuhr der Doctor Filhiol fort, eines Geschöpfes, das uns mit der Geschwindigkeit von vierzig Lieues in der Stunde mit sich fortreißen könnte.
    – Alles recht schön, meinte der Meister Ollive, doch sagen Sie das nur Jean-Marie Cabidoulin, da werden Sie schon sehen, daß er von seinem Kraken, seinem Calmar oder seiner Seeschlange doch nicht abläßt.«
    Es kam ja wenig darauf an, ob der Böttcher bei seinen Meerwundergeschichten blieb oder nicht. Wichtiger wäre eine Aufklärung darüber gewesen, bis zu welcher Breite der »Saint Enoch« an diesem Tage hinaufgeschleppt sein möge.
    Bourcart nahm eine Seekarte zur Hand und suchte die Lage des Schiffes zu ergründen. Höchst wahrscheinlich war die tolle Fahrt immer nach Norden zu gegangen. Danach ließ sich annehmen, daß das Schiff, nachdem es seewärts von den Kurilen an deren letzter, nördlichster Insel vorübergekommen war, schon ins Behringsmeer verschlagen sein werde, sonst hätte es ja schon auf jenen Archipel oder, weiter im Osten, auf den der Alëuten treffen müssen. Aus dem Behringsmeere ragte keine Landmasse auf, die ihm hätte ein Hinderniß bieten können. Bei seiner ungeheueren Schnelligkeit konnte das Schiff sogar schon durch die kaum fünfzehn Lieues breite Behringstraße getrieben sein. Dann brauchte es von der Riesenwoge aber nur einige Meilen nach Osten oder Westen verschlagen zu sein, und es hätte gegen das Cap Orient an der Landveste Asiens oder an das Cap Prinz von Gallas an der amerikanischen Seite getrieben werden müssen. Da das nicht der Fall gewesen war, entstand die Frage, ob der »Saint Enoch« sich nun wohl schon im freien Eismeere befinden möge.
    Dazu fragte der Doctor Filhiol den Kapitän Bourcart:
    »In welcher Entfernung von der Klippe lag wohl das Polarmeer?
     

    Der »Saint Enoch« wurde hoch emporgehoben und auf das Eisfeld geschleudert. (S. 206.)
     
    – Etwa siebzehn Breitengrade weit, antwortete der Kapitän, das ergäbe, den Breitengrad zu fünfundzwanzig Lieues gerechnet, nahezu vierhundertfünfundzwanzig Lieues.
    – Dann, ließ sich Heurtaux vernehmen, könnten wir vom siebzigsten Breitengrade also nicht mehr weit entfernt sein!«
    Der siebzigste Breitengrad ist der, der, allgemeiner Annahme nach, den Arktischen Ocean begrenzt, und zur jetzigen Jahreszeit mußte das polare Packeis schon ziemlich in der Nähe sein.
    Die sechsundfünfzig auf dem »Saint Enoch« befindlichen Männer gingen offenbar einer schrecklichen Katastrophe entgegen: das Schiff verlor sich voraussichtlich in der hyperboräischen Eiswüste. In dieser Breite mußte jenseits der Behringstraße schon unbewegliches Eis stehen, mußten sich Eisfelder, Eisberge und die undurchdringliche Packeiswand vorfinden.
    Was sollte dann aus den Insassen des Schiffes werden, wenn sie nicht schon vorher bei einer heftigen Collision verschlungen worden waren? Welches Schicksal erwartete sie, wenn es ihnen auch gelang, auf ein Eisfeld zu flüchten oder selbst eine der Inselgruppen dieser Gegend zu erreichen, wie etwa Wrangelland oder eine andere Gruppe, die mehrere hundert Meilen von der Küste Asiens und Amerikas entfernt lag, oder wenn sie auf sonst ein unbewohntes und unbewohnbares Eiland trafen, wo sie dann doch
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