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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
Autoren: Jules Verne
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die Masten herunterzustürzen drohten.
    Was wäre jetzt auch zu thun gewesen?… Inmitten der pechschwarzen Nacht sah und hörte man sich fast selbst nicht mehr. Fortwährend ertönte das greuliche Schnaufen und Fauchen, untermischt mit dem scharfen Pfeifen der Luft in der Takelage, obgleich draußen kein Windhauch wehte. Wäre ein so stürmischer Wind aufgesprungen, so hätte er den dichten Nebel zerstreut und durch die Risse der Wolken hätte man dann und wann einen Stern blinken sehen.
    »Nein, nein, sagte Heurtaux, das Wetter ist noch so still wie vorher, und die heftige Luftbewegung, die wir empfinden, kommt nur von der Schnelligkeit des Schiffes her.
    – Dann muß das Ungeheuer aber, rief der Lieutenant Allotte, ganz unglaubliche Kräfte haben!
    – Ungeheuer… Ungeheuer!« murmelte Bourcart für sich hin.
    Und trotz des fast auf der Hand liegenden Beweises wollte er, ganz wie der Doctor Filhiol, der Obersteuermann und der Meister Ollive, an die Existenz eines solchen, an eine riesige Schlange oder einen ungeheueren Saurier noch immer nicht glauben, nicht glauben, daß irgendwelches Geschöpf ein Schiff von fünfhundert Tonnen so pfeilgeschwind mit sich wegschleppen könnte.
     

    »Alle Teufel!« rief Meister Ollive. (S. 195.)
     
    Mochte eine Mascaret, eine Riesenwoge, die durch eine unterseeische Bewegung erzeugt wurde, hier im Spiele sein, mochte eine Fluthwelle mit unglaublicher Gewalt dahin stürmen, alles wollte er glauben, nur nicht die sinnlosen Geschichten Jean-Marie Cabidoulin’s.

    Die Nacht verlief unter gleichbleibenden Verhältnissen. Weder Richtung noch Stellung des Schiffes hatte sich verändert. Beim ersten Morgengrauen wollten sich der Kapitän Bourcart und seine Gefährten über den Zustand des Meeres unterrichten. Hatte der Böttcher doch etwa recht, dann hätte man vielleicht einzelne Theile des Ungethüms sehen oder es vielleicht gar tödten können, um das Schiff aus seiner schrecklichen Umklammerung zu befreien. Doch gehörte es wohl zu jener Art der Cephalopoden, die man als Octopen, als Achtfüßler kennt und die einen Pferdekopf mit Geierschnabel und Fangarme haben, die sich dicht um den Rumpf des »Saint Enoch« geschlungen hatten? Gehörte es nicht vielmehr zu der Klasse von Gliederthieren, die mit einem festen Panzer bedeckt sind, zu den Ichthyosauren, Plesiosauren oder Riesenkrokodilen? Oder war es einer der Calmars, der Kraken oder der »Mantas«, die man in gewissen Gegenden des Atlantischen und des Stillen Oceans gesehen haben wollte, und denen man eine ganz unglaubliche Größe zuschrieb?
    Der Tag war angebrochen, ein bleicher Tag mit dickem Nebel. Nichts ließ annehmen, daß dieser sich zerstreuen oder an Durchsichtigkeit gewinnen werde.
    Die Geschwindigkeit des »Saint Enoch« war noch immer so groß, daß einem die Luft wie Hagelkörner ins Gesicht schlug, so daß an ein Verweilen auf dem Deck nicht zu denken war. Bourcart und seine Officiere mußten in die Cajüte zurückkehren. Der Meister Ollive, der bis an die Schanzkleidung vordringen wollte, mußte das aufgeben und wurde so gewaltsam zurückgeschleudert, daß er sich bald an der Treppe zum erhöhten Hinterdeck schwer verletzt hätte.
    »Alle Teufel! rief er, als die beiden Lieutenants ihn aufgehoben hatten, ich glaubte schon, nicht mehr imstande zu sein, für den alten Querkopf, den Cabidoulin, die verwettete Flasche bezahlen zu können.«
    Der Kapitän Bourcart hatte inzwischen bemerkt, daß der der Quere nach gepackte »Saint Enoch« so stark über Backbord geneigt wurde, daß er zu kentern drohte.
    Selbstverständlich hatte die Mannschaft das Volkslogis oder den Raum unter dem Vorderkastell noch nicht wieder verlassen. Es wäre, vorzüglich bei dem dicken Nebel, sehr schwierig gewesen, vom Vordertheile des Schiffes nach dessen Hintertheile zu gelangen. Zum Glück enthielt die Cambüse genug Nahrungsmittel an Schiffszwieback oder Conserven, um wenigstens die Ernährung an Bord sicher zu stellen.
    »Was beginnen wir nun? fragte der Obersteuermann.
    – Das werden wir ja sehen, Heurtaux, antwortete Bourcart. Diese Lage der Dinge kann doch nicht ewig währen!
    – Wenn wir nur nicht bis ins Eismeer verschleppt werden, ließ sich der Lieutenant Allotte vernehmen.
    – Und wenn der »Saint Enoch« nur zusammenhält!« setzte der Lieutenant Coquebert hinzu.
    Zu einem fürchterlichen Schnaufen, das aus dem Ocean heraufzudringen schien, gesellte sich eben ein entsetzliches Krachen.
    Der Meister Ollive, der sich mit
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