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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin
Autoren: Pia Rosenberger
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ihn sein Meister sicher ungern ziehen lässt.«
    Valentin schaute ihn zögernd und zweifelnd an, doch dann zog sich ein Lächeln über sein Gesicht und setzte sich in seinen Augen fest.
    Der König nickte Lionel zu. »Nun, ich dachte mir bereits, dass Ihr Euch die Rettung meines Lebens nicht vergelten lasst. Aber Ihr dürft gerne heiraten mit dem ganzen Brimborium. Bei der Kleinen hier ist das ja durchaus zu verstehen.« Er musterte Lena einen Moment lang von Kopf bis Fuß und nickte dann anerkennend. »Wenn ich nicht selbst in eine neue Ehe gedrängt würde, könnte ich mir glatt überlegen, Euch aus der Nähe zu betrachten.«
    Eigentlich praktisch, die Farbe Rot, dachte Lena. Wenn sie einfach für immer so bleiben würde, ersparte sie sich die Peinlichkeit und übertünchte gleichzeitig ihre Sommersprossen.
    »Es geht nicht um die Heirat«, sagte Lionel leise.
    Einen Moment lang fragte sie sich, was er meinen könnte, vergaß es aber sofort wieder. »Nun.« Der König wandte sich kühl an Kirchhof, der in der Tür zur Sakristei stand. »Wenigstens meine Reichsstadt lässt sich von mir beschenken. Ich habe dem Bürgermeister ein Stück zusätzliche Stadtmauer versprochen. Wo war es noch gleich?«
    Schloßberger verbeugte sich eilfertig. »Wir wollen die Obertorvorstadt und Mühlbronnen ummauern, Majestät.«
    »So wird es sein, aber Ihr, Lionel Jourdain, sollt nicht vergessen, dass Ihr eine Lebensschuld bei mir guthabt, die Ihr jederzeit einfordern dürft. Wenn ich Euch schon nicht zum Lehnsmann machen kann.«
    »Ich danke Euch, Majestät.«
    Während der König mit seinem Gefolge, dem Prior und Valentin den Chor verließ, trat Lionel ans Gerüst heran und griff nach Lenas Hand.
    »Schau mal«, sagte sie und blickte staunend nach oben. Der Himmel hatte aufgeklart und leuchtete blau in den freien, oberen Teil des Chorfensters. Die anderen Fenster strahlten im Licht des Nachmittags.
    »Ein König, der einem seine Freundschaft anbietet«, sagte Lena dann. »Das passiert nicht alle Tage.«
    »Auch wenn er nicht in meiner Schuld stehen würde.« Nachdenklich zog er sie näher an sich heran. »Ich wäre doch sein Freund, weil er ein Ehrenmann ist. Aber jetzt lass uns weitermachen, sonst holt uns noch die Dunkelheit ein.«
    Nach dem Stundengebet der Mönche bauten sie hoch oben im Chor die restlichen drei Fenster ein und kamen erst nach Hause, als die Dunkelheit schon über der Stadt lag.
    Als sie in den Hof traten, erwartete sie der Duft nach frischer Metzelsuppe. Das ganze Haus roch nach dem geschlachteten Schwein und den Produkten, die Martha aus seinem Fleisch und den Innereien hergestellt hatte. Lena wusste nicht mehr, wie viel Wurst sie in den letzten Tagen gegessen hatte, nur dass ihr Mieder angenehm spannte, was nach den mageren Tagen in der Gefangenschaft eine Wohltat war.
    »Es riecht verlockend.« Sie drehte sich zu Lionel um und sah, wie er nickte.
    »Lass uns reingehen. Mir macht der Geruch nämlich – wie sagt man? – einen knurrenden Magen.«
    Er küsste sie noch einmal und hob sie dabei ein Stück vom Boden hoch. Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte, drückte sie leise auf die Klinke. Sie trat in den dunklen Hausflur und bückte sich, um ihre Schuhe auszuziehen, als plötzlich ein schweres, scharfkantiges Metallteil über ihren Fuß kullerte.
    »He!«, machte sie erschrocken und spürte erleichtert, dass Lionel neben ihr stand. Erst dachte sie, die Katze wäre ihr auf die Füße gesprungen, aber das Ding, das da über den Fußboden in einem Halbkreis ausrollte, miaute nicht, sondern kippte scheppernd um.
    »’tschuldigung!«, piepste es schuldbewusst aus einem dunklen Türrahmen.
    »Sanna!«, sagte Lionel tadelnd, und die Kleine trat hervor und verschränkte trotzig die Hände hinter dem Rücken. In der Dunkelheit des Flurs schien Lena ihre Pflegetochter kaum mehr als ein weiterer Schemen zu sein, ein kleiner, eigensinniger allerdings.
    »Was spielst du denn hier im Dunkeln?«, fragte sie misstrauisch.
    »Mit dem Ding da.« Der Schatten streckte einen Arm aus, und Lena bückte sich.
    »Aber du darfst es mir nicht wegnehmen!«
    Sie hob den Gegenstand hoch und putzte ihn an ihrer Schürze ab. Kühl und metallisch war er und wies neben scharfkantigen Rändern eine Reihe harte Erhebungen auf.
    »Warte!« Lionel öffnete die Tür zur Küche, in der die Familie bei einem Öllicht am Tisch saß, und ließ den matten Schimmer in den Flur.
    »Hallo Lena, hallo Lionel!«, rief ihr Vater gut
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