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Die Hexe von Hitchwick

Die Hexe von Hitchwick

Titel: Die Hexe von Hitchwick
Autoren: Angela Gaede
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ihren Augen, die Übelkeit erreichte ihren erstickenden Höhepunkt.
Mit einem Ruck stand Eve auf. Der Stuhl kippte nach hinten, die Hitze schien in ihrem Kopf zu explodieren, alles wurde schwarz. Das Letzte, was sie wahrnahm, war der laute Knall, mit dem der Stuhl auf dem Boden aufschlug. Oder war es ihr eigener Sturz gewesen, der das Geräusch erzeugt hatte?

Der Fieberwahn ließ schaurige Bilder in der Dunkelheit erstehen, sie tanzten durch Eves Gedanken, in ihrem Zimmer, um ihr Bett herum. Manchmal waren nur Stimmen in der Schwärze, bekannte Stimmen und gänzlich fremde. Die Worte waren verlockend, verstörend, aber auch tröstend.
Eve fühlte sich schwach und müde. Es war ihr, als treibe sie auf einem Ozean aus Nacht, zu kraftlos, um zurückzuschwimmen und doch bemüht, nicht in der Unendlichkeit zu verschwinden.
Der Ozean war voller seltsamer Bewegungen, Geräusche und Wesen. Manchmal zerrten sie an ihr, wollten sie hinab oder noch weiter rausziehen. Manchmal berührten sie nur sanft ihre Wange, streichelten über ihr Haar und summten ein Lied in ihr Ohr.
Drei Tage verbrachte sie auf dem Ozean der Dunkelheit, über dem weder die Sonne noch der Mond aufgingen. Am vierten Tag kehrte sie allmählich zurück, erkannte ihre Umgebung, die Menschen, die an ihr Bett kamen. Die Augen zu öffnen war anstrengend, etwas willentlich zu sagen überstieg ihre Kraft.
Nur war sie nicht allein zurückgekehrt. Manche Wesen aus dem schwarzen Ozean waren ihr gefolgt, versteckten sich in den dunklen Ecken des Zimmers und unter dem Bett. Wenn alles still war und kein anderer Mensch mehr bei Eve verweilte, kamen sie hervor. Sie flüsterten ihr Geschichten zu, sprachen von den verborgenden Dingen, die vor ihrem Fenster lauerten. Manch Wesen zwickte sie in die Seite, in den Fuß oder den Arm, wenn sie schlief und es sich langweilte. Ein Wesen jedoch war voller Zärtlichkeit und Wärme, hielt Eves Hand, wenn ihr Fieber stieg und sie sich von einer Seite zur anderen Seite wälzte.
Es öffnete das Fenster, ließ die Schatten der Nacht hinein. Tanzend krochen sie über die Wände, während das Wesen ihr schaurige, blutrünstige und traurige Geschichten erzählte.
Jede Nacht füllte sich der Raum mit Schatten, dunklen Wesen und Nachtmahren. Eve spürte, wie die Angst an ihr zerrte, tief in ihr Herz eindringen wollte, doch sie war zu schwach für diese aufreibenden Gefühle. Mal keimte Furcht auf, mal schlug sie um sich, die meiste Zeit jedoch nahm sie es hin, sparte sich die Kraft für ihre Genesung.
Nacht um Tag vergingen, deutlicher wurden die Grenzen zwischen Schattenwelt und Normalität.
Die Genesung war schneller vorangeschritten, als alle erwartet hatten, so konnte Eve noch eine Weile länger in ihrem Schutz bietenden Krankenbett verweilen. Ein Schutz, der minimal war, nicht vor den Wesen der Dunkelheit half, jedoch einen Rückzugspunkt von den Menschen bot.
Eve aß und trank selbstständig, wechselte Worte mit den Besuchern, dessen ungeachtet schlief sie noch immer die meiste Zeit. So begab es sich, dass sie hörte, was nicht für ihre Ohren bestimmt war.
Mrs. Cooper kam mit Eves Mutter hinauf, als Mrs. McSwell gehen wollte. Eve hatte sich schlafend gestellt, als Mrs. McSwell ihr Zimmer betreten hatte. Sie war nicht gewillt zur Unterhaltung der Klatschbasen beizutragen. Zudem waren die meisten Besucher von einem geradezu vampirischen Wesen. Sie saugten alle Kraft aus Eve heraus, so fühlte sie sich danach elender als zuvor. Womöglich trugen auch die Geschichten dazu bei, welche die Besucher zum Besten gaben und als wabernde Furcht zurückließen. Krankengeschichten von Verwandten und Bekannten, überwiegend mit wenig erfreulichem Ausgang.
Wollte Eve genesen, und das wollte sie schnellst möglich, musste sie weitere Gespräche mit diesen Besuchern meiden.
Auch jetzt vermied sie es, auf das Gespräch, was sich zwischen den drei Frauen entwickelte, zu lauschen, ohne großen Erfolg. Die Worte schlichen in ihr Zimmer, krochen das Bett hinauf, in ihre Ohren und brannten sich in ihren Verstand. Sie nahmen ihre Aufmerksamkeit gefangen, zwangen ihre Gedanken sich nur mehr auf sie zu konzentrieren.
„Bei Ihr war es ebenso.“
„Wie weise von Gwens Familie sie fortzuschicken“, sagte Mrs. Cooper.
„Das ist nicht von Belang. Hätte Sie Gwen gewollt, hätte Sie das Kind geholt“, gab Mrs. McSwell zurück.
„Dr. Glenn sagt, es sei eine Grippe. Viele bekommen sie zu dieser Jahreszeit“, sagte Eves Mutter beschwichtigend.
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