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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints
Autoren: Andrea Schacht
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Halima nahm sie mir ab und meinte: »Ich achte schon auf Nicole.«
    Ein krampfhaftes Schluchzen schüttelte den Körper meinesSohnes, sein Kopf lag an meine Brust gepresst. Ich hielt ihn fest, schwieg und ließ ihn weinen. Es war mehr als verständlich, dass die letzten Stunden an seinen Nerven gezerrt hatten.
    »Baba«, schniefte er. »Ach, Baba. Ich hab solche Angst gehabt.«
    »Patrick, du warst wundervoll. Du warst großartig.«
    Mit einer Hand wischte er sich die Tränen ab und wühlte dann nach einem Taschentuch.
    »Patrick, ist auch wirklich alles in Ordnung mit dir? Ulli hat sich nicht an dir vergriffen?«
    »Er hat sich nicht getraut, glaube ich. Er hätte gerne. Aus Hass, weißt du.«
    »Ganz bestimmt?«
    Patrick sah in mein Gesicht und senkte dann die Lider. »Ich war eine Weile gefesselt. Als sie mich aus dem Auto ins Haus gebracht haben.« Er flüsterte nur noch. »Später, als Nicole weg war, hat er angefangen, mich zu streicheln. Es war widerlich.«
    Patrick schüttelte sich voller Ekel.
    »Und?«
    »Nichts mehr. Ich sag doch, er hat sich nicht getraut.«
    »Patrick, mag sein, dass das jetzt von mir feige ist. Aber wir beide sollten diese ekelige Szene für eine ganz kleine Weile für uns behalten. Wenn Damon es erfährt, können wir Ulli nämlich als Katzenfutter in Titis Napf geben. Aber ich verspreche dir, wir werden ihn noch zur Rechenschaft ziehen. Es gibt noch andere Möglichkeiten.« Mir schwebte da etwas vor, zu dem ich Isabells willige Mithilfe brauchte.
    »Lieber Katzenfutter.« Ein schiefes Grinsen erhellte Patricks verschmiertes Gesicht.
    Ein lauter Schmerzensschrei durchschnitt die Stille. Er endete abrupt.
    »Bestimmt Katzenfutter!«
    Ein paar unverständliche Schimpfworte, nicht von Damon geäußert, dann noch mal ein entsetzlicher Schrei. Meine Hand krampfte sich um Patricks. Henry und Halima standen wie versteinert da, und Nicole presste sich die Faust an den Mund. Noch ein Schrei, der in einem Röcheln endete. Dann war Stille.
    Die Maispflanzen am Feldrand bewegten sich, und Damon kam aus dem Labyrinth. Unversehrt, wie es schien, und ich ließ erleichtert Patricks Hand los. Er kam auf uns zu, und erst jetzt sah ich, dass ein Streifen Blut über seine Schläfe rann. Sein Hemd war zerrissen, Blätter und Erde klebten an ihm. Aber sein Gesicht war ruhig. Patrick ging auf ihn zu, und wortlos nahm Damon seinen Sohn in die Arme. Er fragte ihn leise etwas, und Patrick gab ihm kopfschüttelnd Antwort.
    Nicole unterbrach die Szene mit einem schrillen Kreischen.
    »Was hast du mit Ulli gemacht?«
    »Ihm eine sehr fällige Tracht Prügel verabreicht. Und du bekommst auch eine, wenn du jetzt nicht gleich in dem Labyrinth verschwindest. Du kannst da rausholen, was von ihm übrig ist«, beschied er sie kurz und brutal. Es war ihm anzusehen, dass er die Drohung wahr machen würde, und Nicole floh in das Maisfeld.
    »Er lebt noch?«, fragte ich vorsichtshalber.
    »Sicher. Aber er wird ein paar deftige Facharztrechnungen bezahlen müssen.«
    »Welche Fachärzte beispielsweise?«
    »Na ja, die Rippen wird der Assistenzarzt bandagieren können, ansonsten einen Zahnarzt, vielleicht einen Kieferchirurgen, einen Orthopäden. Und – ach ja, einen sehr guten Urologen.«
    »Du hast keine Verletzungen?«
    »Kratzer, nichts Besonderes.«
    »Ulli hat immer viel im Studio trainiert.«
    »Ich bin aber keine Hantelstange. Außerdem war ich nicht alleine in diesem Labyrinth.«
    »Nein?«
    »Eine Göttin schien mich zu begleiten.« Er grinste. Halimas angstvolle Miene löste sich jetzt auch in ein Lächeln auf. Sie reichte ihm die Machete und meinte: »Das wird wohl die rächende Nemesis gewesen sein. Gut, dass du dieses Ding nicht dabeihattest!«
    »Die oder eine der Furien. Zumindest führte sie mir sehr wirkungsvoll die Hand. Aber jetzt sollten wir von hier verschwinden.Ich möchte den beiden heute nicht noch einmal begegnen.«
    »Komm, Patrick!«, sagte Henry und nahm den Jungen sacht am Arm. »Halima wird uns ein spätes Abendessen richten.«
    »Ich möchte aber bei Amanda …«
    »Patrick, wir würden gerne hören, was du erlebt hast«, bat Halima und steuerte ihn weiter zum Auto.
    »Aber ich möchte nach Hause. Titi muss gefüttert werden.« Henry sah mich mit einem fragenden Blick an, ich warf ihm meinen Haustürschlüssel zu.
    »Amanda, kommst du nicht mit?«
    Ich schüttelte den Kopf, und als Henry etwas sagen wollte, zuckte Patrick nur mit den Schultern. »Jetzt sagt nicht, dass ein Kind wie ich nicht
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