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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
Autoren: Liaquat Ahamed
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großen und kleinen Städten der Industrieländer gab es ganze Armeen von Arbeitslosen. In den USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, waren etwa acht Millionen Männer und Frauen ohne Beschäftigung, was fast 15 Prozent der Erwerbstätigen entsprach. In Großbritannien und in Deutschland, die die weltweit zweit- und drittgrößten Volkswirtschaften waren, gab es weitere 2,5 beziehungsweise fünf Millionen Arbeitslose. Von den vier größten Wirtschaftsmächten schien nur Frankreich ein wenig geschützt vor dem Sturm, der um die ganze Welt fegte, aber auch Frankreich glitt nun langsam nach unten.
    Banden arbeitsloser Jugendlicher und Männer, die nichts zu tun hatten, trieben sich ziellos an den Straßenecken, in den Parks, in Bars und Cafés herum. Als immer mehr Menschen ihre Arbeit verloren und sich keine vernünftige Wohnung mehr leisten konnten, entstanden in Städten wie New York und Chicago Slums mit Behausungen aus Kisten, Eisenschrott, Ölfässern, Leinendecken und Autowracks – sogar im Central Park gab es eine solche Siedlung. Ähnliche Slums gab es an den Stadträndern von Berlin, Hamburg und Dresden. In den USA flohen Millionen Obdachlose aus der Armut in den Städten und machten sich auf die Suche nach Arbeit – irgendeiner Arbeit.
    Die Arbeitslosigkeit führte zu Gewalt und Unruhen. In den USA brachen in Arkansas, Oklahoma und in den Staaten im Zentrum und im Südwesten des Landes Unruhen aus, weil die Menschen nichts zu essen hatten. In Großbritannien streikten die Bergarbeiter, gefolgt von den Arbeitern in den Baumwollfabriken und den Webern. In Berlin herrschte beinahe Bürgerkrieg. Bei den Wahlen im September 1930 erreichten die Nazis, die mit den Ängsten und Frustrationen der Arbeitslosen spielten und allen anderen die Schuld gaben – den Alliierten, den Kommunisten, den Juden – fast 6,5 Millionen Stimmen und erhöhten die Zahl ihrer Sitze im Reichstag von 12 auf 107. Das machte sie zur zweitstärksten parlamentarischen Kraft nach den Sozialdemokraten. Gleichzeitig gab es jeden Tag Straßenkämpfe zwischen Banden der Nazis und der Kommunisten. In Portugal, Brasilien, Argentinien, Peru und Spanien kam es zu Staatsstreichen.
    Die größte ökonomische Bedrohung stellte nun das kollabierende Bankensystem dar. Im Dezember 1930 ging die Bank of United States bankrott, die trotz ihres Namens eine Privatbank ohne offiziellen Status war. Es handelte sich um die größte Bankenpleite in der Geschichte der USA; Spareinlagen im Volumen von 200 Millionen Dollar blieben eingefroren. Im Mai 1931 schloss die Creditanstalt als größte Bank Österreichs mit Vermögenswerten von 250 Millionen Dollar ihre Türen. Da half es auch nichts, dass sie den Rothschilds gehörte. Am 20. Juni verkündete Präsident Herbert Hoover ein einjähriges Zahlungsmoratorium auf alle Verbindlichkeiten und Reparationen aus Kriegszeiten. Im Juli brach die Danatbank zusammen, die drittgrößte Bank Deutschlands, was einen Run auf das gesamte deutsche Bankensystem und eine Kapitalflucht aus Deutschland zur Folge hatte. Reichskanzler Heinrich Brüning verkündete einen Bankfeiertag, beschränkte die Summe, die deutsche Bürger von ihren Bankkonten abheben konnten und unterbrach die Zinszahlungen auf kurzfristige Verbindlichkeiten Deutschlands im Ausland. Im Lauf dieses Monats weitete sich die Krise auf die Londoner City aus, denn sie hatte Deutschland hohe Kredite gewährt, die nun eingefroren waren. Da sie nun plötzlich mit der zuvor undenkbar scheinenden Möglichkeit konfrontiert waren, dass Großbritannien selbst nicht mehr in der Lage sein könnte, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, zogen Anleger aus der ganzen Welt ihr Kapital aus London ab. Die Bank of England war gezwungen, sich von Banken in Frankreich und in den USA 650 Millionen Dollar zu leihen, darunter die Banque de France und die New York Federal Reserve Bank, um zu verhindern, dass ihre Goldreserven vollständig aufgebraucht wurden.
    Man sprach schon vom Weltuntergang, weil die Schlangen der Arbeitslosen immer länger wurden, Banken ihre Türen schlossen, die Preise für Agrarprodukte zusammenbrachen und Fabriken ihre Produktion einstellten. Am 22. Juni sagte der bekannte Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes bei einem Vortrag in Chicago: »Wir befinden uns heute inmitten der größten Katastrophe – der größten Katastrophe, die fast ausschließlich ökonomische Ursachen hat – in der Geschichte der modernen Welt. Ich habe gehört, dass man
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