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Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Titel: Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)
Autoren: Gernot Gricksch
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jemanden zu finden, der Peggy adoptieren wollte, denn durch unsere Aktion war Peggy nicht nur bundesweit bekannt, sondern potenzielle Adoptiveltern hatten auch Angst, mit Jörn und seinen streitlustigen Freunden Ärger zu bekommen. Abgesehen davon wollten die Leute keine »Problemkinder«, die obendrein schon dem Grundschulalter entwachsen waren. Frau Zertl hat dann aber doch noch ein Ehepaar aufgetan, das Peggy bei sich aufnehmen wollte. Es waren strenggläubige Katholiken, die in irgendeinem Kaff in Baden-Württemberg lebten und – wie ich fest überzeugt bin, es aber nicht beweisen kann – persönliche Bekannte von Frau Zertl waren.
    Als wir die Nachricht erhielten, beriefen wir eine Krisensitzung ein, die nur kurz dauerte. Das Problem wurde nahezu unverzüglich gelöst: Peggy wurde von Lucy und ihrem Mann adoptiert. Damit waren Dille und Petra offiziell ihre Großeltern. Da Lucys Mann die Ich-bin-Polizist-Trumpfkarte ausspielte und damit drohte, vor Gericht zu gehen und dort klären zu lassen, wer die geeigneteren Adoptiveltern wären, hatte Frau Zertl nur halbherzig versucht, das zu verhindern. Jeder Richter würde zweifelsohne entscheiden, dass es die wären, zu denen das Kind bereits ein freundschaftliches Verhältnis hat und die dem Kind ein Leben in einem bereits vertrauten Umfeld ermöglichen. Ganz abgesehen davon war weder die Behörde, noch waren die Politiker daran interessiert, den Fall erneut in den Medien zu sehen.
    Peggy wurde dadurch sozusagen unser aller Kind und somit der jüngste Kirschkernspucker. Ihre offizielle Adresse war bei Lucy und ihrem Polizisten, aber ebenso oft schlief sie bei Jörn, bei dem sie nach wie vor ein Zimmer hat, und oft auch bei uns in Neles Zimmer und manchmal auch bei Oma Petra und Opa Dille. Es war schön. Für uns alle. Es war Die Waltons meets Hippie-WG.

    In der Zwischenzeit habe ich ziemlich Karriere gemacht. »Meine« Fernsehkrimis sind mittlerweile ein Riesenhit. Vermutlich haben Sie das schon mitbekommen. Der dritte Teil – Tod im Museum – hatte eine Quote, die dicht an den Tatort heranreichte. Der Film war genauso schlecht wie seine beiden Vorgänger, aber ich freue mich trotzdem über jede Fortsetzung. Meine Bücher verkaufen sich seitdem noch viel besser, und der Verkauf der Filmrechte verschafft mir ein ausreichendes finanzielles Polster, so dass ich es mir leisten konnte, das Buch zu schreiben, das ich wirklich schreiben wollte. Das Buch nämlich, das Sie gerade in den Händen halten.
    Ich habe neulich übrigens Elena Holzberg persönlich kennengelernt. Die Produktionsfirma hatte mich zu einer internen Vorführung von Tod im Museum eingeladen, bei der die Hauptdarstellerin auch anwesend war. Ihren Heuschreckenmann hatte sie Gott sei Dank nicht dabei. Wahrscheinlich hantierte der gerade mit irgendwelchen Aktien einer Firma herum, die ihr Geld damit machte, kleine indische Kinder in Sweatshops auszubeuten. Aber ich bin ja ein Profi und brauche das Geld. Also habe ich Frau Holzberg artig die Hand geschüttelt und sogar so etwas wie ein Lächeln simuliert. Ein Kompliment über ihre schauspielerische Leistung in »meinen« Filmen (auf das sie ganz offenkundig wartete) kam mir dennoch nicht über die Lippen. Ich kann recht glaubwürdig flunkern, aber gegen die ganz großen Lügen sträube ich mich dann doch. Elena Holzberg ist in Natura tatsächlich noch schöner anzusehen als auf dem Bildschirm. Sie hat eine atemberaubende Figur und hinreißende Augen. Wenn sie allerdings den Mund aufmacht, verpufft der ganze schöne Effekt unverzüglich. Wenn Dummheit qualmen würde, würden alle Leute in ihrer Umgebung qualvoll ersticken. Wenn ich jemals Schiffbruch erleiden und auf einer einsamen Insel stranden sollte, dann hätte ich lieber ein gutes Buch dabei als Frau Holzberg.

    Susann hatte sich um den Posten als stellvertretende Schulleiterin bemüht, aber die Sache mit Jegor klebt in ihren Akten und verhindert vermutlich auf ewig eine Beförderung. Sie trägt es mit Fassung. Sie hat sich mit Jegor ausgesprochen, und die beiden haben einander verziehen. Na ja, mehr oder weniger. Hauptsächlich, weil beide das Kapitel endlich abschließen wollen.
    Susann und ich haben uns wieder komplett zusammengerauft. Ich kann überhaupt nicht mehr verstehen, wie ich sie so vernachlässigen und in Frage stellen konnte. Wenn ich kein Atheist wäre, würde ich dem Herrgott jeden Tag dafür danken, dass er sie mir ins Leben gestellt hat – und dass sie es immer noch mit mir
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