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Die Heiratsschwindlerin

Die Heiratsschwindlerin

Titel: Die Heiratsschwindlerin
Autoren: Sophie Kinsella
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davondüste. Simon war grundsätzlich in Eile. Immer hetzte er davon, um etwas zu erledigen, zu erreichen. Er musste jeden Tag draußen sein, etwas Konstruktives tun oder sich entschlossen amüsieren. Zeitverschwendung war ihm ein Gräuel; er verstand nicht, wie Milly einen Tag glücklich mit Nichtstun verbringen oder einem Wochenende planlos entgegensehen konnte. Mitunter ließ er sich zu einem gemeinsamen Tag des süßen Nichtstuns hinreißen und wiederholte mehrmals, wie schön es sei, sich mal richtig entspannen zu können. Aber schon nach kurzer Zeit sprang er auf und verkündete, er ginge joggen.
    Das erste Mal, als sie ihn in der Küche bei Bekannten gesehen hatte, führte er gleichzeitig ein Gespräch auf seinem Handy, stopfte sich Chips in den Mund und zappte sich mit der Fernbedienung durch die Teletext-Schlagzeilen. Als Milly sich ein Glas Wein einschenkte, hielt er ihr sein Glas auch hin, lächelte sie in einer Gesprächspause an und bedankte sich.
    »Übrigens, die Party findet nebenan statt«, hatte Milly ihn aufgeklärt.
    »Schon klar«, hatte Simon erwidert, die Augen wieder auf den Fernseher gerichtet. »Ich komme gleich!« Und Milly hatte die Augen verdreht und ihm den Rücken gekehrt, ohne sich nach seinem Namen zu erkundigen. Aber später an diesem Abend, als er sich wieder zu der Party gesellte, wandte er sich ihr zu, stellte sich charmant vor und entschuldigte sich für sein Verhalten in der Küche.
    »Es ging da bloß um geschäftliche Nachrichten, die für mich von besonderem Interesse sind.«
    »Gute Nachrichten oder schlechte?«, fragte Milly, nippte an ihrem Wein und registrierte, dass sie reichlich angesäuselt war.
    »Kommt darauf an, wer man ist.«
    »Aber ist das nicht immer so? Jede gute Nachricht ist für jemand anderen eine schlechte. Sogar …« Sie hatte ihr Glas vage in der Luft herumgeschwenkt. »Sogar der Weltfrieden. Schlechte Nachrichten für die Waffenhersteller.«
    »Ja«, hatte Simon bedächtig erwidert. »Schätzungsweise schon. Von der Warte habe ich das noch nie betrachtet.«
    »Tja, wir können nicht alle große Denker sein«, hatte Milly versetzt und ein Kichern unterdrückt.
    »Kann ich Ihnen etwas zu trinken besorgen?«, hatte er gefragt.
    »Nein danke. Aber wenn Sie wollen, können Sie mir eine Zigarette anzünden.«
    Er neigte sich zu ihr und schützte die Flamme dabei sorgfältig mit einer Hand, und ihr fielen seine kräftigen Finger und seine glatte, gebräunte Haut auf, und dass er ein angenehmes Aftershave benutzte. Dann, als sie an der Zigarette zog, hatte er ihr tief in die Augen geschaut, und zu ihrer Überraschung rann ihr ein Schauer über den Rücken, und sie hatte sein Lächeln zögernd erwidert.
    Später, als man nicht länger plaudernd herumstand, sondern in Grüppchen auf dem Boden saß und Joints rauchte, war das Gesprächsthema auf Vivisektion gekommen. Milly, die in der Woche zuvor zufällig ein Blue Peter Special , die Sondersendung eines Kinderprogramms, über Vivisektion gesehen hatte, während sie zu Hause eine Erkältung auskurierte, konnte mit mehr harten Fakten und fundierten Argumenten aufwarten als jeder sonst, und Simon starrte sie bewundernd an.
    Ein paar Tage darauf lud er sie zum Dinner ein und sprach viel über Business und Politik. Milly, in beiden Gebieten völlig unbewandert, hatte gelächelt, genickt und ihm zugestimmt; am Ende des Abends, kurz bevor er sie zum ersten Mal küsste, sagte Simon ihr, sie sei außergewöhnlich scharfsinnig und gescheit. Als sie, ein bisschen später, zu einer Erklärung ansetzte, dass sie von Politik – wie überhaupt von den meisten Themen – schmerzlich wenig Ahnung hatte, schalt er sie der Bescheidenheit. »Ich habe doch mitbekommen«, sagte er, »wie du die infantilen Argumente dieses Typen niedergeschmettert hast. Ehrlich gesagt«, fügte er mit finsterem Blick hinzu, »hat mich das ziemlich angemacht.« Und Milly, die gerade ihre Informationsquelle bekanntgeben wollte, näherte sich ihm stattdessen zu einem weiteren Kuss.
    Simons anfänglicher Eindruck von ihr war nie korrigiert worden. Noch immer warf er ihr zu große Bescheidenheit vor, glaubte noch immer, ihr gefielen die gleichen hochkarätigen Kunstausstellungen wie ihm, fragte noch immer nach ihrer Meinung über Themen wie die amerikanische Präsidentschaftswahl und lauschte gespannt, was sie dazu zu sagen hatte. Er dachte, sie möge Sushi, nahm an, sie läse Sartre. Ohne ihn einerseits irreführen und andererseits enttäuschen zu
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