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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Rücken an die Koppel lehnte.
»Vertrauensseligkeit kann zu bösen Überraschungen
führen.« Er zögerte einen Augenblick, bevor er
hinzusetzte: »Man kann nie vorsichtig genug sein.« Falk
holte tief Luft, bevor er erwiderte: »Mach dir keine Sorgen.
Was soll schon passieren?«
        Damit
kehrte er seinem Verwalter den Rücken und eilte zurück zu
Otto von Katzenstein, der ihn mit einem hastig aufgesetzten Lächeln
erwartete. »Folgt mir«, forderte Falk ihn auf, nachdem er
sich wieder über den Zaun geschwungen hatte. »Einer meiner
Männer wird sich um Eure Pferde kümmern.« Er winkte
einen Knecht herbei. Diesen wies er an, die beiden Fuchsstuten und
den vierjährigen Rapphengst, die Otto erstanden hatte, in die
Stadt zu bringen, wo sie in einem seiner Ställe untergebracht
werden würden. Dann führte er den Ritter zu dem Pfosten, an
den beide ihre Reittiere angebunden hatten, und zog sich in den
Sattel eines nervös tänzelnden Vollbluts. Im Gegensatz zu
seiner eigenen, modisch kurzen Schecke trug der Ritter eine eng
geschnittene Hose und einen langen Wappenrock aus dunklem Tuch, der
ihm das Aufsitzen erschwerte. Lediglich die spitzen, fein
gearbeiteten Schnabelschuhe verrieten, dass auch in ihm ein Fünkchen
Eitelkeit schlummerte. Nachdem die beiden die Zügel aufgenommen
hatten, lenkte Falk sein Reittier in Richtung Herdbrücke, und
schon bald trabten die beiden Männer Seite an Seite durch die
gepflasterten Gassen Ulms. Ohne allzu viel Rücksicht auf die
dicht gedrängten Fußgänger zu nehmen, überquerten
sie den Marktplatz, ließen die bunt bemalte Fassade des
Rathauses links liegen und näherten sich der gewaltigen
Münsterbaustelle, auf der – wie immer – reger
Betrieb herrschte. Ein wenig erstaunt registrierte Falk, dass sein
Gast den prächtigen Bau nur eines flüchtigen Blickes
würdigte. Doch kurz darauf tauchte sein Haus vor ihnen auf und
die wiederkehrende Aufregung verdrängte die Verwunderung.
        Da
ein Knecht mit den Tieren, die Falk selbst erstanden hatte, kurz vor
ihnen eingetroffen war, stand das Hoftor sperrangelweit offen und er
steuerte mit seinem Besucher schnurstracks auf eines der Stallgebäude
zu. Leichtfüßig glitt er aus dem Sattel, während Otto
darauf wartete, dass ihm einer der herbeieilenden Burschen aus den
Steigbügeln half. »Sag in der Küche Bescheid, dass
wir heute Abend einen Gast haben«, trug Falk einem jungen
Mädchen auf, das sich mit schüchtern gesenktem Kopf an den
Männern vorbeidrücken wollte. »Marthe soll
Schweinekeule, Gänsepastete, Honigkuchen und Claret auftragen.«
Die Röte ignorierend, die der Magd in die Wangen schoss, fügte
er hinzu: »Wir wollen in einer Stunden essen.« Beinahe
gelang es ihm, seiner Stimme die gewünschte Bestimmtheit zu
verleihen. Doch seit dem ersten Moment ihrer Begegnung nagte die
Sorge an ihm, den Ansprüchen des weltgewandten Ritters nicht zu
genügen. Deshalb flüchtete er sich in das, was er am besten
konnte, und lud Otto mit einer respektvollen Geste ein, die
Stallungen zu besichtigen. Kaum waren sie in das dämmerige
Innere eingetaucht, legte sich der vertraute Geruch von Pferdemist,
Stroh und altem Holz wie ein schützender Mantel um ihn, und er
spürte, wie sein Selbstbewusstsein zurückkehrte. »Ich
habe über die Hälfte meiner Zweijährigen verkauft«,
platzte er heraus, als sie an einer Box haltmachten, in der eine
zierliche Stute ihr Neugeborenes säugte. Mit beinahe väterlichem
Stolz schob er den Riegel zurück, ging neben dem Fohlen in die
Hocke und strich ihm zärtlich über das struppige Fell.
Federnd kam er wieder auf die Beine und trat zurück an Ottos
Seite, der verstohlen den Blick von der Hand seines Gastgebers löste.
»Viele der Gutsherren und Großbauern hatten ein
schlechtes Jahr und haben Tiere durch Wurmbefall oder andere Seuchen
verloren«, fuhr Falk fort, kam jedoch ins Stocken, als ein
säuerlicher Ausdruck über Ottos Gesicht huschte. »In
der Tat«, brummte dieser und griff nach dem Maul eines
Hengstes, um dessen Zähne zu inspizieren. »Ein schönes
Tier«, bemerkte er trocken und ließ den Blick die
Boxengasse entlangwandern. »Wie groß ist Eure Zucht?«
Die förmliche Anrede schien ihm schwerzufallen. »Bis
gestern waren es dreiundsechzig Tiere«, versetzte Falk beinahe
peinlich berührt, da ihm allmählich aufging, dass er in ein
Fettnäpfchen getreten war. Offenbar gehörte sein Onkel
ebenfalls zu den Züchtern, denen Fortuna im vergangenen Winter
nicht besonders hold gewesen
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