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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers
Autoren: Karla Weigand
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kostbarsten Besitztümern des Gotteshauses am Oberen Rhein zählen sollte und die zu Recht als einzigartiges Meisterwerk der Goldschmiedekunst angesehen wurde.
    Im Mittelpunkt der herrlich gearbeiteten Tafel war der Erlöser am Kreuz zu sehen und zu Füßen des Heilands knieten – klein und demütig, aber unverkennbar – die beiden frommen Stifter Heinrich und Kunigunde.
    »Oh«, rief Griseldis bewundernd aus, »diese Altartafel ist ja noch schöner als jene Pala d’oro im Aachener Dom, Herr.«
     
    Die Reise des gesamten deutschen Hofes wurde dadurch beschleunigt, dass man für die Beförderung der Damen, die durchaus nicht alle so hervorragende Reiterinnen wie Griseldis waren, Kastenwägen mitgenommen hatte. Das waren vierrädrige, gut gepolsterte Karren, die überdies – eine interessante technische Neuheit – eine eiserne Bereifung ihrer Holzräder aufwiesen sowie eine Aufhängung zur Stoßdämpfung.
    Zudem waren die Hufe der vor die Wägen gespannten Gäule mit Hufeisen beschlagen; außerdem hatten sie einen gepolsterten Halskragen um, das sogenannte Kummet. Es sollte den Zugtieren helfen, größere Lasten zu ziehen, ohne sich an Hals und Nacken das Fell aufzuscheuern. Die am Wegesrand stehenden Bauern begafften staunend den vorbeiziehenden Trupp.
    Griseldis hätte es vorgezogen, im Sattel zu sitzen; ihr war jedoch die Ehre zuteilgeworden, bei der Königin und ihren Damen im bequemen Wagen zu fahren. Zur Begleitmannschaft gehörte auch Rüdiger von Lanzheim, der ihr nicht von der Seite wich.
    »Gottlob ist unsere Trennung vorüber.« Er lächelte die Heilerin bei der letzten Rast in einem Gasthof kurz vor der Ewigen Stadt verliebt an.
    »Ja, es wäre schön, wenn es nie wieder eine gäbe«, antwortete Griseldis kühn. »Aber, ich weiß ja, das ist bloß der Wunschtraum eines dummen, schwachen Weibes.«
    »Ihr, meine Geliebte, seid weder schwach noch dumm. Soll ich Euch verraten, was Ihr wirklich seid – auch auf die Gefahr hin, dass Ihr hochmütig werdet?« Er strich dabei sanft und möglichst unauffällig über die schmalen goldenen Reifen, die sie um ihre zarten, aber dennoch kräftigen Handgelenke gelegt hatte.
    »Was meint Ihr denn, Lieber?«, wollte Griseldis wissen und blickte bewundernd auf den gleichfalls bereits festlich gekleideten Edelmann. Herr Rüdiger hatte eine Art Tunika aus mit Silberfäden besticktem, blauem Samt zu Ehren des Tages angelegt, dazu einen breiten, silbernen Gürtel mit einer kunstvoll gearbeiteten Schnalle aus Gold mit Edelsteinen, außerdem silberne Sandalen mit Schnürung bis zum Knie.
    Nach altrömischer Soldatenart trug er keine Hosen, sondern zeigte seine nackten, noch von der vergangenen Sommersonne gebräunten, muskulösen Schenkel.
    »Die klügste seid Ihr sowieso, aber darüber hinaus auch noch die schönste und begehrenswerteste Frau in ganz Rom. Alle Männer werden mich um Euch beneiden, Geliebte«, sagte der Graf von Lanzheim feurig. Am liebsten hätte er vor den Augen der anderen die Arme um seine um einen Kopf kleinere Liebste gelegt. Aber das wäre wahrlich unschicklich gewesen…
    Griseldis hatte sich für den großen Tag des feierlichen Einzuges nach Rom für ein meergrünes, langes Gewand mit weiten Ärmeln aus feinster Seide entschieden, auf der Schulter gerafft durch eine prächtige Fibel aus Smaragden, sowie für Sandalen mit silberfarbigen Lederriemchen.
    »Ihr seid sehr liebenswürdig, Graf. Aber Ihr kennt offenbar nicht die beiden Nichten des Heiligen Vaters. Sie sind erst halb so alt wie ich, und, wie man sich erzählt, von ganz besonderer Schönheit und durchaus bereit, ihre körperlichen Vorzüge auch offenherzig zu präsentieren.«
    »Nichts gegen die charmanten Verwandten Benedikts; aber das ist so, als würde man hübsche, kleine Quellnymphchen mit der Liebesgöttin Aphrodite vergleichen. Ihr werdet der allseits bewunderte Mittelpunkt dieses Festes sein – neben Frau Kunigunde versteht sich – und ich bin sehr, sehr stolz auf Euch, Geliebte.«
    Auf einmal merkten beide, dass sie die Einzigen waren, die noch in der Eingangshalle des Gasthofs verweilten. Alle anderen hatten sich bereits auf ihre Pferde geschwungen oder Platz in den nun festlich geschmückten Wägen genommen.
    Der Graf nützte die Gelegenheit und presste Griseldis fest an sich. Er küsste sie mit geradezu verzehrender Leidenschaft. Und die Heilerin, die sich nach wie vor so sehr nach Liebe sehnte, erwiderte seinen Kuss. Widerstrebend löste sich Griseldis von Rüdiger. Aber zu
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