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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers
Autoren: Karla Weigand
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schien doch aus ganz anderem Holz geschnitzt zu sein als Herr Wolfhart…
     
    Der Abschied von Herrn Ansgar und seinem Sohn fiel ihr nicht allzu schwer. Der reiche Kaufmann zog weiter in Richtung Heimat und Griseldis bedankte sich für den Schutz und die Begleitung während der nicht ungefährlichen Reise. Nur bis an die Zähne bewaffnete Gruppen oder ganz armselige Einzelreisende hatten Aussicht, auf einer so langen Wanderung ungeschoren davonzukommen. Überall lauerten Räuber, denen ein Menschenleben nichts galt – Hauptsache, er trug etwas Wertvolles bei sich, das zu stehlen sich lohnte. Und das konnte manchmal schon ein warmer Umhang aus Schafwolle sein oder ein Paar Stiefel…
    In derselben Nacht noch wurde Griseldis ans Lager des Königs gerufen: Koliken machten sich unangenehm bemerkbar. Die Heilerin war zum Glück zur Stelle und legte ihm ihre Hände auf und so wurde das Schlimmste bereits zu Beginn abgefangen.
    Später saß sie noch mit Vater Berchtold bei einem Glas warmen Gewürzweins zusammen in der Herberge, in der der König und seine Gemahlin für diese Nacht untergekommen waren.
    »Dass Frau Irmintraut, diese gefährliche Intrigantin, verstorben ist, habt Ihr ja noch mitbekommen, nicht wahr?«, fragte sie der alte Mönch, nachdem er genüsslich einen Schluck des belebenden Getränks zu sich genommen hatte. »Aber dass ich vorher noch eine längere Unterredung mit ihr gehabt habe, das könnt Ihr nicht wissen.«
    Das überraschte Griseldis etwas. Wer hatte da wohl das Gespräch gesucht? Gleich darauf erfuhr sie es.
    »Irmintraut selbst war es, die mich an ihr Sterbebett rufen ließ – was ich zuerst kaum glauben konnte.« Vater Berchtold holte tief Atem, ehe er fortfuhr. »Sie wusste sehr wohl, dass ich sie mein Leben lang beobachtet habe: sie und ihre hexengleiche Doña Maddalena.«
     
    »Ihr habt mir zeitlebens nur das Schlechteste zugetraut, Pater«, keuchte Irmintraut. »Nun, das hat ja jetzt ein Ende. Ich werde bald sterben und dann könnt Ihr endlich aufhören, mich zu bespitzeln. Ich will Euch aber doch die Genugtuung nicht versagen, dass Ihr recht hattet mit Eurem Verdacht. Ihr wart ein würdiger Gegner! Ich habe den König immer für mich haben wollen. Er sollte meine Base Kunigunde, das unfruchtbare Weib, zum Teufel jagen! Ich wollte Königin sein. Und, glaubt mir, Mönchlein, ich habe alles dafür getan – aber genützt hat es mir letztlich nichts. Heinrich wollte einfach nicht von ihr lassen.«
    Sie machte ein gleichgültiges Gesicht und setzte frivol hinzu: »Ich werde wohl in die Hölle fahren und dort, wie ich hoffe, viele interessante Leute treffen.«
    Daraufhin habe ich der Base der Königin gestanden, dass ich sie in der Tat immer im Auge behalten habe. Zwar wusste ich, dass Herrn Heinrichs Hofhaltung nicht gerade das Paradies war, aber dass eine verräterische Schlange in seiner Nähe lebte, war mir stets klar gewesen. Das habe ich ihr dann auch gesagt.
    Aber die Dame hat nur gelacht. »Mönchlein, Mönchlein! Ich liebe Schlangen, denn sie sind schön, intelligent und überaus gefährlich. «
    »Mag schon sein, Frau Irmintraut«, fiel ich ihr ins Wort. »Aber bedenkt, als ehemaliger Reichenauer Mönch kenne ich die geheime Beschwörungsformel unseres Klostergründers, des heiligen Pirmin, der einst sämtliches kriechendes Getier von der Insel getilgt hat.
    Ich habe niemals gezögert, mein diesbezügliches Wissen anzuwenden, wenn es das Leben und das Wohlergehen Frau Kunigundes erforderlich machten. Vielleicht erklärt das auch Eure Fehlschläge in der Gunst des Königs?«
    Letzteres war glatt gelogen. Ich habe von den Zaubersprüchen Sankt Pirmins, mittels derer er der Legende nach alles Gewürm von der Insel Reichenau vertrieben hatte, nicht die geringste Ahnung. Aber die Verwandte der Königin war tief betroffen. Ihre hasserfüllten Blicke von ihrem Totenbett aus, als ich ihr den Rücken kehrte, werde ich niemals vergessen. Es war mir, als fräße sich Säure durch meine Kutte.
     
    Griseldis erschauerte. Sie schwiegen eine Weile andächtig und sprachen dann über andere Geschehnisse.
    »Der König macht sich ernsthafte Sorgen über die Ausbreitung einer ketzerischen Bewegung, die von der Stadt Orleans nach Lothringen übergesprungen ist«, wechselte Berchtold schließlich das Thema.
    »Auch in Reims haben sich häretische Gruppierungen festgesetzt. Und zudem hat sich in Mainz, wie schon einmal im Jahre 1012, eine antijüdische Stimmung entwickelt. Damals hat das zu einer
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