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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers
Autoren: Karla Weigand
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beleidigten Mannesehre wegen den Verstand beiseitegeschoben und die Königin in eine unmögliche Situation getrieben?
    Umgehend hatte er Bischof Eberhard ein Schreiben verfassen lassen, worin er kurzerhand das Ordal streng verbot.
     
    Der Bote der Königin hatte daraufhin den Herrscher in kühlem Tone wissen lassen, sie sei nur ihrem Gewissen und der Wiedergewinnung ihres Ansehens im Volke verpflichtet und müsste deshalb auf der öffentlichen Prüfung ihrer Schuldlosigkeit bestehen. Vater Berchtold war der Verzweiflung nahe.
    Ein paar Tage vor dem anberaumten Ordal wurde der Königin wieder von einem Boten ein Schreiben aus Quedlinburg überbracht. Kanzler Eberhard hatte doch noch die gute Eingebung gehabt, betreffs der Zeitangaben nachzubohren.
    Danach hatte er Herrn Heinrich hieb-und stichfest beweisen können, dass er, der König selbst, es gewesen war, der heimlich die Schlafkammer Frau Kunigundes aufgesucht hatte. Die Königin war definitiv schuldlos.
    Die feindlichen Angriffe waren widerlegt und Heinrich, dem es wie Schuppen von den Augen gefallen war, hatte sich zutiefst beschämt gefühlt und zugleich wie befreit von einer zentnerschweren Last. In seinem Brief hatte er die zu Unrecht verdächtigte Gemahlin demütig um Verzeihung gebeten.
     
    Wiederum hatte Frau Kunigunde Tränen vergossen, aber dieses Mal Zähren der Erleichterung und des Glücks. Natürlich vergab unsere Herrscherin ihrem geliebten Herrn.
     
    »Es hat also kein Ordal für die Königin gegeben«, beendete der Mainzer Kaufherr seinen Bericht.
    Griseldis und alle anderen atmeten erleichtert auf. Die Heilerin aber drängte jetzt weiter zur Heimreise. Sie hatte die dumpfe Vorahnung, dass sie gebraucht wurde. Irgendwie konnte sie fühlen, dass der König bald ihrer heilenden Hände bedurfte. Und dann wollte sie zur Stelle sein.
     
     

KAPITEL 76
     
    Z WEI T AGE SPÄTER traf die Gruppe Ansgar Marenholts auf die schwer bewaffnete Vorhut des Herrscherpaares. Heinrich und Kunigunde hatten sich bereits auf den Weg nach Rom gemacht und Griseldis konnte sich die lange Strecke nach Bamberg sparen.
    Einerseits war das eine Erleichterung, andererseits hatte die Heilerin ihre vornehme Garderobe und ihren Schmuck daheim gelassen, als sie sich ehedem auf den Weg nach Italien gemacht hatte. Als studiosa medicinae in einem Männerkloster wäre es höchst unpassend gewesen, sich besonders herauszuputzen, und zu den Feierlichkeiten in Rom hatte sie vorgehabt, sich ein neues Kleid nähen zu lassen.
    Gerlinde, ihre ältere Magd, die sie seinerzeit zu Gunsten Jakobäas zu Hause gelassen hatte, war jedoch eine Frau mit praktischem Verstand. Sie hatte sämtliche edlen Gewänder ihrer Herrin sowie deren Juwelen sorgfältig verpacken und auf die Reise mitnehmen lassen. Griseldis wäre ihr am liebsten um den Hals gefallen, als sie am Brennerpass zusammentrafen.
    Bei Vater Berchtold tat sie es wirklich. Zu groß war ihre Freude, den alten Mönch bei leidlicher Gesundheit wiederzusehen. »Ich habe darum betteln müssen, mitreisen zu dürfen«, beklagte sich der betagte Benediktiner. »Aber keine zehn Pferde hätten mich daheim gehalten, wenn es darum geht, beim größten Triumph meines geliebten Herrn und seiner verehrten Gemahlin dabei zu sein.«
    Vor dem Königspaar sank Griseldis auf die Knie, wurde aber umgehend von Herrn Heinrich angewiesen, wieder aufzustehen. Beide Herrscher bekundeten ihre Freude – und ihr Erstaunen, sie auf dem Alpenpass anzutreffen. Sie erzählte von ihrer lang andauernden Erkrankung und ihrem Aufenthalt in dem Kloster von Sant’ Ambrogio.
    Aber das wussten Heinrich und Kunigunde bereits – auch, dass sie nie in Monte Cassino angekommen war. Aber ihr Studium konnte sie später nachholen; wichtig war nur, dass sie wieder gesund war.
    Vor der Begegnung mit Rüdiger von Lanzheim hatte sie gewaltiges Herzklopfen. Als sie aber den Blick des Edelmanns erhaschte, hätte sie sich am liebsten in seine Arme geflüchtet – jedoch die Gegenwart des halben Hofstaats verwehrte dies. Nach guter Sitte errötete die Heilerin leicht, schlug die Augen nieder und wartete, bis der Graf sie in wohlgedrechselten Worten ansprach.
    Was genau Herr Rüdiger gesagt hatte, wusste sie hernach nicht mehr; nur, dass er sich genauso nach ihr gesehnt hatte, wie sie sich nach ihm – das hörte sie aus jeder Silbe, die er vorbrachte. Und nur das allein zählte.
    Zum ersten Mal wagte es die Heilerin wieder, an das Glück mit einem geliebten Mann zu glauben. Rüdiger
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