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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition)
Autoren: Jennifer Brown
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Tisch neben ihr.Ich zog ein Blatt Papier heraus, an dem ich den ganzen letzten Abend über gearbeitet hatte – ein Entwurf meines Plans   –, und gab es ihr. Sie nahm das Blatt und begann zu lesen.
    »Ja«, sagte sie und langsam breitete sich ein Lächeln in ihrem Gesicht aus. »Ja. Das ist gut. Das ist super, Val.« Sie warf mir einen Seitenblick zu. »Brauchst du jemanden, der dich fährt?«
    Ich grinste sie an. »Ja, in Ordnung.«
    Zuerst fuhren wir zum Haus von Mr Kline. Es war braun angestrichen, ziemlich klein und wirkte gemütlich, mit verwilderten Blumenbeeten davor und einer mageren roten Katze, die auf den Treppenstufen zur Veranda saß.
    Jessica parkte in der Garageneinfahrt und stellte den Motor aus.
    »Bist du bereit?«, fragte sie. Ich nickte. In Wirklichkeit würde ich wohl niemals bereit sein für das, was ich vorhatte, aber ich musste es einfach tun.
    Sieh dir die Dinge an, wie sie wirklich sind
, erinnerte ich mich.
Schau dir an, was da ist.
    Wir stiegen aus dem Auto und gingen die Treppe hoch zur Eingangstür. Die Katze miaute uns wehmütig an und verschwand unter einem Strauch. Ich klingelte.
    Drinnen begann ein kleiner Hund wild zu kläffen, und gleich darauf erklang eine Stimme, die den Hund zu beruhigen versuchte, was aber nichts brachte. Schließlich ging die Haustür auf und eine unscheinbare Frau mit wirren Haaren und riesigen Brillengläsern spähte zu uns hinaus. Neben ihr stand ein schielendes Kind mit einem Eis in der Hand.
    Sie öffnete das Fliegengitter vor der Haustür nur einen kleinen Spaltbreit.
    »Ja bitte?«, fragte sie.
    »Hallo«, sagte ich nervös. »Mhm, sind Sie Mrs Kline? Ich bin Val-«
    »Ich weiß, wer du bist«, sagte sie kurz angebunden. »Was willst du hier?«
    Ihre Stimme klang eisig und ich spürte, wie mich der Mut verließ. Jessica warf mir einen Blick zu, und als sie sah, wie ängstlich ich auf einmal wirkte, ergriff sie das Wort.
    »Wir möchten Sie nicht stören«, sagte sie. »Aber wenn es möglich ist, würden wir gern ein paar Minuten mit Ihnen reden. Wegen einem Projekt, in dem es auch um Ihren Mann geht.«
    »Eine Gedenkstätte für die Opfer«, fügte ich ohne nachzudenken hinzu. Mein Gesicht begann sofort zu brennen. Ich schämte mich, weil ich damit irgendwie auch den Tod ihres Mannes erwähnt hatte. Als würde er dadurch realer für diese unbeugsame kleine Frau, die ihre Kinder nun allein großziehen musste.
    Eine ganze Weile lang betrachtete sie uns still. Sie schien gründlich nachzudenken. Vielleicht hatte sie auch Angst, ich könnte eine Waffe dabeihaben und auch sie erschießen, wodurch ihre Kinder zu Waisen würden.
    »Okay«, sagte sie schließlich. Sie schob die Tür ein bisschen weiter auf und machte Jessica und mir Platz, damit wir uns an ihr vorbei in das vollgestopfte Wohnzimmer hinter ihr schieben konnten. »Aber ich hab nur ein paar Minuten.«
    »Danke«, hauchte Jessica und wir gingen hinein.
    Vierzig Minuten später waren wir bei Abby Dempsey zu Hause – was sehr aufwühlend war für Jessica, denn sie war Abbys Freundin gewesen und hatte deren Eltern seit der Beerdigung nicht mehr gesehen – und eine Stunde danach hockten wir auf Gartenstühlen in einer Garage und redeten mit Max Hills’ großer Schwester Hannah.
    Es dämmerte schon, als wir Ginny Baker in ihrem Krankenhauszimmer besuchten und zusahen, wie sie einen ganzen Haufen von zerknüllten Papiertaschentüchern vollweinte. Ginny hatte einen schlechten Tag. Sie wollte unbedingt nach Hause. Aber am Abend vorher hatte sie den Spiegel aus einer Puderdose zerbrochen und versucht, sich mit einer Scherbe die Pulsadern aufzuschneiden. Sie würde ziemlich lange hierbleiben müssen und war todunglücklich darüber. Wir redeten auch mit ihrer Mutter, im Aufenthaltsraum des Krankenhauses.
    Gegen acht kamen wir dann fast um vor Hunger und es gab immer noch einen Besuch, der ausstand. Jessica machte kurz halt an einer Tankstelle, wo wir uns den Bauch mit Mini-Salamis, Chips und anderen Knabbersachen vollschlugen. Ich rief meine Mutter an und sagte ihr, dass ich ein bisschen später nach Hause käme. Als sie daraufhin meinte, das wäre kein Problem, solange ich nur Bescheid sagte und gut auf mich aufpasste, hätte ich weinen können vor Glück. Denn genau das hätte sie vor dem Amoklauf zu mir gesagt. Irgendwann hatten wir dann genug gegessen und saßen unentschlossen im Auto auf dem Tankstellenparkplatz herum.
    »Vielleicht ist das sowieso eine blöde Idee«, sagte ich. Mir war ganz flau
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