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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand
Autoren: Wolfgang Ecke
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fühlte, sanft, aber bestimmt. Und Horaz Prendergast unterbrach sie, nun seinerseits streng: „Sarah, du hältst jetzt den Mund. Ich habe nämlich etwas Wichtiges mit dir zu besprechen, was ich schon längst hätte tun sollen. Setz dich.“
    Merkwürdigerweise protestierte Miß Mills nicht. Während sie Horaz Prendergast zuhörte, vergaß sie ganz, daß sie sich auch noch erkundigen wollte, wieso Mister Striker schon am frühen Morgen die Farm mit einem Paket verlassen hatte. Aber das erschien Miß Mills auf einmal ganz und gar unwichtig. Was Horaz Prendergast zu sagen hatte, klang viel aufregender. So aufregend, daß Miß Mills’ Herz bis zum Hals klopfte. Vor Freude.

    Am selben Tag, um genau 16 Uhr 30, wurden in Southampton im zweiten Stock des Hauses Scorefield Road 44 die Herren Stafford und Brendel verhaftet, gerade als sie in dem kärglich eingerichteten Büro ein Paket öffneten, das fünf Minuten vorher ein als Postbote verkleideter Kriminalbeamter abgegeben hatte. Der blieb danach der Einfachheit halber gleich vor der Türe stehen, bis er es dahinter rascheln hörte, worauf er mit zwei Kollegen unaufgefordert eintrat. Stafford und Brendel waren nicht weniger konsterniert als Stunden vorher Jerry Hoskins.
    Zwei Beamte von Scotland Yard verhörten Stafford und Brendel im Dienstgebäude der Polizei von Southampton und gaben anschließend ihren Bericht per Telefon an Scott Skiffer und Chiefinspector Andrew Ellis durch, von wo die Nachricht an Inspektor Ridley über Funk weitergeleitet wurde. Der Bericht enthielt nicht viel, das Ridley nicht schon wußte, was auch daran lag, daß Stafford und Brendel sich die meiste Zeit des Verhörs in vornehmes Schweigen hüllten. Wenn sie den Mund aufmachten, dann nur, um Jerry Hoskins mit wenig schmeichelhaften Ausdrücken zu benennen, weil sie ihm die Schuld an ihrer mißlichen Lage gaben. Doch trotz der geringen Auskunftsfreudigkeit der beiden konnten sich die Beamten ihren Teil der Geschichte selbst zusammenreimen. Mehr als das „Geschäftsschild“ an der Tür wies nun wahrhaftig nichts, aber auch gar nichts in dem Büro in der Scorefield Road auf ein seriöses Import-Export-Geschäft hin. Ein Schreibtisch, ein wurmstichiger Aktenschrank, mehr gab es da nicht. Einen der Beamten veran-laßte diese Einrichtung zu der Bemerkung den beiden „Kaufleuten“ gegenüber: „Na, wenigstens vom Komfort her werdet ihr euch kaum sonderlich umgewöhnen müssen in den nächsten Jahren.“
    Höchst interessant fanden die Beamten einige Unterlagen, die in dem Aktenschrank aufbewahrt waren. Aus ihnen ging genau hervor, welchen Weg die Sendungen per Schiff von Southampton aus genommen hatten. Sämtliche Abnehmer in verschiedenen Städten Südenglands waren darin genannt. Für die Polizei war diese Kundenliste sehr hilfreich. Die Beamten mußten nur noch mit ihren Kollegen in den betreffenden Städten telefonieren, was dort große Freude und eine nicht minder große Verhaftungswelle auslöste. Enorme Mengen Rauschgift wurden sichergestellt, und bei Scotland Yard rieb man sich vergnügt die Hände.
    Die Entscheidung mußte nun in Wilkesham fallen. Dort war seit dem frühen Morgen eine merkwürdige Ansammlung von eifrigen Leuten im Gange, die anscheinend ganz zufällig genau dort wichtige Tätigkeiten verrichten mußten, wo auch die Phantombande bisher ihre Kreise zog.
    So stand nicht weit von der Laxford-Bridge entfernt, aber auch nicht so nah, um unnötig Verdacht zu erregen, ein Telefonwagen mit fünf Männern. Drei Landvermesser durchforschten die Natur unweit vom Wohnwagen des falschen Monsieur Pierre Laucaud. Die vier Angler aus Badcall versprachen sich reiche Beute rund um die Silvercross-Bucht. Inspektor Ridley und ein zweiter Beamter hatten sich ein Versteck beim Bootshaus von Mister Langby aus Edinburgh eingerichtet.
    Und Perry Clifton und Dicki? Die beobachteten abwechselnd durch ein Fernglas jenen geheimnisvollen Nebeneingang des Silvercross-Hauses, durch den nach Cliftons Vermutungen die Mitglieder der Phantombande in ihr Kellerversteck ein und aus gingen.
    Die Katastrophe für die Phantombande verlief generalstabsmäßig. Zwar ließ man die Mitglieder noch unbehelligt, weil man alle Beteiligten auf frischer Tat ertappen wollte. Trotzdem konnten die Verbrecher nach menschlichem Ermessen keinen Schritt mehr tun, ohne beobachtet zu werden. Dabei wurde die Geduld der Detektive auf eine harte Probe gestellt, was vor allem Dickis Vorstellungen von Verbrecherjagd langsam nicht
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