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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand
Autoren: Wolfgang Ecke
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mehr entsprach. Er zappelte wieder einmal vor Ungeduld. Als er sich urplötzlich aufrichtete, bremste ihn ein schmerzhafter Schlag auf den Kopf abrupt und machte ihn darauf aufmerksam, daß seine Bewegungsfreiheit knapp bemessen war und keine unkontrollierten Ungeduldsausbrüche gestattete. Sie saßen nämlich hinter, beziehungsweise unter einem überhängenden Felsen, rund zweihundert Meter schräg abwärts vom Haus aus gesehen.
    „Autsch!“ schrie Dicki auf und schlug sich gleich darauf erschrocken mit einer Hand auf den Mund. Er entschuldigte sich: „Tut mir leid, Mister Clifton. Ist mir so herausgerutscht. Ich glaube, das gibt ‘ne ziemliche Beule.“
    Perry Clifton setzte das Fernglas ab und reckte seine Glieder, so gut es ging. Freundlich machte er Dicki darauf aufmerksam: „Ich habe dich ja gewarnt, Dicki, daß es unbequem werden könnte.“ Er sah auf die Uhr. 19 Uhr 10. Gut, daß sie ein Nachtglas dabei hatten.
    „Sie haben mir nicht gesagt, daß sich überhaupt nichts tun wird“, erwiderte Dicki unmutig. „Nicht einmal eine Nasenspitze von der Phantombande ist hineingegangen.“ Ein fürchterlicher Gedanke durchzuckte ihn plötzlich: „Glauben Sie, Mister Clifton, die ganze Bande ist längst ausgeflogen, während wir nur noch die leere Höhle des Löwen beobachten?“
    Clifton mußte über das Entsetzen in Dickis Stimme lächeln: „Ganz bestimmt nicht, Dicki. Vom Wohnwagen wurde uns doch erst vor zwanzig Minuten über unsern Sprechfunk mitgeteilt, daß sich Reg Stewart noch mit seiner Malerei beschäftigt. Der wäre sicher nicht zurückgeblieben. Außerdem wissen wir ja, daß die Schmuggeleien bisher immer spätnachts stattfanden. Nur können wir uns nicht darauf verlassen. Deshalb müssen wir hier aushalten.“
    Dicki seufzte: „Na gut, das seh’ ich ein. Trotzdem würde mich brennend interessieren, was da oben im Haus momentan vorgeht, Sie nicht auch, Mister Clifton?“
    Welche Frage. Und ob Perry Clifton daran interessiert gewesen wäre. „Leider ist das eben der einzige Ort, wo die Bande sich unseren Augen entziehen kann, Dicki. Hoffentlich ist es der einzige Ort.“
    „Was meinen Sie damit, Mister Clifton?“ fragte Dicki, bei den letzten Worten seines Freundes sofort hellhörig geworden.
    „Ich habe schon eine Zeitlang das unangenehme Gefühl, daß ich eine ganz wichtige Tatsache übersehen habe, nur komme ich nicht darauf, was das sein könnte“, bekam er zur Antwort.
    „Mir fällt dazu auch nichts ein“, flüsterte Dicki nach einer Weile angestrengten Nachdenkens zurück — und fing plötzlich hektisch an, mit seinem linken Bein zu zucken.
    „Was ist denn das jetzt wieder für ein Anfall?“ Seine Verrenkungen stießen auf Perrys Unverständnis.
    „Ich fürchte“, keuchte Dicki hörbar in höchster Not, „mir ist das ganze Bein eingeschlafen.“
    Perry drehte rasch den Kopf zur Seite.
    Trotzdem hörte Dicki aus dieser Richtung ein verdächtiges Glucksen, das sich stark nach einem unterdrückten Lachen anhörte. Irritiert nahm er das Fernglas auf, um beinahe im gleichen Augenblick seinen Freund erregt in die Seite zu stoßen. „Mister Clifton, sehen Sie, schnell. Da kommt jemand mit dem Fahrrad auf das Haus zu.“ Perry nahm ihm das Glas aus der Hand und hielt es an seine Augen. „Sieh mal an“, murmelte er dann. „Wenn das nicht unser Freund der Maler ist, der da soeben durchs Hintertürchen verschwindet. Ich glaube, Dicki, jetzt geht es bald in die letzte Runde. Bald werden wir wissen, wer aus dem Kampf als Sieger hervorgeht.“
    „Na wir, ist doch klar wie Fleischbrühe.“
    Nur Perry Clifton grübelte immer noch darüber nach, ob er nicht in der Tat etwas übersehen hatte. Das schlechte Gefühl blieb.
    Es war wirklich Reg Stewart, den Perry und Dicki gesehen hatten, und der sich jetzt zu den anderen im Keller gesellte. Auch Dr. Stanley traf er dort an. Der sagte jetzt: „Gut, daß du kommst, Reg. Den anderen habe ich es schon mitgeteilt. Wir starten heute nacht unsere letzte Aktion und brechen dann ab.“
    Reg Stewart schien nicht sonderlich überrascht und meinte nur beiläufig: „Ich halte das für eine gute Idee, Doktor. Ich bin schon lange der Meinung, wir sollten unser Glück nicht zu sehr versuchen. Was ist der Grund?“
    „Für morgen ist Sturmwarnung durchgegeben worden“, erklärte der Doktor. „Wenn wir Pech haben, machen uns die Vorläufer schon heute nacht zu schaffen. Deshalb werden wir die Sache jetzt auch so schnell wie möglich hinter uns bringen.
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