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Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Anette Huesmann
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zweifelte sie nicht daran, dass der Auslöser für diese Taten in der Vergangenheit zu suchen war. Und solange der Kommissar keine Ahnung hatte, was damals geschehen war, hatte er keine Chance, den Täter zu finden.
    Sie war sicher, dass Pater Windisch anschließend seine Drohung wahr machen würde und dem Bischof davon abraten, den Rupertsberger Konvent finanziell zu unterstützen. Auf einmal richtete sich Schwester Lioba wie elektrisiert auf. Sie hatte bisher nie genauer über die Konsequenzen ihres Geständnisses nachgedacht. Allein die Vorstellung, dass der Konvent darunter leiden würde, war so unerträglich, dass sie diese Gedanken gemieden hatte. Doch es war naheliegend, welche Schritte der Kommissar gehen würde, ja, welche er gehen musste. Und zum ersten Mal wurde ihr klar, dass Pater Windisch keine gute Position hatte, um ihr zu drohen. Denn wenn sie von damals erzählte, war kaum damit zu rechnen, dass der Bischof darauf hören würde, was sein Berater zu sagen hatte.
    Schwester Lioba spürte, wie ihre Tränen versiegten. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Sie hatte diese Bibelstelle nie gemocht, und doch wurde ihr auf einmal bewusst, dass dies ihre Rettung sein würde. Vielleicht konnte sie mit der Polizei sprechen und dennoch ihre Gemeinschaft in eine bessere Zukunft führen.
    Sie richtete sich auf. Sie fühlte sich erleichtert und unendlich müde. Diese Woche hatte sie viel Kraft gekostet. Doch mit jedem Schritt fiel das Gehen leichter, und als sie an der kleinen Pforte zum Klosterhof angekommen war, kehrte Friede und Zuversicht in ihre Seele ein.
    Der Himmel empfing sie mit einer überwältigenden Sternenpracht. Erleichtert trat Schwester Lioba auf den Klosterhof. Sie tastete in ihrer Tasche nach dem schweren Schlüsselbund, an dem sich auch der Hauptschlüssel für das Kloster befand. Der Schotter knirschte unter ihren Füßen, als sie über den Hof ging. Sie fühlte sich so leicht wie schon seit Monaten nicht mehr. Der Verlust von Miriam und Markus war entsetzlich, aber sie hoffte, dass nun die alte Geschichte ruhen würde und endlich ein Schlussstrich darunter gezogen werden konnte.
    Das Geräusch hinter ihrem Rücken irritierte sie nur kurz. Sie lächelte und war sicher, dass Minka, die Katze des Konvents, die Mondhelle der Osternacht zum Mäusefang nutzte. Erst als hinter ihr Schritte im Schotter knirschten, hielt sie verdutzt inne. Erstaunt wandte sie sich um und starrte über den Hof. Der Mond hing schwer über dem Kirchturm der Abtei und zeichnete silberne Schatten. Angestrengt starrte sie in das Halbdunkel. Sie bereute es, dass sie Schwester Heidrun signalisiert hatte, sie sollte zu Bett gehen und nicht weiter auf sie achten. Sie wusste, dass Schwester Heidrun sonst so lange in die Nacht gelauscht hätte, bis sie sicher sein konnte, dass die Äbtissin den Weg in ihr Privatzimmer gefundenhatte. Das war noch ein Relikt aus Schwester Mechthilds Zeiten, die Herzprobleme hatte und um deren Gesundheit Schwester Heidrun sich ständig gesorgt hatte.
    Als alles ruhig blieb, ging Schwester Lioba rasch weiter. Hinter ihr war ein sirrendes Geräusch zu hören. Die Äbtissin erstarrte. Dann wandte sie sich blitzartig um. Der Schlag auf ihre rechte Schläfe traf sie nicht unvorbereitet, und doch war es eine Überraschung, als sie sah, wer das Kreuz wie eine Waffe in der Hand führte.
     
    Als das Schild die Ausfahrt ankündigte, setzte Emma den Blinker. Es war kurz vor zwei Uhr nachts, als sie den Bus von der Autobahn auf die nächtlichen Straßen Bingens steuerte. Ein junger Mann in schlampiger Sportkleidung mit einem Hund in der Größe eines Marders blieb unter einer Straßenlaterne stehen und blickte ihnen neugierig nach. Emma fuhr auf die Nahebrücke und erreichte den Parkplatz unterhalb des Klosters. Die Anlage lag verlassen im Mondlicht. Es waren weder Polizisten noch Streifenwagen zu sehen.
    »Ob sie heute Nacht wieder ein paar Beamte abgestellt haben?«, fragte Emma und blickte an der Klostermauer hinauf, wo kein Lichtschimmer zu sehen war.
    »Keine Ahnung«, murmelte Paul. Auf der Fahrt hatte er mehrfach versucht, über die Leitstelle Kontakt zur Soko Hildegard aufzunehmen, doch ohne Erfolg. Auch die zwei SMS an Grieser waren unbeantwortet geblieben. Zweifelnd musterte Emma die Klosteranlage.
    »Wir müssen etwas unternehmen«, sagte sie dann und kletterte aus dem Bus.
    »Aber wir kommen nicht in den Klosterhof«, erwiderte Paul und folgte ihr. »Beim ersten Mord wusste die Polizei am Anfang nicht, wie
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