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Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Anette Huesmann
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zurückerwartet.«
    »Vermutlich geht das in Ordnung«, sagte Grieser. »Sie sollten sich vor ihrer Abreise noch mal bei mir melden. Aber ich schätze, wir werden uns bis dahin noch ein paarmal sprechen.«
    »Wird das wirklich nötig sein?«, fragte Kern.
    »Ja«, erwiderte Baum knapp.
     
    Der Friedhof grenzte unmittelbar an die Klostermauer, die zugleich eine Seitenwand der kleinen Kapelle bildete. Emma kam an einem frischen Grab vorbei. Die bedruckten Schleifen der Kränze lagen zerknittert auf der feuchten Erde. Ein hölzernes Grabkreuz verriet, dass hier Schwester Mechthild Becker begraben worden war, Äbtissin des Klosters Rupertsberg, 46. Nachfolgerin der Hildegard von Bingen, geboren 1934, gestorben 2009.
    Wie ein Kloster wohl zu einer neuen Äbtissin kam? Emma nahm sich vor, das später herauszufinden. Sie ging weiter und näherte sich dem Eingang der Friedhofskapelle. Die Frau vom Kiosk schien recht zu behalten, die verzogene Tür gab ohne Probleme den Weg ins Innere frei. Emma schlüpfte hinein. Ein Geruch kam ihr entgegen, den sie überall wiedererkannt hätte, ohne dass sie sagen konnte, was es war. Weihrauch vermutlich, aber auch Kerzen, altes Gemäuer und eine gewisse, feierliche Ruhe. Ob Ehrfurcht vor einem höheren Wesen im Laufe der Jahre einen eigenen Geruch entwickelte?
    Emma wartete, bis ihre Augen sich an das Zwielicht gewöhnten. Sie stand gegenüber dem Altarraum an der Schmalseite der Kapelle. Durch die weit oben liegenden Rundbogenfenster fielen Lichtstrahlen herein, die sich über die Holzbänke legten und helle Streifen auf einen geflochtenen Läufer unbestimmter Farbe malten. Es war wärmer als erwartet. Emma ging ein paar Schritte in Richtung Altar. Der Bodenläufer knirschte unter ihren Füßen. Das silberfarbene Kreuz auf dem Altar war in helles Licht getaucht. Das schmerzverzerrte Gesicht der Jesusfigur schien unter der Dornenkrone förmlich zu glühen.
    Emma schätzte die christliche Leidenssymbolik nicht besonders. Doch sie mochte die kraftvolle Ausstrahlung alter Kirchen. Sie setzte sich in eine der Bänke. Die Kühle desHolzes drang durch ihre Jeans. Sie schloss die Augen und ließ die Atmosphäre auf sich wirken, die in ihr eine Sehnsucht weckte, ohne dass sie sagen konnte, wonach.
    Von draußen drang eine dunkle Männerstimme zu ihr herein. Emma öffnete die Augen und lauschte. Sie hörte einen Wagen vorfahren, Stimmen, Schritte. Dann kehrte wieder Ruhe ein. Emma erhob sich und ging zu einer Tür in der Seitenwand. Die Klinke aus dunkel verfärbtem Messing musste Jahrhunderte alt sein. Sie ließ sich ohne Widerstand nach unten drücken. Emma trat vorsichtig in die offene Tür und warf einen Blick nach draußen. Vor ihr lag der Innenhof des Klosters, der von Klostermauern und Gebäuden unterschiedlicher Höhe begrenzt war. Rechts von ihr erkannte sie Arkaden, das musste der Kreuzgang sein, den sie im Grundriss gesehen hatte. Die nördlichen Arkaden des Kreuzgangs endeten an den hoch aufragenden Mauern der Klosterkirche mit weiß verputzten Wänden. Vor dem Hauptportal der Kirche parkte der Bus für die Einsatzleitung der Polizei. Daneben wartete ein Leichenwagen mit geöffneter Heckklappe. Vermutlich der Wagen, den sie hatte vorfahren hören. Am Eingang der Kirche stand ein uniformierter Beamter, der ihr den Rücken zuwandte und ins Innere der Kirche sah.
    Emma ging schneller. Sie spürte unter ihren Füßen die unregelmäßigen Steine des geschotterten Hofs. Der Wind strich kalt über ihren Kopf und ließ sie frösteln. Im Gehen holte sie ihre Kameratasche heraus, entnahm die Kamera und stopfte die Schutzhülle zurück in ihre Umhängetasche. Nervös blickte sie sich um. Der Beamte war noch immer abgelenkt. Emma hielt den silberfarbenen Apparat auf Hüfthöhe in der Rechten, sodass es nicht auf den ersten Blick zu sehen war. Im Vorübergehen machte sie ein paar Aufnahmen der Kirche. Schräg über den Klosterhof kam Emma eine Ordensschwester entgegen, die ihr keine Beachtung schenkte.Der Wind fuhr unter ihren Schleier und schwenkte ihn wie eine üppige Haarmähne.
    Emma ging an der Längsseite der Abteikirche entlang, wo sie vom Eingang aus nicht mehr zu sehen war. Die langgestreckte Nordwand wurde auf halber Höhe von einer Dachschräge durchtrennt und endete weiter oben in einem Giebeldach. Oben wie unten zog sich ein Band romanischer Rundbogenfenster über die gesamte Wand.
    Emma näherte sich der Apsis, dem halbkreisförmigen Altarraum. Er lag zur Ostseite und wurde von
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