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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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Sie blickte zum Scheiterhaufen, warf den Kopf zurück und heulte wie die Wölfe, die vor den Stadttoren umherschlichen. Rani nahm Hal erschrocken den zweiten Streifen Pergament aus den steifen Fingern.
     
    Im Namen Jairs, Laranifarso ist tot.
     
    Rani spürte die Worte wie die scharfe Kante eines Eisenblechs in ihre Brust einschneiden. Sie versuchte zu schlucken, versuchte, eine Erwiderung hervorzubringen, aber sie konnte nicht denken, konnte sich nicht rühren.
    Die Gefolgschaft. Ranis Nichtbestehen der Prüfung hatte nichts damit zu tun, dass sie die Werkzeuge des Gauklers benutzt hatte. Die Gefolgschaft hatte Crestmans Drohung wahrgemacht. Sie hatte sie betrogen, und sie hatte Mairs Sohn ermordet. Niemand war durch ihre Machenschaften zum Narren gehalten worden. Niemand war dadurch hinters Licht geführt worden, dass Hal Mareka fortgeschickt hatte.
    Rani schaute in den Himmel hinauf, und ein Schaudern rann ihre Arme hinab. Wie hatte die Gefolgschaft es so schnell erfahren? Sie mussten hier in Morenia Brieftauben haben, Vögel, die darauf trainiert waren, automatisch ihre Stallungen in Brianta anzufliegen. Und in Brianta wurden Vögel für Hals Hof gehalten.
    Dieses Wissen hätte sie nicht mehr erschrecken sollen als alles andere, was die Gefolgschaft tat. Sie dachte immerhin über eine Organisation nach, die ein Kind ermordet hatte, ein unschuldiges Kleinkind, das nichts mit der Politik des Landes zu tun hatte.
    Laranifarso ermordet.
    »Ich werde sie umbringen!« Mairs Stimme erhob sich über das Knistern des Begräbnisfeuers. »Ich werde ihnen ihre verfluchten Masken herunterreißen! Ich werde den Menschen Briantas und Morenias und der ganzen Welt ihre lügenden Gesichter offenbaren. Ich werde sie nackt und gepfählt auf der Straße sehen, nur die Sommersonne als Trost! Ich werde ihre Knochen von Winterraben abgenagt sehen!«
    Farso bemühte sich, seine Frau zu umarmen, rang darum, ihre heftigen Schwüre an seiner Brust zu ersticken. Das eisgraue Haar des Adligen wippte, während er selbst gegen Schluchzen ankämpfte, und Ranis Magen wurde schwer wie Blei. Mairs Drohungen waren umso entsetzlicher, weil sie mit ihrer offiziellen Hofstimme geäußert wurden, in dem kultivierten Tonfall, von dem sie glaubte, dass er ihr in Morenia besser diente. Selbst unter Schock, selbst in ihrem Kummer, erdachte Mair sorgfältige Rache. Sie plante mit aller Gerissenheit eines Unberührbaren-Mädchens und mit allen Mitteln einer Adligen.
    Und was würde sie tun, wenn sie jemals erfuhr, dass Rani die Macht gehabt hätte, ihren Sohn zu retten? Was würde sie tun, wenn sie herausfand, dass Rani eine Wahl angeboten worden war – die Königin zu töten oder das Kind zu opfern?
    Pater Siritalanu trat an Mairs Seite. Er flüsterte seine Gemeinplätze, versuchte, die bekümmerte Mutter zu beruhigen. Mair wollte jedoch keinen Trost annehmen. Sie schrie, als er eine Hand auf ihren Rücken legte, schrie wie ein Tier unter Schmerzen.
    »Farsobalinti!« Hals Stimme barst vor Autorität, vor einer Entschlossenheit, die Rani seit Jahren nicht erlebt hatte. »Bring deine Frau von hier fort. Bring sie in eure Räume, damit sie in Ruhe trauern kann.«
    Der Adlige sah Hal finster an. Natürlich sollte er das tun. Natürlich versuchte er, das zu tun. Versuchte es und scheiterte kläglich.
    Rani erkannte, dass sie für all dies verantwortlich war. Sie hatte ihre Wahl getroffen. Nun erntete sie alles, was sie gesät hatte. Sie hatte als Glasmalerin versagt, sogar als Verschwörerin in einer Geheimorganisation versagt, welche die Welt erobern wollte. Als Freundin versagt.
    Sie trat vor, an Mairs Seite. Sie legte sanft eine Hand auf Farsobalintis Arm, drängte ihn, beiseitezutreten. Sie sah die Sorge auf seinem Gesicht, erkannte, dass sein Verlust schlimmer sein musste, noch schrecklicher sein musste, weil er nicht wusste warum, weil er nicht wusste wie, weil er nicht wusste, was die Ursache dafür war, dass ihm sein Sohn genommen wurde.
    »Komm mit, Mair«, sagte Rani und kniete sich neben ihre Freundin.
    »Nein! Sag mir nicht, ich soll mitkommen! Sag mir nicht, was ich tun soll! Sie haben meinen Sohn ermordet! Sie haben ihn entführt, und sie haben ihn getötet, und sie haben mir nicht gesagt warum! Sie haben mir keine Chance gegeben!«
    Rani versuchte, über den Schmerz in ihrem Magen hinweg zu atmen, versuchte, irgendein Wort des Trostes zu finden. Aber was konnte sie sagen? Sie hatte eine Chance gehabt. Sie hatte eine Wahl getroffen.
    Sie schaute
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