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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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ursprünglich ins schöne Morenia brachte, meinten viele, wir könnten keinen Seidenhandel aufbauen, wir könnten nicht mit den großen Meistern von Liantine konkurrieren. Wir könnten unsere Nachbarn im Osten nicht herausfordern.« Hal neigte anmutig den Kopf in Richtung der Ansammlung von Meistern der Spinnengilde, und einer, der Älteste, nahm den Gruß mit verengten Augen an.
    »Und doch«, sagte Hal und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die versammelten Adligen, »habt Ihr meine kühnsten Erwartungen noch übertroffen. In drei kurzen Jahren habt Ihr den Seidenhandel aufgezogen. Ihr habt Eure Octolaris gezüchtet und sie mit den kostbaren, gemusterten Raupen gefüttert. Ihr habt ihre Seide geerntet, den Faden gesponnen, das Tuch gewebt. Ihr habt inmitten einer Stadt, die in Trümmern lag, ein Gildehaus errichtet, ein Haus, das unserer besten Steinmetze und Bildhauer wert ist. Und nun, innerhalb von nur drei Jahren ab dem Zeitpunkt, als die ersten Seidenspinnen in Moren eintrafen, sind wir bereit, die Früchte unserer Arbeit zu versteigern.«
    Lautstarker Beifall erklang von der Menge, und Hal lächelte geduldig, während er darauf wartete, dass wieder Ruhe einkehrte. »Bevor wir die Auktion eröffnen, muss ich noch einige Menschen lobend erwähnen – Menschen, ohne die wir heute nicht hier wären. Zuallererst ist stets Königin Mareka in unseren Gedanken, die Frau, die den Mut besaß, uns unsere Octolaris zu überlassen, obwohl sie damit ihre eigene Macht und ihr Ansehen riskierte. Natürlich kann Mylady heute nicht an meiner Seite sein, aber ich erhebe diesen Becher dennoch zu ihren Ehren und trinke auf ihr Wohl.«
    Erneut erklang in der Halle Beifall, gefällig und unterwürfig, aber ohne die grenzenlose Begeisterung, die Hal von sich selbst verlangt hatte. Morenia hatte Mareka akzeptiert, weil Hal sie präsentiert hatte, aber das Königreich liebte seine Königin nicht. Ihm gefiel die Tatsache nicht, dass sie nur eine Gildefrau war, auch wenn sie von einer fremden Gilde in einem fremden Land kam. Es gefiel ihm nicht, dass sie den König überlistet hatte, dass sie ihn mit dem ältesten Frauentrick manipuliert hatte, ihre Krone an sich gerissen hatte, indem sie einen königlichen Erben in ihrem Leib entstehen ließ.
    Dennoch hatte das Königreich getrauert, als Mareka dieses Kind im sechsten Monat verlor, als ihr kleiner Sohn zu früh geboren wurde, um die bitterkalte Winterluft: atmen zu können. Und sie betrauerten auch die Tochter, die sie geboren hatte, das winzige Mädchen, das keine Nacht überlebt hatte.
    Aber nun war Mareka erneut schwanger. Acht Monate waren vergangen, und alles schien gut. Die königlichen Ärzte hatten die Königin auf ihre Räume verwiesen und gefordert, dass sie sich ausruhe und ihre Kräfte schone, dass sie während des Frühjahrs das Blut neugeborener Lämmer tränke, dass sie Nome, dem Gott der Kinder, opfere. Mareka sagte, sie könne spüren, wie sich ihr Kind in ihr regte, sie könne spüren, wie er kräftig trat, die ganzen langen Nächte hindurch. Sie war sich sicher, dass sie einen Jungen trug, den Erben, den Halaravilli so verzweifelt brauchte. Sie ging mit ihrer Kraft sparsam um, nährte das Kind, das in ihr wuchs, mit ihrem erheblichen Willen und wartete, wartete, wartete.
    Nein, Mareka konnte nicht in der Seidenhalle sein. Und sie wäre auch vielleicht nicht erfreut über das, was sie sähe, selbst wenn sie teilgenommen hätte. Mareka war in der fernen Spinnengilde ein vielversprechender Lehrling gewesen, ein eigensinniges Mädchen, das ihrer Gilde mit all ihrer Kraft dienen wollte. Ihre Treuezugehörigkeiten wären vielleicht zu sehr strapaziert worden, wenn sie die Anhäufung von Seide gesehen hätte, den gewaltigen Reichtum, den ihre früheren Meister verachten würden. Besser, dachte Rani, dass Mareka an dieser ersten Seidenauktion nicht teilnahm.
    Als schöbe Hal die Erinnerung an die zwiegespaltenen Treuezugehörigkeiten seiner Königin beiseite, schluckte er den Wein beim Zutrunk auf seine Lady hinunter. Dann blickte er über die Halle hinweg und sagte: »Es ist angemessen, dass wir diesen Markt segnen, bevor wir unsere ersten Gewinne einstreichen. Der Segen könnte von jedem Priester gesprochen werden, aber wir kennen noch jemanden, der gut geeignet ist, die Tausend Götter an diesem verheißungsvollen Tag anzurufen. Die Octolaris, die uns diese bedeutsame Gelegenheit beschert haben, kamen aus Liantine, und der Segen sollte ebenfalls von dort kommen.
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