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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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wäre. Sie könnte leicht eine Geschichte erfinden, um sie zu decken. Sie könnte eine Geschichte über aufopfernde Dienstboten gestalten, welche die liantinische Spinnengilde wissen ließen, die fernen Meister erfahren ließen, dass ihre einstige Gesellin in einem fremden Land umgekommen wäre.
    »Hört mir zu, Mylord. Wir können dies zu unserem Vorteil nutzen.« Aber zuerst, bevor sie ihre Geschichten ersann, bevor sie ihre Pläne ausbrütete, brauchte sie etwas. Sie brauchte Hals Vertrauen. Sie brauchte es, dass er ihr ihre Treue zu ihm glaubte, dass er glaubte, dass sie an seiner Rettung arbeitete, das sie tat, was das Beste für ihn, und für ihn allein, war. Sie bot den größten Beweis ihrer Vertrauenswürdigkeit dar. »Bitte, Sire. Es war ein langer Tag. Tovin Gaukler hat mich heute Mittag verlassen, und das scheint ein Leben her.«
    »Tovin ist fort?«
    »Ja. Er sagte, er würde nicht bei einer Frau bleiben, deren Treuezugehörigkeit bei jemand anderem liegt.« Sie beobachtete, wie Hal ihre Worte ermaß, beobachtete, wie er ihre Ergebenheit abwägte. Sie sah den Moment, in dem er deren Wahrheit erkannte, in dem er ihren neuerlichen Treueschwur annahm. Sie nickte einmal und sagte dann: »Kommt, Sire. Haltet die Laterne näher an die Feuerstelle. Lasst uns uns zusammensetzen und die beste Antwort für die Gefolgschaft ersinnen, und für Crestman und all die Mächte, die gegen uns stehen.«
    Hal zögerte nicht, ihr zu den niedrigen Holzstühlen zu folgen.

 
    15
     
     
     
    Rani blickte auf die Querstange des Scheiterhaufens und fragte sich, ob ihre Lungen den Gestank des Holzrauchs des Bestattungsfeuers jemals wieder loswürden. Der scharfe Geruch von Laudanum schnürte die Luft ein.
    Rani hatte die Kräuter selbst ausgestreut, die Tücher selbst um Berylina Donnerspeers heiligste Besitztümer gewickelt. Normalerweise hätten Priester diese Pflicht erfüllt. Aber das Laudanum wäre auch normalerweise auf einen Körper gestreut worden. Aber sie hatten Berylinas Körper nicht.
    Stattdessen hatten Rani und Hal beschlossen, die weltlichen Güter der Prinzessin zu benutzen, um sie zu ehren und zu den Himmlischen Gefilden zu geleiten. Sie hatten ihre grünen Caloyagewänder und ihre erleuchteten Zeichnungen der Götter genommen. Sie hatten ihr Gebetbuch und ihre Schriftrollen mit religiösen Texten genommen. Sie hatten all die Schätze auf ihr kleines Gebetspult gebunden und dieses mit Streifen ungefärbter Spinnenseide umwickelt. Rani hatte selbst einen Tausendspitzigen Stern darangeheftet, ein Leben des Glaubens und des Fanatismus zusammengebunden.
    Der Heilige Vater Dartulamino war gebeten worden, das Bestattungsbrot und den Wein zu segnen, bevor der Scheiterhaufen entzündet wurde, aber er hatte sich geweigert. Rani und Hal mussten sich unwillkürlich fragen, ob der höchste Priester im ganzen Land die Ehre aufgrund von Berylinas unüblicher Art verweigerte, oder weil er die Handlungen der briantanischen Kurie unterstützte, oder – die düsterste Möglichkeit – weil die Gefolgschaft wollte, dass Berylina entehrt wurde. Weder Rani noch Hal konnten lange vergessen, dass der Heilige Vater das zweithöchste Mitglied der Gefolgschaft in Morenia war.
    Auch wenn Dartulamino nicht zugestimmt hatte, sich zu beteiligen, war Pater Siritalanu nicht abzuhalten. Als er auf den Scheiterhaufen zutrat, strömten Tränen sein Gesicht herab. Seine Stimme brach, als er die traditionellen Gebete zu sprechen begann. »Willkommen im Namen der Tausend Götter.«
    Ranis Stimme klang inbrünstig, als sie proklamierte: »Mögen Euch all die Götter segnen.« Sie hatte vielleicht ihre Differenzen mit dem Priester gehabt, hatte vielleicht geglaubt, er habe nicht genug für Berylinas Sicherheit getan, nicht rasch genug gehandelt. Dennoch trauerte sie an diesem Begräbnistag mit ihm. Sie verstand seinen Kummer, seine Schuld.
    »Ich trete mit schwerem Herzen vor euch hin«, sagte der Priester, und die Worte waren keine leere Phrase. Stattdessen brach Siritalanus Stimme dabei, klang rau, als wäre jede Silbe eine Qual. Er atmete zitternd ein und fuhr fort: »Unser ganzes Leben lang müssen wir alle das Werk Tarns bezeugen. Wir müssen alle den Gott des Todes willkommen heißen und seine Herrschaft über uns anerkennen. Tarn ist nicht der erste Gott, und er ist nicht der letzte, aber Tarn wird jeden von uns unter seinen Umhang nehmen, wenn unser Leben endet.«
    Rani lauschte den vertrauten Worten mit neuem Hörvermögen. Sie konnte die
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