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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition)
Autoren: Doris Niespor
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Gesicht gefiel Anna noch weniger. “Dem Hund geht es gut. Du kannst ihn später bei Fenno abholen.”
    Anna atmete auf; das klang nicht danach, als ob sie demnächst hingerichtet würde - und einer Blinden würde er keinen Jagdhund anvertrauen, also würde sie wohl auch nicht geblendet werden. Erst als eine schwere Last von ihr abfiel, merkte Anna, welche Angst sie gehabt hatte. Warum war er so abweisend? Dabei hatte sie nichts Böses getan.
    Anna war es leid. Sie war durch das Feuer gegangen, sie war nicht weggelaufen, sie hatte Zuspruch verdient und keine Schelte. Ihr Vater hätte sie gelobt.
    “Ich wünschte, ic h wäre verbrannt, dann wüsstet Ihr wenigstens, dass ich unschuldig bin”, stieß sie trotzig hervor.
    Doch Friedrich war auch noch nicht fertig. “Und ich wünschte, du hättest mehr Vertrauen zu mir gehabt.”
    Die Enttäuschung in seiner Stimme bewirkte, was die Todesangst nicht vollbracht hatte: Anna zog es den Boden unter den Füßen weg. Während Friedrich mit einer Glocke die anderen wieder hereinrief, tastete sie nach einer Stuhllehne , um sich zu stützen, bis ihre Beine sie wieder trugen.
    Heinz ’ lauerndem Blick konnte Anna ausweichen, aber der zufriedene Ausdruck auf de Vineas Gesicht genügte, und sie wusste, wie erbarmungswürdig sie aussah.
    “Wir haben über deine Einwände nachgedacht. Anna Spierl war nur als Familienangehörige mitangeklagt . Das bedeutet, der Nachweis der Unschuld des Vaters durch seinen Tod entlastet auch sie. Ich erkläre hiermit die Witwe Spierl des Tatbestandes der Hexerei für unschuldig.”
    “Nein!” Heinz sprang bis auf zwei Schritte auf den Kaiser zu, bevor die Wachen ihn an den Armen packten und auf die Knie zwangen.
    “Sie ist eine Hexe. Sie ist schuldig, schuldig!”, kreischte er.
    Friedrichs tiefe Stimme übertönte Heinz ’ Geschrei ohne Mühe. “Es ist erwiesen, dass du einen Brandanschlag auf Eigentum der Kaiserpfalz verübt hast. Weiterhin sind versuchte Sachbeschädigung gegen einen Jagdhund aus Hofeigentum sowie ein versuchter Anschlag auf ein Mitglied des Hofes bewiesen. Das Urteil ergeht wegen Verrates.”
    Heinz versuchte auf die Beine zu kommen, doch die W ächter hielten ihn mit eisernem Griff am Boden.
    “Das wird Euch noch leid tun. Ihr seid nur zu verblendet, um die Wahrheit zu erkennen! Weil sie Euch auch verhext hat!”, schrie Heinz.
    Der Kaiser trat ganz dicht an den Tuchhändler heran, packte ihn am Kinn und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. “Gib acht, was du sagst, sonst wird aus Verrat schnell Hochverrat, und du kommst nicht so glimpflich davon.”
    Er stie ß Heinz von sich und wischte sich die Hand an der Kotta ab.
    “Blendet ihn !”
     
    Stumm band Anna die Nesteln an Elisabeths Unterkleid zu und zupfte sie flach, damit nichts auftrug. Heinz’ Flüche hatten ihr eine unruhige Nacht beschert, aber als M´Ba am Morgen die Nachricht gebracht hatte, dass Heinz geblendet worden sei, fühlte sie sich besser. So würde er ihr kaum noch folgen, geschweige denn ihr auflauern können.
    “Hast du zugehört, meine Liebe?”
    Anna schüttelte den Kopf. “Verzeiht, Herrin, ich war in Gedanken.”
    “ Wenn du den Hofklatsch auch nicht liebst, erregt es vielleicht doch deine Aufmerksamkeit zu hören, dass Petrus de Vinea mir seine Aufwartung gemacht hat. Und mich vor dir gewarnt hat.”
    “Er hat was ?” Anna bekam weiche Knie. Dieser hinterhältige Giftpilz!
    “ Stimmt es, dass du den Kaiser für dich gewinnen willst … als Mann, meine ich?”
    Anna wollte alles abstreiten, nachdrücklich versichern, dass sie keine Gefühle für den Kaiser hege, aber ihre Lippen blieben zusammengepresst, als wären sie zugenäht.
    “Dachte ich ’s mir doch. Keine Antwort ist auch eine Antwort”, murmelte Elisabeth. Sie ließ sich von Anna das Oberkleid über den Kopf streifen, öffnete die mit geschnitzten Rosen verzierte Schublade und griff nach der Haarbürste. Eine ihrer Frauen trat hinzu, nahm die beinernen Nadeln aus der Schatulle und wollte beim Aufstecken helfen, doch Elisabeth scheuchte sie und die anderen Jungfern hinaus.
    Mit zittrigen Fingern schnürte Anna den straffen Leib sorgsam in den kostbaren grünen Stoff ein, als könne sie damit auch ihre Gefühle unter Verschluss halten.
    ”Ich kann de Vinea nicht ausstehen “, stieß Elisabeth plötzlich hervor. „Ich kenne solche Männer.” Sie wechselte die Bürste in die andere Hand. “Meine Schwester Eleanor ist nur ein Jahr jünger als ich. Sie ist verwitwet, aber
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