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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition)
Autoren: Doris Niespor
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Schreck die Luft an und krallte die Finger in die Bettstatt. Wulf trat zur Feuerstelle und schöpfte mit der Kelle Suppe in einen tiefen Holzteller. Umsichtig trug er die volle Schale zum Tisch und stellte sie ab.
„Außerdem waren an vier Stellen Reste von glühenden Kohlen zu finden. Als einziger Gegenstand ist mein Schreibpult heil geblieben. Seltsamerweise war das Gras zwischen Pult und Kirche so kurz, dass es wie eine Schneise wirkte.“
    Anna atmete au f. Es war kein versehentlich vergessenes Leinöltuch gewesen - die Kohlen waren der Beweis dafür. Der Brand war also nicht ihre Schuld.
„Da hat jemand ganze Arbeit geleistet und sogar Heu zwischen die Balken gestopft. Kein Wunder, dass der Rohbau wie Zunder brannte. Und große Mühe, seine Spuren zu verwischen, hat sich der Zündler auch nicht gegeben.“
Der Baumeister tauchte den hölzernen Löffel in seine Schale und deutete mit der Rechten auf Annas Stuhl. „Lang zu, Kind! Die warme Suppe tut dir gut, siehst ja ganz bleich aus.“
Anna aß, und der Vater tätschelte ihr über den Tisch hinweg die freie Hand.
„Mach dir keine Sorgen, die kriegen den Dreckskerl noch.“
Daran hatte Anna gar nicht mehr gedacht. Sobald sie sicher war, dass sie an dem Brand keine Schuld trug, erfasste die Sorge um Liswetha sie wieder.
„Wie geht es Liswetha wirklich?“ In Gedanken hörte sie das Klatschen des blutigen Klumpens auf dem Eimerboden. „Ist das Kind … hat die Hebamme es doch noch …?“
Der Vater winkte ab. „Es steht schlecht um sie. Die Wangen sind vom Fieber gerötet, und das Kind ist tot, sagt die Hebamme.“
    Es war inzwischen fast dunkel in der Stube. Nur der schwache Schein des Feuers spendete ein wenig Licht.
„Warum hat Arnulf dann …“
    Wulf unterbrach seine Tochter mitten im Satz.
„Er will es nicht wahrhaben. Und nun iss, sonst wird die Suppe kalt.“
    Es wummerte jäh gegen die Bohlen der Holztür. Anna erschrak so heftig, dass ihr der Löffel in die Schale fiel. Wer begehrte zu dieser Stunde so laut Einlass? Der Baumeister war mit einem Satz an der Tür und öffnete sie.
    „Johann.“ Wulf bat den Gast herein und wies auf einen Schemel. „Komm herein und setz dich! Was gibt es zu so später Stunde?“
Der dicke Mönch nickte Anna flüchtig zu, blieb aber stehen. Er packte eine der Kordeln, die seine braune Kutte über dem mächtigen Bauch zusammenhielten, und zerrte daran, als sei sie ihm zu eng.
„Es sieht nicht gut aus für dich, gar nicht gut.“
Der Ordensbruder warf einen raschen Blick auf die verschlossene Tür und senkte die Stimme. „Ich sollte wirklich nicht hier sein, aber wir haben uns immer gut verstanden, nicht wahr? Da ist es doch meine Pflicht als gottesfürchtiger Mann, dich als Kirchenbauer zu warnen.“
Wulf schob seinen Gast sanft zum Schemel und drückte ihn darauf nieder.
    „Setz dich, und dann der Reihe nach ! Wovor denn warnen?“, fragte er.
Johann nahm einen Kanten Brot vom Tisch und biss hinein. Als er wieder sprach, waren die ersten Worte kaum zu verstehen.
„Alscho … die denken doch ehrlisch“ - er schluckte -, „dass du das gewesen bist mit der Kirche. Mit dem Feuer.“
Das Gesicht des Baumeisters nahm einen ungläubigen Ausdruck an. „Wer?“, forderte er zu wissen.
„Nun, die vom Rat, aber die wissen nicht, was sie reden. Ich habe ihnen gesagt, dass du nichts damit zu tun hast. Du zerstörst doch dein eigenes Bauwerk nicht.“ Johann rieb sich hastig über seine Tonsur. „Aber sie haben nicht auf mich gehört. Es sei ja nicht der einzige Anklagepunkt. Wulf, sie holen dich morgen früh, um dich der Brandstiftung und aller möglicher anderer Vergehen anzuklagen.“
    Erschöpft von der langen Rede, senkte Johann den Kopf mit dem schütteren Haarkranz. Wulf schob ihm einen Becher mit Bier hin und nickte ihm zu.
„Gut, dass du Bescheid gesagt hast. Trink und dann geh besser. Sonst wundern sich die Klosterbrüder, wo du steckst.“
Johann leerte den Becher in einem Zug und rülpste. „Wenn ich etwas tun kann, lass es mich wissen.“
Der Mönch war schon an der Tür, da sprach Wulf ihn noch einmal an. „Johann?
„Ja?“
„Ich … du hast als Schreiber schon einige Male an Anhörungen teilgenommen. Ich war noch nie angeklagt ...“
    „ Bewahr die Ruhe“, empfahl der Mönch. „Man wird versuchen, dich in Wut zu versetzen, damit du dich in Widersprüche verwickelst. Als Beweis dafür, dass du lügst. Mehr kann ich dir nicht raten.“
    Johann schob sich durch die Tür, zog
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