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Die Geschichte einer Kontra-Oktove

Die Geschichte einer Kontra-Oktove

Titel: Die Geschichte einer Kontra-Oktove
Autoren: Boris Pasternak
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dem jungen Edelmann verbeugt hatte, (drehte er sich um) und ging davon.
    »Nun, irgendwie wird's schon gehen«, sagten (die Reisenden zueinander), nachdem ein Seitengäßchen den sich entfernenden Lichtschimmer der Laterne unversehens verschluckt hatte und sie sich in völlige Dunkelheit versetzt fanden. Der Nachtgewitterhimmel ermunterte
    . . . . . . . . . . . .
    er atmete aus voller Brust, (…) über ihn fuhren, sich aufeinandertürmend, zerrissene und zerreißende Fetzen früherer Wolken wie die Überreste einer Flotte, die irgendwo, nicht hier, eine Schlacht verloren hatte
    . . . . . . . . . . . .
    dort, wo die Reste dieser früheren Herrlichkeit irgendein Strudel fortgespült hatte, – vielleicht gerade dort, mündete rund ein tiefer von jenseits der Wolken kommender Quell bis zur Schwärze klar und kalt
    . . . . . . . . . . . .
    in der Enge dieser kalten Mündung zeigte sich ein Stern, scharfantig und spröde, krallig und glitzernd wie eine geöffnete Muschel, in deren Innern eine Perle schimmert; hart und scharf wie der Diamant eines Glasschneiders; das waren die Orte tiefster Schwärze und größter schwankender Tiefe des in seiner Kühle ringsum blitzenden Zakkens.
    »Warum sind wir stehengeblieben? Wieder Ihret-
    wegen, teuerster Amadeus? Ach so, es ist eine Dame bei uns?« fragte, sich zu den Letzten der Gruppe umwendend, der junge Edelmann mit lauter, klingender Stimme. »Wenn sich im Gasthaus ein Plätzchen findet, trete ich meinen Anteil an unserem gemeinsamen Recht auf Nachtquartier ab, meine Herren. Madame …«
    »Scherer, meine Frau, gnädiger Herr.«
    »Madame Scherer und ihrem Gatten selbstverständlich, das folgt logisch – pardon – aus ihrem beiderseitigen Familien Verhältnis.«
    »Mille graces, Monsieur, ich und mein Mann … wir haben doch keinerlei Anspruch …«
    »Lassen Sie, lassen Sie bitte; es ist schon alles entschieden, Madame – Madame Scherer. – Und Sie, Herr Amadeus, werden nun auch bald ausruhen können, fürchten Sie nichts. Und die übrigen – mit Gottes Hilfe werden wir alle versorgen, nicht wahr, meine Herren, irgend etwas wird sich schon finden, worauf wir uns ausstrecken können …« . . . . . . . . . . . .
    »So, meine Herrschafen, wir sind am Ziel unserer
Wanderung. Wo ist hier – Herr Amadeus, wo ist
hier der Türklopfer?«
»Erlauben Sie, (junger Herr!«)
    »Warten Sie, ich finde ihn selbst. Darf ich vorstellen: Herr Scherer – Herr Amadeus, mein Erzieher. Haben Sie einen Feuerstahl? Ah, da ist ja das Brett! Eins, zwei drei! Mehr ist nicht nötig, mir scheint, es kommt schon jemand. – Aber Herr Amadeus, was ist mit Ihnen, ich erkenne Sie gar nicht wieder.«

    Zu dieser späten Stunde schlummerten die Geräusche und Stimmen im Gasthof, so, wie es in Häusern ist, in denen viele Menschen schlafen oder mit dem sie überwältigenden Schlaf ringen, wo die Brigade der Träume alles ringsum in ihren Bann schlägt, blindlings, im Vorübergehen auch die Aufwachenden. Geräusche im Gasthof? Da waren nur wenige. Wo mag die Kegelbahn sein? Ist es weit dort hin oder gleich hier nebenan durch das leere Zimmer? Auch wo sich der Billardsaal befindet, ist nicht klar. In jenem Saal, in den man durch verwinkelte Gänge, über Korridore und Vorplatz gerät, tickt eine Standuhr. Ihr Pendel schwingt hinter dem Glas auf und ab, übersät den Saal mit seinem Ticken, emsig und kleinkörnig wie Hirse; aber zum Schlag holt er todmüde und gelangweilt aus, als zwänge ihn die schmerzende Hand des Sämanns am Abend des Aussaattages.
    Nebenan oder einige Zimmer weiter werden gleichmäßig wie auf einer Apothekerwaage Quentchen fest verpackter Geräusche abgewogen. Dort wird gespielt. Dort wird gespielt und vielleicht auch laut gesprochen. Dort rollen schwere Kugeln, und die Kugeln schlagen an lackiertes Holz, und die dickbäuchigen Kegel kollern polternd auf den Boden. Dann – ein deutlich wahrnehmbares Scharren, danach herrscht unvermittelt überbordende Stille. Dort neben dem Saal oder einige Zimmer weiter gähnt laut und ansteckend das Spiel. Vielleicht sprechen die Spieler über die zusammenprallenden Kugeln. Aber die Stimmen sind fest verpackt, mit blauem Tabaksdunst und mit dem Qualm der niedergebrannten Lampen versiegelt, sie sind in das Sägemehl des Uhrtickens eingepackt und in die Träume der Schlafenden im ersten Stock. Die Stimmen sind schließlich auch noch durch die späte Nachtstunde versiegelt, so, wie man einen Tatort versiegelt.
    Aber in dieser Nacht ist das
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