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Die Germanin

Titel: Die Germanin
Autoren: Robert Gordian
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strich.
    »Natürlich nicht irgendeinen Römer«, versicherte er. »Keinen groben Hundertschaftsführer, keinen Baumeister oder Kaufmann und schon gar keinen schmutzigen Sklavenhändler. Tiberius meinte einen Römer von seinem Stande, der ja dem unseren entspricht. Denn auch wir stammen von unseren Göttern ab und unser Adel ist nicht schlechter als der ihrige. Ich gehe sogar noch weiter: Er meinte einen Römer aus seiner eigenen Familie, den Juliern und Claudiern. Wir werden also, wenn alles so eintrifft, mit den höchsten römischen Adligen und Würdenträgern verwandt sein.«
    »Aber, Vater… wie… wie sollte denn das geschehen?«, fragte die Tochter mit stockender Stimme. »Niemand kennt mich, es weiß doch niemand von mir. Es hat sich noch keiner um mich bemüht.«
    »Das wird sich ändern. Wie ich sagte, schon in den nächsten Tagen. Wir bereiten ein Fest vor. Nelda, mein Kind, ich habe eine Botschaft erhalten. Von meinem Freund Caecina, der jetzt Kommandant der Festung Aliso ist. Er kündigt mir hohen Besuch an. Die alten Verträge müssen erneuert werden. Und weil die Cherusker mich auf dem Thing beauftragt haben, unsere Angelegenheiten mit den Römern zu regeln, wird das hier geschehen, auf meinem Hof. Tiberius selbst wird dazu hierherkommen! Er war lange fort, irgendwo auf einer griechischen Insel, um Studien zu treiben. Nun ist er zurück und hat wieder das Oberkommando über die Rhenus-Armee. Er wird uns aber nicht allein besuchen, meine Nelda, er bringt seine Söhne mit. Was sagst du dazu?«
    »Ich wusste nicht, dass er Söhne hat. Ich weiß gar nichts, Vater! Ich habe Angst.«
    »Warum denn? Es sollen höfliche und gebildete junge Männer sein, nicht solche dummen Rüpel wie dein Vetter Segithank oder andere aus unserer Sippe. Der Ältere ist neunzehn Jahre alt. Übrigens ist er nicht der leibliche Sohn des Tiberius, er wurde von ihm adoptiert. Sein Vater war Drusus, der, von dem ich gerade sprach, der hier in der Nähe starb. Für seine Verdienste erhielt er nach seinem Tode die höchsten Auszeichnungen, darunter den Ehrennamen ›Germanicus‹, weil er so viele unserer Stämme besiegt hatte. Der Name soll nun in seiner Familie erblich sein. Der junge Mann heißt eigentlich Gaius, aber alle rufen ihn schon Germanicus. Wie man hört, ist er sehr begabt, für die höchsten Ämter geeignet. Der andere ist ein Jahr jünger, erst achtzehn. Er ist der Sohn aus der ersten Ehe des Tiberius und heißt Drusus wie sein verstorbener Onkel. Er soll sehr stark sein, wenn auch nicht ganz so begabt wie der andere, und ein guter Reiter und Fechter. Bei unseren Waffenspielen werden wir es sehen. Er wird sich nicht lange nötigen lassen und mitmachen. Die beiden werden dir gefallen und ich hoffe, dass du Eindruck auf sie machen wirst.«
    »Aber was soll ich denn tun?«, entgegnete sie verzagt. »Sie werden mich nicht beachten. So hässlich und unscheinbar, wie ich bin.«
    »Du und hässlich! Wenn du auch noch sehr jung bist und etwas Zeit brauchst, hast du doch schon sehr viel vorzuweisen. Vor allem hast du bei Priscus eine ausgezeichnete Bildung genossen. Es war nützlich, dass du immer dabei warst, wenn er deinen Bruder unterrichtete. Priscus sagt, du sprichst schon fast so gut Latein wie er. Und sogar etwas Griechisch hat er dir beigebracht. Du kennst viele alte Geschichten von ihren Göttern und Helden… Jupiter, Herkules und wie sie sonst heißen. Unterhalte dich mit den jungen Männern darüber. Zeig ihnen, dass du genauso viel weißt wie die jungen Mädchen in Rom. Vor allem musst du natürlich ihrem Vater gefallen, einem sehr strengen Mann. Deshalb halte ich es für notwendig, dass du ihn und die anderen Gäste begrüßt. Hast du die Verse gelernt, mit denen der Dichter den Caesar Augustus rühmt und die Siege des Tiberius feiert?«
    »Ja, Vater.«
    »Du wirst großen Erfolg haben, wenn du sie vorträgst. So etwas werden sie nicht erwarten. Sie werden staunen, im tiefsten Germanien ein solches Juwel vorzufinden.«
    »Ach, sie werden sich nur über mich lustig machen.«
    »Im Gegenteil. Vielleicht bewirbt sich gleich einer um dich. Auch bei ihnen in Italien werden die Mädchen sehr jung verheiratet. Du wirst in einem Palast leben, seidene Kleider tragen und hundert Sklavinnen haben. Du wirst der Liebling deines Schwiegervaters Tiberius sein. Täglich wirst du den Caesar Augustus sehen und ab und zu wird er auch mich empfangen und mich vor den anderen Stammesfürsten auszeichnen. Was gibt es denn, Brun?«
    Zwei
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