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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut
Autoren: Jane Feather
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machen sich wichtig. Kommt und esst. Vergesst nicht, dass Ihr für zwei essen müsst.«
    »Wie könnte ich das vergessen?« Portia aß lustlos, da sie ihre gesamte Energie darauf verwandte, nicht nach Rufus zu fragen, vor allem nicht zu fragen, ob er etwas über sie gesagt hatte.
    Die Armee rückte bei Tagesanbruch aus. Portia hörte sie im grauen Morgenlicht, rhythmische Stiefelschritte, Hufschlag, Geklirr von Biß und Zaum. Diesmal ohne kriegerische Klänge, ohne Dudelsackgequäke oder Trommelschlag, und diese Stille verlieh dem Aufbruch etwas so unheilvoll Düsteres, dass Portia sich fragte, ob die Truppe unter wehenden Bannern und mit stolzer Siegesgewissheit auszog, überzeugt von sich und der Rechtmäßigkeit ihres Kampfes.
    Rufus hatte aus seinen Zweifeln an der Fähigkeit des Oberkommandos der Königstreuen nie ein Hehl gemacht. Die Tapferkeit der Männer war unbestritten, Taktik und Vorgehensweise aber oft unklug. Portia fragte sich nun, ob er unter dem Gefühl litt, dass ihre Sache verloren war. Sie fragte sich auch, was sich vor Castle Granville zugetragen hatte. Hatte Cato sich ergeben? Es war möglich, aber eigentlich unwahrscheinlich. Und wenn nicht, wie hatte Rufus auf den Befehl reagiert, die Belagerung aufzuheben?
    Es war nerv tötend, wenn man nichts wusste. Josiah hatte nichts gesagt, und ihr unnützer und sinnloser Stolz hatte Portia davon abgehalten, direkt danach zu fragen, was über die Belagerung durchgesickert war und wie es um die weiteren Pläne und die Stimmung im Lager stand.
    So lief sie auf und ab, gequält von ihrer Ungewissheit, gequält auch von Bildern Rufus sterbend, verstümmelt, vor Schmerz im Todeskampf schreiend. Und dann hörte sie gedämpftes Hufgetrappel, leises Klirren, ein kurzes Wiehern, und ihr Herz schöpfte Hoffnung. Sie lief zur vergitterten Zellentür und stand da, die Stäbe umklammernd, und horchte auf die vertrauten Schritte.
    Juno stellte sich winselnd auf die Hinterpfoten und stützte die Vorderpfoten erwartungsvoll auf das Schloss. Schritte waren gleichbedeutend mit Freiheit.
    »Rufus?« Portia brachte den Namen kaum über die Lippen, als sie hörte, wie der Riegel angehoben wurde. Ihre Hände waren feucht, ihr Herz schlug so heftig, dass es schmerzte. »Rufus …« Ihre Stimme verstummte. Ihre Enttäuschung war so groß, dass sie glaubte, ohnmächtig zu werden.
    Josiah trat mit vollen Armen ein. Seine blassen Augen glänzten. »Komm mit, Mädchen.« Er stellte seine Last auf dem Tisch ab und sperrte die Zellentür auf.
    »Die Nachhut ist keine halbe Stunde vor Euch. Und es sind keine Decatur-Männer. Die sind an der Spitze, wo sie hingehören.« Er nickte mit einem Anflug von Stolz. »Ihr könnt Euch unauffällig unter die Nachzügler mischen, da Euch keiner kennt.«
    »Wovon sprichst du, Josiah?« Portia trat aus ihrer Zelle. Der Alte verströmte ungewohnte Energie. Und sie selbst verspürte die ersten Regungen einer unbeschreiblichen Hoffnung.
    »Ihr müsst ihnen natürlich nachreiten«, erklärte Josiah. »Ich habe Euch alles mitgebracht – Euer Schwert, die Muskete und das Messer, das George Euch abnahm. Hier sind Brustpanzer, Helm und Koller. Penny steht gesattelt bereit. Die Armee marschiert nach Marston Moor, gleich hinter York. Letzte Nacht wurde in der Kantine viel geredet. Also, nichts wie fort, Mädchen.«
    Plötzlich wurde Portia alles klar, und sie sah ihren Weg deutlich vor sich. Josiah gab ihr die Freiheit und die Mittel, wieder selbst über ihr Schicksal zu bestimmen. Sie war nicht mehr hilflos.
    Da sie schon zu sehr Soldat war, machte sie sich über den bevorstehenden Kampf ebenso wenig Illusionen wie Rufus. Selbst wenn man die Lage sehr optimistisch einschätzte, hielten sich die Chancen von Tod und Überleben die Waage. Sie wollte nur die Chance bekommen, zwischen ihnen alles richtigzustellen, ehe er in den Kampf zog.
    Als sie das Lederkoller anzog und den Brustpanzer umschnallte, verdrängte sie den Gedanken, dass Rufus sich in seinem Zorn und in seinem zwanghaften Rachedurst weigern würde, ihr Gehör zu schenken. Nun, sie würde dafür sorgen, dass er ihr zuhörte.
    Josiah reichte ihr die Waffen. Portia steckte das Schwert in die Scheide, das Messer in den Stiefel, hängte sich die Muskete über den Rücken und die Patronentasche vor die Brust. Sofort fühlte sie sich, als hätte sie wieder die ihr vertraute Welt betreten. Dies waren die Werkzeuge ihres Berufes. Ihr verräterisches Haar stopfte sie unter die gestrickte schwarze Mütze
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