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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken
Autoren: Giles Foden
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erwiderte ich. »Natürlich bin ich etwas aufgeregt. Aber Sie hätten sich wirklich nicht die Mühe machen müssen zu kommen.«
    »Kein Problem, Meadows. Nicht der Rede wert. Es war mir wichtig. Stagg hat mir erzählt, mit welchem Einsatz Sie am Werk waren und dass Ihre Arbeit mit der Ryman-Zahl geholfen hat, den Abschnitt mit dem ruhigen Wetter exakt vorherzusagen.«
    »Ich habe mein Bestes gegeben, Sir.«
    Hinter ihm zogen schemenhaft Uniformen vorbei wie eine Landschaft im Hintergrund - halb grün, halb zurückschimmernd. Das Signalfeuer auf dem provisorischen Kontrollturm blinkte und beleuchtete Vaward wie ein Zifferblatt im Dunkeln. Der Turm selbst war nur ein Gerüst mit ein paar Brettern, von dem der oberste Lademeister das grüne Meer aus Männern überschauen konnte, hinter dem in dicht geschlossenen Reihen die schwarzen Formen der Lastensegler standen, die es füllen sollte.
    »Das hat er mir gesagt. Und andere Quellen bestätigen es: Sie müssen wissen, dass die Spionageabwehr Ihnen auf die Isle of Wight gefolgt ist. Die gesamte Vorhersagegruppe ist in den vergangenen Wochen streng überwacht worden.«
    »Das wusste ich nicht, Sir. Wir wussten, dass die Telefone abgehört wurden, aber nicht...« Es war ein beunruhigender Gedanke, dass überall Spione hinter uns hergeschlichen waren, aber auch irgendwie lustig.
    Einer der Yankees beschwerte sich über die Hot Cross Buns - er fand, dass es für so eine wichtige Operation schon Donuts hätte geben können. Die Schlangen waren sehr lang und langsam. Vaward und ich bewegten uns beim Sprechen vorwärts, aber nur mit winzigen Schritten.
    »Aber eigentlich wollte ich Ihnen von einer anderen Spionage-Sache erzählen. Gestern Abend haben wir einen deutschen Funkspruch aus Paris entschlüsselt, dass sie an der Küste starken Wind erwarten, der eine Invasion zu gefährlich machen würde. Deutsche Minenleger müssten wegen des Sturms aus dem Kanal zurück in den Hafen. Auf jeden Fall wissen die nichts von einer Wetterlücke. Sie erwarten mindestens vierzehn Tage lang keinen alliierten Angriff. Die deutschen Kommandeure befinden sich in verminderter Alarmbereitschaft. Weickmanns Invasionswarngruppe ist der gleichen Meinung.«
    »Das hört sich großartig an, Sir. Die Codebrecher verdienen einen Orden.«
    »Die Meteorologen aber auch. Selbst Sie, Meadows. Aber Sie werden wohl leider keinen bekommen.«
    »Wegen Rymans Tod?«
    Sir Peter wurde vom Strom der Soldaten geschubst und wippte leicht, als versuchten seine beiden Fersen, wieder in Einklang miteinander zu kommen.
    »Nein, nein. Weil der Erfolg der Vorhersage - und danach sieht es jetzt ja wirklich aus - nicht einem einzelnen Land der Alliierten zugeschrieben werden kann, noch weniger einer Einzelperson. Bei einem Misserfolg wäre es genauso gewesen. Aber trotzdem - ausgezeichnete Leistung, Meadows. Großartig! Es hat sich sogar als nützlich erwiesen, dass Sie das Flugzeug vom Himmel geholt haben. Heinz Wirbel war ein großer Fang - seine Liebe gilt der Meteorologie, nicht den Nazis. Haben Sie noch Fragen?«
    »Nein, Sir. Vielen Dank, Sir. Es freut mich, dass Sie gekommen sind.«
    Ich sah zu, wie der weiße Mantel in der Menge der Körper verschwand: der wuselnden, vielfältigen Masse von Truppen, die in dem Augenblick wirkte wie ein Sinnbild des Lebens selbst, dieser Zirkulation von Bakterien, der sich alle anderen Individuen unterwerfen müssen.
    Ich wartete weiter mit den anderen. Mit schlurfenden Schritten näherten wir uns unseren Holzgleitern. Sie sahen zerbrechlich aus, fast zu schön, um sie in den Krieg zu schicken. Wir tranken unseren Kakao aus und stellten den Waafs die Becher aufs Tablett.
    Viele der Wetterbeobachter trugen Rucksackfunkgeräte mit langen Drahtantennen. Hinter einem von ihnen stieg ich die schmalen Stufen des Gleiters hinauf. Ich bückte mich durch die Türöffnung (der Funker musste seine Antenne hinunterbiegen) und setzte mich auf einen Platz in einer der Reihen von Männern zwischen schweren Rucksäcken, Munitionskisten und anderer Ausrüstung: Klappspaten, Gasmasken, Säcke voller Dosen mit Verpflegung, Handgranaten - und den Gewehren natürlich.
    Es wurde nicht viel geredet, wir starrten alle ängstlich im schwachen Licht der Kabine die dunklen Umrisse und düsteren Gesichter der anderen an, während sich bei jedem unter Tragegestell und Feldjacke die Brust hob und senkte. Dann starteten die Motoren der Flugzeuge - hauptsächlich Dakotas - und füllten die Luft mit Abgasen und
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