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Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)

Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)

Titel: Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
Autoren: Peter Wagner , Walter von Lucadou
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kann«, sage ich, »die paranormalen Phänomene schlicht nicht genau zuordnen. Ist der Stein, der in meiner Gegenwart bei der italienischen Familie in den Soßentopf gefallen ist, nur ein rein physikalisches Phänomen? Kann ich das Ereignis wirklich allein mit der Physik erklären? Oder kann es sein, dass nicht doch auch die Psychologie eine Rolle spielt? In irgendeiner Weise hat, so scheint es zumindest, die Tochter der Familie Einfluss auf das Geschehen genommen. Sie hat, soweit man weiß, nie selbst einen Stein geworfen. Aber als sie von der Familie getrennt war, ging es ihr selbst und auch der Familie besser. Der Spuk war verschwunden.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragt die Frau am Telefon in einem skeptischen Tonfall. »Sie glauben also, dass wir mit dem Kopf Einfluss auf die Physik nehmen können?«
    »Sie verstehen, was ich meine«, stimme ich ihr zu. Noch einmal lehne ich mich im Stuhl zurück. Die Frau stellt wirklich die richtigen Fragen.
    »Gibt es denn dann gar keine Geister?«
    Und sie stellt auch die schwierigen Fragen.
    »Ein Spiritist würde diese Unterscheidung nicht vornehmen. Ein Spiritist nimmt an, dass es Geister gibt. Sie sind für ihn objektive Wesen, so wie für uns Katzen oder Hunde objektive Wesen sind.«
    »Objektive Wesen« bedeutet, dass sie wirklich existieren.
    »Ich bin dagegen der Überzeugung«, fahre ich fort, »dass Spukphänomene in der Grenzregion zwischen Psychologie und Physik geschehen. Sie geschehen nicht auf der einen oder auf der anderen Seite des Cartesischen Schnitts. Sie sind weder reine Produkte der mit Physik beschreibbaren Wirklichkeit noch reine Produkte unserer Gedanken. Sie entstehen: auf dem Schnitt.«
    Noch bevor die Frau mich mit einer weiteren Frage unterbrechen kann, füge ich an: »Wenn Sie nun wissen möchten, wie wir mit dem Kopf auf die Physik einwirken können, muss ich Ihnen leider sagen: Diese Erklärung dauert ein bisschen länger. Ich müsste Sie auf ein weiteres Gespräch vertrösten. Wäre das in Ihrem Sinne?«
    Ich habe den Eindruck, sie hätte gerne noch weiter zugehört. Das Reden über die paranormalen Phänomene scheint sie zu entspannen und vom Erlebten abzulenken.
    »Dann muss ich mich wohl noch ein bisschen gedulden«, sagt sie. »Mittlerweile interessieren mich die Randgebiete unseres Wissens mehr, als ich je gedacht hätte.«
    »Mich auch«, sage ich und muss lächeln. Dann verabschieden wir uns.
    Ich stehe eilig auf und klopfe im Flur an die Bürotür meiner Mitarbeiterin. Ich erzähle ihr von meinen Urlaubstagen in Frankreich, wir plaudern über den warmen Herbst in Freiburg und gehen schließlich gemeinsam und im Schnelldurchlauf die Telefonanrufe durch, die in meiner Abwesenheit bei ihr eingegangen sind. Wir sichten die anstehenden Interviews und Vorträge und sprechen ab, welche Manuskripte zur Veröffentlichung in wissenschaftlichen Fachzeitschriften vorbereitet werden müssen. Während wir die Artikel durchgehen, schweifen meine Gedanken immer wieder ab. In der Tat geht es in vielen meiner Veröffentlichungen um den Cartesischen Schnitt. Mein ganzes Leben scheint, rückblickend betrachtet, mit der Frage zu tun zu haben, wie Psyche und Physik zusammenhängen.

3. Kapitel:
    Alles wissen – alles verstehen – alles können
    Ich wuchs im Schwarzwald auf. Mein Vater war Allgemeinarzt, Internist und Röntgenologe, meine Mutter Hausfrau; meine vier Geschwister und ich studierten alle nach dem Abitur Naturwissenschaften. Meine frühe Kindheit verbrachte ich in einer umgebauten Mühle am Eingang zur Rötenbachschlucht. Wir hatten hinter dem Haus eine Kuh mit Kalb, ein Schwein, Hasen und Hühner, und es gab natürlich auch Füchse, die einige der Hühner erbeuteten.
    Wir waren die meiste Zeit in der freien Natur, und im Sommer halfen wir gern meinem Großvater auf seinem Bauernhof in Ichenheim. Bis zum Abitur habe ich in den Ferien bei ihm Tabak geerntet, Kühe versorgt, gemolken, Heu gemacht und viel über die Landwirtschaft gelernt.
    Zu Hause war es nicht anders: Alle mussten alles können und mitanpacken. Natürlich war es uns Kindern damals oft lästig, wenn wir von der Mutter immer wieder aufgespürt und an den Herd oder ans Bügeleisen gerufen wurden. Dafür kann ich heute putzen, backen, kochen, bügeln. Meine Eltern hielten nichts von geschlechtsspezifischer Aufgabenteilung – von wegen: Jungs in den Garten, Mädchen in die Küche. Jeder sollte alles können. Jeder sollte, das war das Wichtigste, alles verstehen. Wenn ich
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