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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby
Autoren: Vern Sneider
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und reißen Dämme ein! Warum lassen Sie das nicht die
Polizei machen? Wofür ist die denn da?“
    „Aber, Herr Oberst, die Polizei
schleicht sich lieber heimlich zum Rollfeld und guckt beim Landen der Flugzeuge
zu.“
    „Es interessiert mich überhaupt nicht,
was sie lieber tut!“
    Mitten in dieser stürmischen
Unterhaltung zog Sakini Fisby am Arm und machte dabei ein völlig verzweifeltes
Gesicht: „Chef, nun ist Herr Motomura fort und hat die Geschenke hiergelassen.“
    Fisby hörte nicht auf ihn, sondern
‘winkte nur ab. Ihn beschäftigten jetzt allein die beiden Fragen seines
Vorgesetzten: „Haben Sie denn überhaupt keine Kontrolle mehr über Ihr Dorf?“
und „Wofür, zum Teufel, glauben Sie, daß Sie eigentlich da draußen sind?“ Offen
gestanden — Fisby wußte es auch nicht.
    „Wenn Sie den Plan B beherrschen
würden“, fuhr Oberst Purdy fort, „so wüßten Sie genau, wie Sie in einem solchen
Fall mit der Polizei zu verfahren hätten.“
    „Ich habe mich ja genau nach dem Plan
B gerichtet, Herr Oberst“, antwortete Fisby rasch. „Ich habe die ganze Bande
ins Gefängnis gesteckt. Die Sache hatte nur den einen Haken, daß ihnen das
Essen zu gut geschmeckt hat und daß sie froh waren, den ganzen Tag über
schlafen zu können. — Und ehe ich mich’s versah, wollte jeder Dorfbewohner
eingesperrt werden, sogar der Bürgermeister. Und so mußte ich die Polizisten
alle wieder freilassen und das Gefängnis schließen. Aber wissen Sie, Herr
Oberst, es würde sich bestimmt bezahlt machen, wenn man die Leute gleichsam zur
Belohnung hinter Schloß und Riegel brächte.“
    „Zur Belohnung hinter Schloß und
Riegel?“ Oberst Purdy verschlug es beinahe die Stimme. „Wollen Sie einen anständigen
Menschen mit einem solchen Makel behaften? Möchten Sie, daß die Leute mit den
Fingern auf ihn zeigen: ,Seht mal den, das ist ein Strafgefangener’?“
    Fisby wand sich vor Verlegenheit. „So
habe ich es ja auch nicht gemeint. Ich wollte damit nur sagen, daß sie den
stillen Ort sehr zu schätzen scheinen.“
    „Und Sie merken gar nicht, was das
bedeutet, Fisby? Sie merken gar nicht, worauf das schließen läßt?“
    „Nein, Herr Oberst.“
    „Nun, es läßt darauf schließen, daß
Sie mit Ihrer Umerziehung völligen Schiffbruch erlitten haben. Sie haben dem
Volk nicht den Geist der Demokratie einzuimpfen vermocht. Statt vierundzwanzig
Stunden am Tage zu arbeiten, wie es nötig wäre, damit endlich wieder Ordnung
geschafft wird, wollen die nun am liebsten den ganzen Tag im Gefängnis vor sich
hin dösen.“ Und in beißendem Tone fügte der Oberst hinzu: „Ich kann wirklich
nicht behaupten, daß ich mit Ihrer Arbeit zufrieden bin, Fisby. Nein, ich bin
es ganz und gar nicht!“
    Fisby, der schon ein dickes
„Unbefriedigend“ in seiner Personalakte stehen sah, wischte sich verzweifelt
den Schweiß von der Stirn. „Ja, aber — es geht leider nicht immer so, wie es
gehen sollte, Herr Oberst.“
    „Dann sorgen Sie gefälligst dafür, daß
es endlich klappt!“ rief der Oberst. „Wissen Sie, was Major Enright alles in
seinem Dorfe erreicht hat? Da kann die vierte Klasse bereits das Alphabet bis
M, und die sechste singt schon ,Auld Lang Syne’ auf englisch. Ist das nicht ein
hübscher Erfolg?“
    Fisby mußte es zugeben.
    „Also hören Sie, Fisby“, schnarrte der
Oberst. „Ich wünsche, daß Sie mit Ihrem Schulbau schleunigst fertig werden und
mit dem Unterricht so schnell wie möglich anfangen. Ich verlange, daß Sie den
Plan B haargenau ausführen und den Leuten dort den Geist der Demokratie
beibringen! Verstanden?“
    „Ja, Herr Oberst.“
    „So, und jetzt stehen Sie auf von
Ihrem Stuhl!“ Captain Fisby sprang gehorsam auf und wollte gerade Haltung
annehmen, aber dann besann er sich eben noch zur rechten Zeit. „Zu Befehl, Herr
Oberst.“
    Doch der Oberst hatte bereits eingehängt.
Fisby ließ sich erleichtert auf seinen Stuhl zurückfallen; sich an Purdys Worte
erinnernd, erhob er sich jedoch gleich wieder. Er zog die Bambusjalousie hoch
und blickte, an den Schreibtisch gelehnt, aus dem winzigen Fenster. Vor seinen
Augen lag das in brütender Julihitze dahindämmernde Dorf. Etwas weiter unten,
auf der engen, von Bambusstauden umsäumten Hauptstraße, knabberte eine Ziege
lustlos an dem halbverfallenen Strohdach einer Flütte aus Lehm und Schilf, ohne
daß die Japaner, die auf der verwitterten Treppe saßen und dort ihren Tee
tranken, sie etwa verjagten. Liier und dort wälzte sich ein Schwein,
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