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Die Geisel

Titel: Die Geisel
Autoren: Michael Katz Krefeld
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waren. Sie nahm ein paar Gestalten zwischen den schlanken Bäumen wahr.
    »Los jetzt!«, rief Skouboe.
    Die Gestalten traten vor. Drei, vier Personen, vielleicht auch mehr.
    Sie drehte sich rasch zu Timmie um. Er lag reglos auf dem Deck. Sie mussten vom Schiff herunter. Mussten versuchen, sich irgendwo im Wald zu verstecken. Die Männer kamen näher. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und schaute aufs Display. Immer noch kein Netzempfang. Sie musste irgendwie die Hauptstraße erreichen, doch wusste sie nicht, wie sie an Skouboe und seinen Männern vorbeikommen sollte. Es gab nur noch einen Ausweg.
    Sie nahm die Öllampe und schraubte die Kappe zur Ölkammer ab. Dann warf sie die schwere Lampe in hohem Bogen über die Reling. Die Lampe flog krachend gegen einen Baum und explodierte wie ein Molotowcocktail. Die Hitze des Sommers hatte den ausgetrockneten Wald in ein Pulverfass verwandelt. Die leichte Brise fachte die Flammen schnell an, die auf die umstehenden Bäume übergriffen. Die Männer standen unschlüssig auf der Lichtung, als fürchteten sie, den Schutz der Dunkelheit verloren zu haben. Sie musste das Feuer vergrößern, ehe die Männer sich besannen, musste eine Feuerwand errichten, um mit Timmie fliehen und Hilfe holen zu können.
    Sie lief in die Kombüse und holte den Reservekanister. Als sie wiederkam, sah sie, dass die Männer näher kamen. Sie schraubte den Deckel ab und warf den Kanister mitten ins Feuer. Er explodierte in einem Flammenmeer, das von der Lichtung Besitz ergriff und im nächsten Moment das Heck des Schiffes erreichte. Maja spürte die Hitze. Sie mussten das Schiff jetzt verlassen, ehe es in Flammen stand. Vorsichtig nahm sie Timmie auf den Arm. Zum ersten Mal schaute er sie an. Die brennenden Bäume spiegelten sich in seinen verwirrten Augen.
    »Alles okay, Timmie«, flüsterte sie und drückte ihn an sich. Auf der Seite, die der Lichtung abgewandt war, rutschte sie vorsichtig vom Deck herunter und schaute sich um. Sie waren allein. Doch wenn sie den Männern wirklich entkommen wollten, musste sie auf die Flammen zu gehen. Musste sich an der Kante des Feuermeers entlangbewegen. Falls der Wind nur ein wenig drehte, würden sie selbst den Flammen zum Opfer fallen.
    Sie hastete los. Die Hitze war unerträglich. Timmie schluchzte, und sie versuchte ihn zu beruhigen. »Wir sind bald in Sicherheit.«
    Auf der anderen Seite des Flammenmeers lag die Lichtung. Durch das verzehrende Feuer hindurch konnte sie Skouboe und seine Männer sehen, die vergeblich versuchten, die Feuerwand zu durchdringen.
    Die Flammen leckten an ihren Beinen. Sie riss mit einer Hand ihr Kleid nach oben. Als wäre das Feuer ihr und Timmie auf den Fersen und würde sie durch das dichte Gestrüpp jagen. Die brennenden Büsche stießen ein heiseres Fauchen aus, während die harzhaltigen Bäume ein explosives Knattern von sich gaben.
    Maja erreichte den Waldrand und blickte über die verdorrten Felder, die vom brennenden Wald in ein rotes Licht getaucht wurden. Sie lief quer über die trockene Erde, bis sie erschöpft in eine Ackerfurche trat und stürzte. Timmie schaute sie erschrocken an. Sie lächelte tapfer, um ihn zu beruhigen, war jedoch mit ihren Kräften völlig am Ende.
    Maja drehte sich um und schaute in Richtung Wald, der in Flammen stand. Skouboes Leute waren ihnen nicht gefolgt. Vermutlich hatten die Flammen sie in Schach gehalten. Sie nahm ihr Handy und rief die Notrufzentrale an. In diesem Moment hörte sie in der Ferne das Heulen von Sirenen und dachte, dass der Brand bereits von anderen entdeckt worden war.
    »Es ist alles in Ordnung, Timmie, wir sind gerettet«, sagte sie und drückte ihn an sich.
    Auf der Landstraße entfernten sich mehrere Autos in rasender Geschwindigkeit. Sie flüchteten offenbar zurück ins Dunkel. Skouboes Jaguar erkannte sie nicht darunter und fragte sich, ob sie ihn womöglich zurückgelassen hatten.
     

54
    Maja wurde von den Ärzten der Notaufnahme versorgt. Sie war glimpflich davongekommen. Im Nebenraum wurde Timmie behandelt. Sie wusste, dass sein körperlicher Zustand stabil war und er überleben würde. Dennoch machte sie sich natürlich Sorgen, welche psychischen Schäden er zurückbehalten würde.
    Ihre Kopfwunde war mit achtzehn Stichen genäht worden. Vor lauter Erschöpfung hatte sie nichts davon gespürt. Sie war allzu erschöpft gewesen. Die Gehirnerschütterung, die sie sich zugezogen hatte, bereitete ihr Übelkeit. Sie hatte sich übergeben müssen und zielsicher die
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