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Die Geisel

Titel: Die Geisel
Autoren: Michael Katz Krefeld
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nicht gewesen, der diese Situation heraufbeschworen hat. Was meinst du, wie es mir dabei geht?«
    Sie entgegnete nichts.
    »Ich habe versucht, dir zu helfen, und sieh nur, wozu du mich zwingst. Gegen dich und gegen Timmie. Ich habe auch Verpflichtungen den anderen gegenüber.« Er machte eine seitliche Kopfbewegung über die Reling hinweg. Doch sie war zu benommen, um ihren Kopf zu drehen und nachzusehen, wer dort neben dem Boot stand.
    »Du hast Timmie das Leben gerettet, und jetzt müssen wir ihn töten. Wie unnötig, Maja, wie furchtbar unnötig.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Immer die hoffnungslosen Fälle.«
    »Du rührst ihn nicht an!«, sagte Maja und kroch schützend vor den Jungen.
    Skoeboe breitete die Arme aus. »Nichts wäre mir lieber, glaub mir. Sieh ihn nur an. Schau, wie perfekt er ist. So hell und klein. Timmie war immer ein guter Junge. Folgsam und trotzdem charakterfest. So wie nur die Besten sind. Er wird für unseren kleinen Kreis ein großer Verlust sein.«
    »Dann lass ihn in Frieden.« Maja warf ihm einen flehentlichen Blick zu.
    »Tut mir leid, aber Timmie hat zu viele Gesichter gesehen … Es geht einfach nicht.«
    Er wog das Holzstück in seiner Hand. Sie musste Zeit gewinnen. Die Sehkraft ihres rechten Auges kehrte zurück. Allmählich konnte sie wieder die Entfernungen abschätzen. Skouboe stand zu weit entfernt, als dass sie seinen Kopf hätte treffen können. Er musste noch näher an sie herankommen. Sie brauchte etwas, womit sie sich verteidigen konnte. Sie spähte zur Lampe. Auch sie stand zu weit weg. Er würde sie treffen, ehe sie die Lampe erreichte. Er trat einen Schritt vor. Sie musste etwas sagen, ihn aufhalten, sonst …
    »Ist das dein Boot?«
    Er hielt inne. »Gott bewahre. Du weißt doch, dass ich ein Swan -Boot habe.«
    »Wem gehört es dann?«
    »J.P. Nielsen, dem ehemaligen Leiter des Kinderheims. Er hat es fast umsonst bekommen. Hat es über die Hauptstraße hierher transportiert. Damals waren in Richtung Süden noch keine Bäume gepflanzt. Er hat die Jungen des Kinderheims dazu gebracht, das Boot für ihn instand zu setzen. Nachts diente es natürlich anderen Zwecken.«
    Skouboe räusperte sich. »Manchmal standen die Autos hier Schlange, um die zu besuchen, die sich an Bord befanden.«
    Aus dem Augenwinkel heraus erblickte sie das Skalpell, das halb unter seinem Fuß lag. Es musste bei ihrem Sturz aus der Tasche gerutscht sein.
    »Bist du auch Søren hier begegnet?«
    Skouboe schüttelte irritiert den Kopf. »Das ist doch vollkommen gleichgültig. Es gab Jungen genug.«
    »Und die hast du dann gefickt?«
    Skouboe sah ein wenig beleidigt aus. »Ich erwarte nicht, dass du so etwas verstehst. Es kümmert mich auch nicht.«
    »Hast du auch Søren gefickt?« Sie setzte sich auf und schaute ihn herausfordernd an. »Hast du das Monster geschaffen?« Er antwortete nicht. Hielt den Balken nah an ihren Kopf, als überlegte er, wo genau er den Schlag ansetzen sollte. »Was werden Alice und die Mädchen dazu sagen?«
    Sein Blick flackerte.
    »Oder die Leute im Jachtklub, in der Ärztekammer, die Nachbarn … Was werden sie alle dazu sagen, dass du kleine Jungs vergewaltigst?« Sie schnaubte höhnisch. »Du bist am Ende, du Schwein!«
    »Soso, kleine Maja.« Er holte aus und hielt den Balken hoch über seinen Kopf. Das Skalpell wippte unter seiner Schuhsohle, als er das Gewicht auf den anderen Fuß verlagerte. Auf diesen Augenblick hatte sie gewartet. Blitzschnell warf sie sich nach vorn und riss das Skalpell an sich. Skouboe schaute überrascht nach unten. Im selben Moment rammte sie ihm das Skalpell in die Leiste. Skouboe ließ den Balken fallen und wankte stöhnend zurück. Er schnappte nach Luft. Das Blut spritzte über seinen Oberschenkel, während er versuchte, seine Hand auf die Wunde zu pressen. »Du … Du …«
    Sie kroch zu Timmie.
    Skouboe verlor das Gleichgewicht und stürzte rücklings über die Kante. Sie hörte, wie er dumpf auf dem Boden aufschlug. Maja rappelte sich auf und lief zur Reling. Skouboe lag unten und stöhnte vor Schmerz. Entschlossen packte er das Skalpell und zog es sich aus der Leiste. Blut spritzte auf seine Hand, sein Hosenbein war bereits durchtränkt. Es sah ernst aus. Er schleuderte das Skalpell weg und presste die Hände auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen.
    Skouboe wandte den Kopf der kleinen Lichtung zu. »Schnappt sie euch doch endlich, verdammt!«
    Maja blickte über die Reling. Im Dunkeln konnte sie nicht erkennen, wie viele es
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