Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel
Autoren: G. M. Ford
Vom Netzwerk:
hätten. Westerman hatte sich das Schienbein gebrochen, als sie von der Straße gesprungen war. Martini hatte den Seitenspiegel des Wohnmobils ins Gesicht bekommen, er hatte ihm den Unterkiefer gebrochen und eine blutige Kerbe quer über die Stirn gepflügt. Sie hatten sich einen Krankenwagen geteilt, so wie einige der leicht verletzten FBI-Agenten, die sich mit dem Auto überschlagen hatten.
    Melanie und Marty waren getrennt transportiert worden. Beide zum Flughafen in Caldwell, wo ein Rettungshubschrauber sie erwartete, der sie nach L.A. zurückfliegen sollte.
    Als die beiden riesigen Abschleppwagen Rays Mülllaster erfolgreich wieder auf die Räder gestellt hatten, hätte das, was von Driver noch übrig war, eigentlich alles Mögliche sein können … Ein Hirsch … Ein Hund … Irgendetwas aus Fleisch. Driver und die zusammengedrückten Überreste des Führerhauses fuhren auf einem Tieflader zu Tal, bestimmt für das Kriminallabor in Glendora, wo hoch qualifiziertes Personal nach Herzenslust an ihm herumstochern und -kratzen konnte.
    Rosen hatte sich geweigert abzufahren, bevor nicht jeder seiner Agenten gefunden und angemessen medizinisch versorgt war. Zwei Spritzen Novocain und achtzehn Stiche hatten seine Lippe wieder zusammengeflickt.
    Corso saß auf dem Trittbrett von Kennys Geländewagen, der interessanterweise als einziges Auto noch fahrtüchtig gewesen war, als die Schlacht vorbei war.
    »Ich kapier nicht, warum du so mies drauf bist, Ray-Ray. Das war wie Rambo, Mann«, sagte Kenny gerade. »Dieser Verbrechertyp kommt einfach her und macht alle fertig. Und du …« Er rüttelte mit seiner großen Hand an der Schulter seines Freundes. »… du hast seiner Terrorherrschaft ganz allein ein Ende gemacht.«
    Ray Lofton schien Zweifel zu haben. »Ich hab ihn gesehen, Kenny. Er hatte irgend 'n Gewehr in der einen Hand. Und einen Fuß schon aus der Tür.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hab noch nie – weißt du – jemanden verletzt … Du weißt schon, was ich meine. Ich hätte nie gedacht …« Ray begann zu schluchzen. Kenny nahm ihn in die Arme.
    Rosen schlenderte zu Corso hinüber. »Ich habe ein Auto«, sagte er. »Wollen Sie nach L.A.?« Corso dachte nach. Wäre er nicht so müde gewesen, hätte er gelacht. Was für eine verrückte Woche. Eine Spur aus Leichen von Arizona nach Kalifornien, die unzählige Leben für immer verändert hatte. Landesweite Berichterstattung. Mord, Körperverletzung, Kidnapping, was man sich nur denken konnte … Und irgendwie lief es alles auf dieselbe alte Frage hinaus. Ob es stimmte, was alle behaupteten. Ob man Siege nur genießen und Niederlagen nur betrauern konnte, wenn man jemanden hatte, mit dem man es teilen konnte. Ob, wie es in dem alten Song hieß: in the end the love you get is equal to the love you give .
    Oder ob, wie er gern dachte, eine gewisse Würde nur in der Einsamkeit zu finden war. Ob ernsthaftes Nachdenken nicht Schweigen voraussetzte und die einzig wahren Freuden die waren, die man sich selbst bereitete. Je älter er wurde, umso anomaler wurde er, statistisch gesehen. Für ihn … waren die besten Momente seines Lebens die stillen, zum Beispiel wenn man allein im kühlen Gras saß.
    »Und?«, fragte Rosen.
    »Seattle«, sagte er nach einer Minute des Zögerns. »Ich hab da ein Boot, um das ich mich kümmern muss.«

58
    »Es war schrecklich«, sagte Heidi. »Dieser Harry Gibbs hat meinen Papa direkt auf unserer Veranda erschossen. Ist einfach auf ihn zugegangen und hat ihm in den Kopf geschossen.« Tränen quollen aus ihren großen blauen Augen. »Er hat mich weggeschleppt und vergewaltigt, immer wieder. Tag und Nacht ist er über mich hergefallen, wie so ein Tier.« Sie machte eine Pause, um sich zu sammeln. »Hat mich eingesperrt. Hat mich die ganze Zeit an sich gefesselt gelassen. Ich hatte nichts mit dem ganzen Töten zu tun. Das war alles Harry. Wenn ich versucht hätte, ihn aufzuhalten, er hätte mich bestimmt auch umgebracht.« Sie zeigte nach hinten, wo eine ganze Reihe Polizisten an der Wand stand. »Ich verstehe einfach nicht, warum die Polizei mir nicht glaubt. Warum die denken, ich müsste …«
    Ihr Vortrag wurde unterbrochen, als die Tür direkt hinter ihrem Stuhl aufging und eine große blonde Frau mittleren Alters den Raum betrat. Sie warf ihre Aktentasche auf den Tisch, beugte sich dann vor und flüsterte Heidi etwas ins Ohr. Heidi nickte.
    Die Frau betrachtete mit leicht angewiderter Miene die versammelten Medienvertreter. »Ich bin
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher