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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer
Autoren: Sven Elvestad
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war. Zwei Minuten vergingen, ohne daß etwas geschah.
    Da hörte der Detektiv plötzlich ein unterdrücktes Hohnlachen ganz dicht an seinem Ohr. Er zuckte zusammen.
    »Was tun Sie denn so spät nachts draußen, Herr Doktor?« vernahm er darauf die spöttische Stimme des Pflegesohnes aus dem Dunkel.
    Aber sobald Krag wußte, wer der Unbekannte war, hatte er auch all seine Kaltblütigkeit und Geistesgegenwart zurückgewonnen.
    »Diese Frage werden Sie sich wohl von selbst beantworten können«, sagte er. Bengt ging an dem Detektiv vorüber zu
    der offenen Tür. Krag bemerkte, daß er noch immer seinen Jagdanzug trug. Er war also noch gar nicht im Bett gewesen. Über seiner Schulter hing eine Tasche an einem Lederriemen. Unter dem Arm hielt er ein Gewehr.
    »So spät auf die Jagd?« fragte Krag.
    Aber Bengt antwortete nicht. Er stand an der Tür und betrachtete ihn voller Hohn.
    »Sie sind mir noch die Antwort auf meine Frage schuldig«, sagte er. »Was tun Sie so spät draußen, Herr Doktor? Es ist doch wohl nicht der Pavillon, der Sie gelockt hat?«
    Asbjörn Krag ergriff diesen Anhaltspunkt mit Freude.
    »Allerdings ist es der Pavillon«, antwortete er. »Ich glaube nämlich wirklich noch immer, daß es ein lebendiges Geschöpf war, das auf Ihren Vater schießen wollte. Und als ich zu Bett gehen wollte, fiel mir ein, daß vielleicht doch noch irgendwo in den Grundmauern des Pavillons ein heimliches Versteck vorhanden sein könnte. Die wurden ja von den Arbeitern nicht aufgerissen.«
    »Aber war es denn durchaus nötig, diese Tür aus den Angeln zu heben, um dorthin zu gelangen?«
    »Ich hatte keine Schlüssel. Im übrigen ist es für mich eine Kleinigkeit, eine verschlossene Tür auf diese Weise zu öffnen.«
    »Sie benehmen sich wie ein Einbrecher, Herr Doktor.«
    »Oder wie ein Detektiv«, antwortete Krag und lachte laut.
    Bengt biß die Lippen fest zusammen, begann an dem Gewehr zu fingern und wiegte es bedeutsam auf dem Arm.
    »Wenn man einen Mann in einer dunklen Nacht auf diese Manier die Türen erbrechen sieht«, sagte er, »so muß man unbedingt annehmen, er sei ein Verbrecher. Es fehlte nicht viel, und ich hätte von meiner Waffe Gebrauch gemacht.«
    »Ich habe schon öfter vor einem Flintenlauf gestanden.«
    »Nun ja, ich sage es Ihnen nur, damit Sie für die Zukunft vorsichtiger sind.«
    Da lachte Krag wieder.
    »Das nächste Mal, meinen Sie, würde ich Ihrer Kugel nicht entgehen?«
    »Sie sollten auf einen guten Rat hören, meine ich. Wollen Sie nun wohl auch die Güte haben, den Hund wieder frei zu lassen? Gute Nacht.«
    Bengt warf die Büchse über die Schulter und schritt dem Walde zu. Der festgefrorene Schnee knirschte unter seinen Füßen.
    Krag kehrte in sein Zimmer zurück.
    Der Arzt erwartete ihn voller Spannung.
    »Ich hörte Stimmen. Mit wem sprachst du?«
    »Mit Bengt.«
    »Ging er aus?«
    Krag nickte.
    »Wohin?«
    Der Detektiv zeigte nach dem Walde, der wie ein aufgeregtes schwarzes Meer zum Hof herüberwogte.
    »Hast du etwas entdeckt?«
    »Ja.«
    »Etwas Wichtiges?«
    »Ja.«
    »Tat ich recht, dich mit hierher zu nehmen?«
    »Ich bin dir sehr dankbar dafür.« »So sind es also nicht nur Halluzinationen bei dem alten Herrn?« »Absolut nicht.«
    Krag war vollkommen ruhig. Niemand hätte es ihm anmerken können, daß er soeben eine starke Spannung durchlebt hatte. Er stand mit dem Rücken am Kamin und wärmte sich die Hände.
    »Man plant hier ein scheußliches Verbrechen«, sagte er. »Und Gott weiß, ob wir seine Ausführung noch verhindern können.«
    Bei diesen Worten erhob sich der Arzt und starrte den Detektiv mit entsetzten Augen an.
    »Wer ist denn der Verbrecher?«
    »Das weiß ich noch nicht, werde es aber wohl im Laufe des morgigen Tages in Erfahrung bringen. Im übrigen können wir augenblicklich nichts anderes tun, alter Feldscher, als es mit Ruhe zu tragen. Laß den Hund hinaus und kuriere mir meine Hände ein wenig.«
    Lächelnd reichte ihm der Detektiv die Hände hin. Mehrere Finger bluteten.
    *
    Als der Arzt am nächsten Morgen gegen neun Uhr erwachte, kam Asbjörn Krag schon von einem Spaziergang zurück. Der Detektiv scherzte und lachte und war bei strahlender Laune.
    »Welch herrliches Winterwetter«, rief er aus, »und welch großartige Landschaft.«
    Der Arzt sprang rasch aus dem Bett.
    »Du bist ja heute bei so guter Stimmung«, sagte er. »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles in bester Ordnung. Der alte Herr hat sich von den Geschehnissen des gestrigen Tages erholt und
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