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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer
Autoren: Sven Elvestad
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dieses Verbrechen wollte er sühnen, indem er dessen Sohn Bengt adoptierte. Weder Bengt noch Jim hatten in all diesen Jahren eine Ahnung von der Tat des Alten, bis Bengt plötzlich vor etwa einem Vierteljahr durch einen Zufall die ganze Wahrheit erfuhr. Und damit war der alte Herr verloren, denn er verfiel dadurch der Grausamkeit zweier Verbrecher von der verschlagensten Art, die mir je während meiner ganzen Tätigkeit begegnet ist.
    Als Bengt das Geheimnis erfuhr, schrieb er an seinen Bruder, der sich wohl zur Zeit wie gewöhnlich in irgendeiner Spielhölle aufhielt. Und nun klügelten sie einen Plan aus, um den alten Herrn zu Tode zu peinigen und sich dann in den Besitz seiner Reichtümer zu setzen. Aber sie mußten sich beeilen, denn die Heirat mit Frau Hjelm stand ja vor der Tür. Und sie ersannen ein teuflisches Verfahren.
    Aakerholm selbst hatte keine Ahnung davon, daß sie sein Geheimnis kannten. Als er eines Tages im Park spazieren ging, sah er plötzlich zu seinem Entsetzen seinen alten Gefährten Charter leibhaftig vor sich, den er doch vor vielen Jahren in Kalifornien erschossen hatte. Du erinnerst dich wohl, wie er damals totenbleich, von Grauen gepackt, bis ins Innerste aufgewühlt, krank und elend nach Hause kam und murmelte: »Ist es der Teufel selbst oder ein Mensch?«
    Der Arzt nickte.
    »Ich erinnere mich«, sagte er. »Weiter.«
    »Jim Charter sah seinem Vater zum Verwechseln ähnlich«, fuhr der Detektiv fort. »Die gleiche muskulöse Kraft, der gleiche rote Bart und Haarwuchs. ›Mein Äußeres ist viel Geld wert‹, sagte er einst zu Frau Hjelm. Es ist ja vollkommen klar, was er damit meinte. Um die Täuschung voll zu machen, hat er sich als Goldgräber verkleidet.«
    »Dazu also das Arsenal im Lusthause«, sagte der Arzt.
    »Ganz recht, Der alte Herr wurde nun von einem Schrecken in den anderen gehetzt.
    Auf der Rückseite des großen Spiegels im Wohnzimmer kratzten sie ein Viereck aus, und darin gewahrte Aakerholm eines Abends eine drohende Inschrift. Ich vermute, daß da etwas stand wie ›Mörder‹ oder dergleichen. In seinem Schrecken und Grauen zerschmetterte er den Spiegel.
    An dem Abend unserer Ankunft hatte er den Goldgräber wieder gesehen, eine Pistole in der Hand, scheinbar auf ihn zielend. In Wahrheit schoß er in die Luft und verbarg sich dann rasch in dem Pavillon, aus dem ihm Bengt dann heraushalf, indem er ihn über den Schnee trug.
    Als wir abends gemütlich beisammen saßen, erhielt Aakerholm einen geheimen Wink, die und die Seite in dem auf dem Schreibtisch liegenden Buch zu lesen. Er blätterte darin, bis er auf Seite 248 die folgenden Worte fand:
    »Da hast du's ... du Teufel!«
    Als Bengt und ich eine halbe Stunde später zum Klub fuhren, ging er aus, um Frau Hjelm zu besuchen. Da sollte er wieder jenen unheimlichen Menschen sehen, dieses Mal in der Allee. Und was weiter geschah, das weißt du.«
    »Ja«, sagte der Arzt, »das alles ist ja völlig klar, aber ich weiß noch immer nicht, was das Geheimnis mit den drei Zimmern bedeutet.«
    Der Detektiv lachte.
    »Ich glaubte, du ahntest es jetzt«, sagte er. »Nun wohl, so will ich dir wieder auf den Weg helfen. Du kannst dir wohl denken, daß auch Bengt, als er noch nichts Böses ahnte, darüber nachgedacht hat, warum der alte Herr sich so merkwürdig Benahm und sich ängstlich in seine Zimmer verschloß, sobald er sich zu Bett legte. Endlich fand er ein Mittel, der Ursache hierfür nachzugehen. In aller Stille erbrach er den Fußboden – es war ein Doppelboden – in dem leeren Zimmer über Aakerholms Schlafzimmer und legte das Ohr daran, so daß er durch einen Spalt in den
    Brettern alles sehen und hören konnte, was unter ihm vorging. Und so geschah es, daß er das ganze Geheimnis entdeckte.
    Du schweigst, Doktor? Du kannst es dir noch immer nicht erklären? So muß ich dir wohl alles sagen. Der redliche Aakerholm hat seine Missetat nie verwinden können, sein ganzes Denken kreiste beständig um das in Kalifornien begangene Verbrechen, was nicht zum mindesten die Folge davon war, daß er tagtäglich den Sohn des Ermordeten vor sich sah. Schließlich hatte sich dieses Ereignis vollkommen in seine Phantasie eingefressen, es trieb ihn in die Einsamkeit, beherrschte ihn bei Tag und Nacht, ließ ihn nicht einmal ruhig schlafen. Besonders ein Moment konnte er nicht vergessen: als er dem alten Charter die Kugel durch den Kopf gejagt, hatte er ihm zugerufen:
    ›Da hast du's ... du Teufel!‹
    Wir Kriminalisten kennen viele
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