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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer
Autoren: Sven Elvestad
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begeben. Ich tue es jedenfalls. Und du weißt ja, ich bin dein einziger wahrer Freund, der dir stets nur Gutes rät.«
    Er tat, als sei er vollkommen ruhig. Aber das stimmte so wenig mit seiner tatsächlichen Gemütsverfassung überein, daß er im nächsten Augenblick beim Verlassen des Zimmers die Wände erzittern machte, indem er die Tür mit einem heftigen Knall ins Schloß warf. Bald darauf sagte auch der alte Herr gute Nacht. Als er gegangen war, bemerkte der Arzt:
    »Nun begibt er sich in seine drei Zimmer, in die niemand ihm folgen darf. Was hältst du von der Sache?«
    Der Detektiv antwortete:
    »Ich glaube, er ist gerichtet. Du brachtest mich an einen merkwürdigen Ort und zu merkwürdigen Leuten.«
    Ein Diener führte die beiden Herren nach den Fremdenzimmern im zweiten Stock. Der Arzt warf sich sofort erschöpft und müde aufs Bett. Asbjörn Krag aber war frischer und elastischer als je.
    »Du bist doch wohl hier auf dem Gut vollkommen zu Hause?« fragte er. »Kann man von hier aus die Zimmer des alten Herrn sehen?«
    Der Arzt erhob sich und trat an das Fenster.
    »Sieh da«, sagte er und wies hinaus. »Siehst du die Fenster, die den Flügel des ersten Stocks dort abschließen? Das sind seine drei Zimmer.« Das letzte Fenster war erleuchtet.
    Plötzlich erlosch das Licht.
    »Nun geht Aakerholm zu Bett«, meinte Krag. Darauf wandte er sich an den Arzt. »Du mußt unbedingt noch etwas erledigen, ehe du dich zur Ruhe begibst«, sagte er.
    »Mit Vergnügen, sofern ich es kann.«
    »Du mußt den Hund heraufholen.«
    Krag zeigte auf den Hof hinunter, wo ein kohlschwarzer Schatten im Dunkeln hin und her lief.
    »Warum?«
    »Es ist durchaus notwendig.« Der Arzt ging.
    Einige Minuten später vernahm Krag vom Hof unten leises Murren. Dann war alles still. Nach einem kleinen Weilchen kam Doktor Rasch mit dem munter daherspringenden Hunde zurück. Dieser hatte den Arzt als Freund des Hauses erkannt.
    Krag wartete noch eine halbe Stunde. Nun lagen all die vielen Fenster des Hauses in tiefem Dunkel.
    Der Detektiv stockte sich einen Revolver ein und schlich hinaus in die Nacht. Er ging die Treppen hinunter, hob eine Tür aus den Angeln, rasch und gewandt wie ein Einbrecher, und befand sich im Freien. In vollen Zügen sog er die kalte Luft ein. Kein Wind regte sich. Die Kälte schnitt ihm in die Ohren. Und sie umklammerte das alte Haus, daß es hier und da in den Fugen krachte.
    Asbjörn Krag segnete die Dunkelheit. Er schlich vorsichtig an der Mauer entlang, bis er unter den drei Zimmern stand. Der Detektiv bemerkte, daß die Räume darunter als Vorratskammern dienten und vollgepropft waren mit Kisten und Paketen. Über den Zimmern des alten Herrn lagen unbewohnte Räume. Eine systematisch herbeigeführte Einsamkeit, dachte Krag. Er stand ein paar Minuten und lauschte. Aber kein Laut erreichte sein Ohr. Längs der einen Ecke des Flügels lief ein eisernes Rohr vom Dach herab. Krag versuchte es zu erklettern, doch es gelang ihm nicht, er glitt wieder herunter. Da faßte er es nochmals, und mit übermenschlicher Anstrengung erreichte er schließlich die Höhe des oberen Fensterrahmens vom ersten Stock.
    Da vernahm er plötzlich einen entfernten Ruf oder vielmehr einen dumpfen Schrei. Es klang, als käme er aus weiter Ferne oder aus einem Abgrund. Er klammerte sich fest an das Rohr und lauschte. Und nun wiederholte sich der Schrei. Ein Gedanke fuhr ihm durch den Sinn, der sein Herz lauter klopfen machte. Der Schrei kam aus Aakerholms Zimmer, er klang, als dränge er durch gefütterte Wände. Krag lauschte mit angehaltenem Atem, und wieder vernahm er den Ruf, aber nun klang er noch entfernter:
    »Da hast du's ... du Teufel!«
    Rasch glitt er hinunter, Hautfetzen von seinen Fingern blieben an dem Rohr oben haften. Er schlich den gleichen Weg zurück, auf dem er gekommen war, aber nun weit rascher. Er kam zu der Tür, die er aus den Angeln gehoben hatte, und setzte sie so leise wie möglich wieder an ihren Platz.
    Als er sich in sein Zimmer begeben wollte, hörte er plötzlich, daß sich jemand auf der Treppe befand.
    Ein Mensch, der vielleicht in der Türöffnung seine Silhouette auf dem weißen Schnee gesehen hatte!

III
Die Schützen.
    Asbjörn Krag trat einen Schritt zurück, so daß sein Rücken von der Wand gedeckt war. So stand er vollkommen unbeweglich. Kohlschwarze Finsternis umgab ihn. Er sah nichts als einen bläulichen Schneestreifen durch die Türöffnung schimmern. Aber er fühlte, daß ein Mensch in der Nähe
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