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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer
Autoren: Sven Elvestad
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noch zu verheiraten.«
    »Das finde ich auch«, antwortete Bengt.
    »Nun, so sollten Sie seinen Heiratsplänen doch entgegenwirken. Und das haben Sie wohl auch bereits getan?«
    Bengt zauderte ein wenig. Dann antwortete er:
    »Ich habe meinem alten Herrn natürlich meine Meinung darüber gesagt. Aber«, fuhr er in seiner drolligen, von Fremdworten gespickten Redeweise fort, »es war von meiner Seite nur eine gentlemanlike, feinfühlige Opposition.«
    Das Wort »Gentleman« wandte er besonders häufig und in verschiedenstem Zusammenhang an.
    Krag fuhr unverdrossen fort:
    »Vom rein ökonomischen Standpunkt aus wäre es wohl ein Vorteil für Sie, wenn diese Ehe nicht zustande käme. Das Erbe ...«
    Aber da erhob sich Bengt im Ernst und entfernte sich mit einer Miene, die zu sagen schien: Gott, was für ein brutaler Kerl!
    In diesem Augenblick lachte der Arzt laut auf über eine von Aakerholms Geschichten. Der alte Herr war wieder einmal auf den Prärien angelangt und tummelte sich dort unter Indianern, Büffelherden und wilden Pferden.
    »Ich lüge nicht«, beteuerte er eifrig, »ich zielte auf sein linkes Auge und traf ihn direkt in die Pupille. Und zwar auf eine Entfernung von zweihundert Fuß.«
    Asbjörn Krag näherte sich der Gruppe und fragte freundlich:
    »Verzeihung, geschah das mit einem Revolver?«
    Aber da warf der alte Herr sich laut lachend in seinen Stuhl zurück.
    »Nein, hören Sie sich den an, hören Sie sich doch nur den Grünspecht an, mit einer Büchse natürlich, Sie Narr.«
    Aakerholm hatte eine eigene, freie Ausdrucksweise, wenn er in Stimmung war, was aber Asbjörn Krag nicht im geringsten zu verletzen schien, denn er antwortete mit absichtlich schlecht verhehlter Geringschätzung: »Ach so!«
    Der alte Herr wurde immer munterer.
    »Hören Sie sich den Spatz an«, höhnte er, »wie er piepst! Haben Sie denn je in Ihrem Leben schon mal Pulver gerochen, mein bester Herr?«
    »Schießen ist meine einzige Liebhaberei«, antwortete Krag, »und ich bin wirklich ein guter Revolverschütze.«
    »Das möchte ich sehen.«
    »Ich stehe gern zur Verfügung. Wenn die Herren einen Augenblick warten wollen ...«, bat er und verließ das Zimmer.
    Gleich darauf kam er zurück, den kleinen schwarzen Kasten in der Hand. Er öffnete ihn und nahm zwei Revolver heraus, zwei achtunggebietende kleine Dinger mit goldenen Beschlägen.
    Die Stimmung des alten Herrn gegen ihn wurde milder, als er die Waffen sah. Er betrachtete sie genau und interessiert und hielt sie vorsichtig in der Hand. Es war, als fürchte er, daß sie entzweigehen könnten. Welche feine Arbeit das war!
    »Lassen Sie uns mal einen Schuß sehen«, rief er aus und reichte Krag einen von den beiden Revolvern. Den anderen behielt er selbst.
    Krag befestigte ein Stückchen Papier an
    das solide, dicke Eichenbrett des oberen Türrahmens der Verandatür.
    Darauf ging er tief in das der Tür gegenüberliegende angrenzende Zimmer hinein, zielte einen Augenblick und schoß.
    Die Kugel traf die Mitte des Papierblättchens. Es war ein prächtiger Schuß. Der alte Herr erhob sich und war nahe daran, Krag vor Bewunderung zu umarmen.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, rief er aus, »verzeihen Sie mir. Das war ein vortrefflicher Schuß. Aber nun will ich's mal versuchen.«
    Aakerholms Wangen hatten ihre frühere frische Farbe wiedergewonnen und seine Augen leuchteten. Er schnupperte an dem Pulverdampf, wie ein Tier, das Beute wittert.
    Er nahm den gleichen Abstand wie zuvor Krag und schoß.
    Auch seine Kugel traf die Mitte des Papierstückchens.
    »Ich ziehe den Hut vor Ihnen«, sagte Krag und verbeugte sich.
    Aakerholm erwiderte die Verbeugung, und die beiden Herren unterhielten sich nun eine Weile mit gegenseitigen Komplimenten.
    »Eine Spielkarte her!« rief Aakerholm plötzlich. »Rasch eine Spielkarte her.«
    Er bekam sie und befestigte sie an dem Türrahmen. Es war Pik drei. Er schoß und traf die Karte am Rande.
    Darauf gab Krag drei Schüsse rasch hintereinander ab. Der Arzt nahm die Karte herunter und es erwies sich, daß Krag alle drei Augen herausgeschossen hatte.
    Erschrocken und verblüfft betrachtete Bengt den Detektiv. Aakerholm aber warf die kleine Waffe verächtlich zu Boden.
    »Moderner Kram!« rief er aus. »Fort damit. Nein, meine Herren, nun sollen Sie mich mal mit meiner eigenen, meiner alten Pistole schießen sehen.«
    Ein eigentümlich wehmütiger Ton lag in seinen Worten. Es war, als spräche er von einem geliebten verstorbenen Kinde.
    Der
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