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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Elvestad
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es, als Sie ihn fanden?«
    »Ungefähr zehn Minuten nach elf.«
    »Also bei klarstem Mondschein ...«
    Plötzlich fuhr Krag zusammen. Er hatte eine neue Spur im Schnee entdeckt.
    »Trug Aakerholm nicht Hirschlederstiefel?«
    »Ja.«
    »So sehe ich dort seine Fußtritte. Sie beginnen am Wege. Er ist vom Wege abgewichen, wie man vor einem heraneilenden Auto ausweicht, plötzlich und eilig. Und dann – ah, jetzt sehe ich es: er ist die sieben bis acht Schritte bis zum Baum rückwärts gegangen.«
    Bengt hatte Krags Untersuchungen mit wachsendem Interesse beobachtet. Nun sagte er:
    »Es ist absolut nicht merkwürdig, daß mein armer Vater vom Wege bis zum Baum rückwärts ging. Er fürchtete natürlich, daß ihm jemand folgen und ihn daran hindern könnte, die Tat auszuführen.«
    »Ich sagte ja auch gar nicht, daß es merkwürdig sei«, erwiderte Krag. »Für mich ist es das wichtigste, die Tatsache festzustellen.«
    Wie ein Spürhund schnüffelte er noch eine Viertelstunde im Schnee umher. Dann löschte er seine Laterne und erklärte, daß er fertig sei.
    Die Gesellschaft begab sich zurück in das Haus.
    Krag ließ sich von dem Koch zeigen, wo die kleine Allee lief.
    »Sie führt also direkt zu dem Hause von Aakerholms Braut?« fragte er.
    »Ja, sie führt zu Frau Hjelms Villa«, antwortete Bengt.
    »Hm«, machte Krag. »Um halb elf sah man den alten Herrn in der Allee; zehn Minuten nach elf fand man seine Leiche im Park, das heißt also in der entgegengesetzten Richtung. Kann man im Zeitraum von vierzig Minuten von hier zu Frau Hjelms Villa und wieder zurück an die Stelle im Park gelangen, an der man den Toten fand?
    Der Koch überlegte.
    »Das ist vielleicht möglich«, sagte er. »Aber so genau kann ich es nicht sagen. Jedenfalls müßte man dann sehr rasch gehen.«
    »Nun, das werden wir morgen untersuchen. Jetzt ist es bereits halb vier, und der Mond ist gerade im Begriff, sich hinter einer Wolke zu verstecken. In wenigen Minuten wird die Dunkelheit uns am Weiterarbeiten hindern, die Fackeln genügen nicht. So ist es also am besten, daß wir uns jetzt zur Ruhe begeben.«
    Krag nahm des Doktors Arm, grüßte Bengt kurz aber freundlich und eilte die Treppen hinauf.
    Es war still und warm in den Fremdenzimmern, ein munteres Feuer prasselte im Kamin. Bald hatten die beiden Herren ihre Zigarren in Brand gesteckt und sich's gemütlich gemacht. Krag war anfangs schweigsam und nachdenklich. Doktor Rasch schien vollkommen überwältigt von den Erlebnissen der letzten Stunden. Er saß eine Weile mit den Händen vor dem Gesicht. Dann murmelte er:
    »Ich ahnte es, ich ahnte es. Der prächtige alte Mann. Und welch ein furchtbarer Tod!« fügte er schaudernd hinzu.
    Plötzlich wandte er sich an Krag, der bereits in seine Lieblingsstellung gesunken war: zur Hälfte im Sessel begraben, die Beine nach dem Kamin hin ausgestreckt, die Zigarre im Munde, von dichten Rauchwolken eingehüllt.
    »Du behauptetest«, sagte er, »daß du das Geheimnis der drei Zimmer kenntest, aber es gab ja gar kein Geheimnis in ihnen.«
    Krag lachte laut auf.
    »Wie blind ihr Menschen doch seid«, sagte er. »Gewiß ist ein Geheimnis mit den drei Zimmern verknüpft. Das vermutete ich sofort, als du mir in Kristiania von den seltsamen Anordnungen des alten Herrn erzähltest. Gestern gingen mir dann plötzlich die Augen auf, und ich wurde meiner Sache noch sicherer, als ich von dem taubstummen Diener hörte. Nun aber habe ich unwiderlegliche Beweise für die Richtigkeit meiner Annahme an der Hand.«
    »Aber von dem taubstummen Diener weißt du ja gar nichts«, wandte der Arzt ein.
    »Gewiß weiß ich etwas von ihm«, behauptete Krag, »ich weiß, daß er taubstumm war ... das genügt mir.«
    Eine kurze Pause entstand, während der neue dicke Rauchwolken aus Krags Sessel emporstiegen. Darauf fragte der Arzt unsicher und in fast flüsterndem Ton:
    »Glaubst du, daß mit Aakerholms Selbstmord etwas Geheimnisvolles verknüpft ist?«
    Krag wurde ernst.
    »Selbstmord?« fragte er. »Es war kein Selbstmord. Aakerholm wurde ermordet.« »Ermordet?«
    »Ja. Ins Herz geschossen. Niedergeschossen, wie man einen räudigen Hund erschießt.«
    Der Arzt sprang entsetzt auf.
    »Und das sagst du so ruhig!« rief er aus. »Aber wer, um des Himmels willen, ist denn der Mörder?«
    »Das weiß ich nicht, ich ahne es noch nicht. Der einzige, der es mir hätte sagen können, der alte Herr selbst nämlich, wollte es nicht, als ich ihn gestern danach fragte.«
    »Was meinst du

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