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Die geheime Waffe

Die geheime Waffe

Titel: Die geheime Waffe
Autoren: Nicola Marni
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ganze Weile, bis er wegdämmerte. Sogleich fiel er in einen wirren Traum. Zuerst drehte dieser sich um Andrea, seine tote Freundin. Sie stand vor einem hoch aufragenden Wolkenkratzer, den man eher in New York vermuten würde als in München-Neuperlach. Aus einem bleichen Gesicht sah sie ihn vorwurfsvoll an. »Warum bist du nicht früher zurückgekommen? Dann wäre es nicht passiert«, klagte sie.
    Torsten rannte auf sie zu. Doch bevor er sie erreichen konnte, verzerrte sich ihr Gesicht, und sie zeigte nach hinten. »Dort kommt er!«
    Torsten schnellte herum und sah eine schattenhafte Gestalt. Diese hielt einen länglichen Gegenstand in der Hand, den er erst auf den zweiten Blick als Gewehr erkannte. Da legte die Person auch schon die Waffe auf Andrea an und zog den Stecher durch.
    Torsten hechtete in die Schusslinie, um seine Freundin zu schützen. Das Projektil machte jedoch einen Bogen um ihn und schlug in Andreas Oberkörper ein. Während sie mit einem Seufzer niedersank, stürmte Torsten mit einem wütenden Aufschrei auf den Schützen los. Als er ihn packen wollte, löste dieser sich in Luft auf, und er war mit Andrea allein.
    Als er auf sie zuging, lag statt seiner toten Freundin auf einmal Graziella vor seinen Füßen. Aus dem Loch in der Brust floss das Blut wie ein breiter Strom. Mit Mühe öffnete sie die Augen und sah ihn an. »Immer wenn man dich braucht, bist du irgendwo anders!«
    »Aber ich bin doch hier«, rief Torsten verzweifelt.
    Graziella hustete und wollte etwas sagen, da hupte es auf einmal von allen Seiten. Torsten fuhr hoch, fand sich in seinem
Auto wieder und sah, wie um ihn herum die anderen Autos anrollten. Erneut hupte es, und ein Fahrer ließ das Seitenfenster herunter und tippte sich an die Stirn. »Du hast sie wohl nicht mehr alle, mitten auf der Autobahn zu schlafen!« Er gab Gas und brauste davon.
    Torsten brauchte einige Sekunden, bis er den Wagen in Gang brachte. Seine Gedanken kreisten immer noch um Graziella Monteleone, und er begriff zum ersten Mal, dass seine Beziehung zu ihr womöglich an seiner Angst gescheitert war, ihr könnte ein ähnliches Schicksal drohen wie Andrea.
    Mit einem ärgerlichen Ausruf sah er auf die Uhr. Wenn die Anzeige stimmte, hatte er beinahe zwei Stunden geschlafen, dabei schien es ihm, als wären nur wenige Minuten vergangen. Noch immer hielt ihn der Alptraum in seinen Klauen, und er ertappte sich mehrmals, dass er zusammenzuckte, nur weil das Schattenspiel zwischen Autoscheinwerfern und der Dunkelheit der Nacht ihm Bewegungen vorgaukelte.

SIEBEN
    D ennoch erreichte Torsten die Stadt Lingen so früh, dass er noch ein paar Stunden hätte schlafen können. Aber um zu vermeiden, dass ein weiterer Alptraum an seinen Nerven zerrte, zwang er sich, wach zu bleiben. Er hatte sein Auto nicht direkt auf dem Parkplatz neben dem Gefängnis geparkt, sondern ein paar Meter weiter in der Kaiserstraße.
    Übermüdet, wie er war, fröstelte er in der Morgenkühle. Um sich aufzuwärmen, stieg er aus dem Auto und ging die Kaiserstraße mehrfach auf und ab, wobei er immer wieder einen Blick auf den Platz vor der Justizvollzugsanstalt warf. Dabei suchte er nach Stellen, von denen aus der Mordschütze einen Mann ins Visier nehmen konnte, der das Gefängnis verließ.

    Gegen fünf Uhr morgens wurde es im Osten hell. Um nicht aufzufallen, beschloss Torsten, durch ein paar andere Straßen zu schlendern. Die Stadt erwachte. Menschen kamen aus den Häusern und hasteten die Gehsteige entlang, ohne Torsten mehr als einen beiläufigen Blick zu schenken. Die ersten Autos fuhren vorbei, und vor einer Verkaufsbude luden zwei Frauen Gemüsekisten aus einem Kleinbus. Torsten bekam Hunger. Doch ihm war nicht nach Obst, und so ging er weiter, bis er auf eine Metzgerei traf, die bereits geöffnet hatte. Die Verkäuferin füllte gerade die Auslage. Als er eintraf, unterbrach sie ihre Arbeit und fragte freundlich: »Was darf es denn sein?«
    Torsten hatte Appetit auf Leberkäse, doch dafür war er einige Kilometer zu weit im Norden. »Geben Sie mir zwei Wurstsemmeln … äh, -brötchen oder wie sie hier heißen und eine Flasche Cola!« Kaffee wäre ihm zwar lieber gewesen, doch den gab es hier nicht.
    Die Verkäuferin machte die Semmeln zurecht, steckte sie in eine Tüte und stellte sie zusammen mit einer Colaflasche auf die Verkaufstheke. »Vier Euro fünfzig, bitte.«
    Torsten kramte in seinem Geldbeutel, fand aber nicht genug Kleingeld und reichte ihr einen Fünfeuroschein. »Stimmt
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