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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung
Autoren: Polly Shulman
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Gewicht.
    »Ich verstehe. Wo würdest du das hier einordnen?« Dr.Rust gab mir einen Metallknopf mit einer Öse auf der Rückseite anstelle der Löcher. Auf der Vorderseite war irgendein Stück gewobener Stoff unter Glas.
    Ich zögerte. Sollte ich ihn zu den Metallen legen? Des Glases wegen zu den von Menschen gemachten Materialien? Oder wegen des Stoffs zu den Pflanzen? Vielleicht war der Stoff ja Wolle, dann würde er zu den Tieren gehören. »Darf ich eine Frage stellen?«, sagte ich.
    »Natürlich. Stell immer Fragen. Wie ein Sprichwort der Akan sagt: ›Wer Fragen stellt, verläuft sich nicht.‹«
    »Wo liegt Akan?«
    »Die Akan leben in Westafrika. Sie haben einen erstaunlich reichen Schatz an Sprichwörtern. Vielleicht, weil sie daran glauben, dass man fragen soll.«
    »Oh. Gut. Also dann: Woraus besteht dieser Knopf?«
    »Eine sehr gute Frage. Aus Gold, Bergkristall und menschlichem Haar.«
    Also nicht die von Menschen geschaffenen Materialien, vielleicht Stein. Im Übrigen war die Antwort nicht gerade hilfreich. Dem Gewicht nach war der Knopf größtenteils aus Gold, also vielleicht zu den Metallen? Aber ich hatte den wie einen Diamanten aussehenden zu den Steinen und nicht zu den Metallen gelegt. Ich entschloss mich, den neuen Knopf nach seiner merkwürdigsten Komponente einzuordnen, und legte ihn zu den Tieren.
    »Interessant«, sagte Dr.Rust. »Ordne sie noch einmal.«
    Ich mischte und ordnete sie neu, in einem durchdachten Raster nach Größe und Farbe. Es fing oben mit Rot an und durchlief den Regenbogen bis hin zu Violett am Ende mit Extrareihen für Schwarz und Weiß. Von links nach rechts fing ich mit kleinen Kragenknöpfen an und hörte mit großen Plaketten auf.
    »Wo würdest du das hier einordnen?« Dr.Rust gab mir einen Reißverschluss.
    Ein Reißverschluss! »Wieso haben Sie mir den nicht schon früher gegeben?«, fragte ich. »Ich hätte ihn zu den Metallen legen können.«
    War das meine Einbildung, oder hatten sich Dr.Rusts Sommersprossen bewegt? War die große über dem linken Auge nicht vorher über dem rechten gewesen?
    Ich mischte die Knöpfe noch einmal und fing von vorn an. Diesmal sortierte ich sie nach ihrer Form. Ich legte den Reißverschluss zu den Knebeln und einem rechteckigen Knopf mit eingraviertem Zickzackmuster. Ich mochte diese Lösung nicht, aber sie war besser als nichts.
    Dr.Rust zog eine Augenbraue hoch – in deren Nähe überhaupt keine große Sommersprosse mehr war – und fragte: »Was meinst du, welcher ist am meisten wert?«
    Ich erwog den diamantenen, nahm aber einen emaillierten Pfau mit blauen Edelsteinen im Schwanz. Dr.Rust schien erfreut.
    »Am ältesten?«
    Ich hatte keine Ahnung. Ich nahm einen der silbernen.
    »Am schönsten?«
    Ich wurde allmählich ungeduldig. Ich nahm einen der Plastikknöpfe in einem wunderschönen Grünton. Dr.Rust schien mir nicht recht zu glauben. »Am mächtigsten?«
    »Wie kann ein Knopf mächtig sein?«
    »Ich nehme an, du wirst mit der Zeit feststellen, dass jeder Gegenstand hier einzigartige Qualitäten besitzt. Du wirst bemerken, dass die Materialien in unserer Sammlung mit dir reden.«
    Hieß das, ich würde den Job bekommen?
    Auf jeden Fall sprachen mich einige der Knöpfe mehr an als andere. Ich wählte einen schwarzen Glasknopf mit einer beunruhigenden Form. Dr.Rust nahm ihn und untersuchte ihn lange Zeit sehr sorgfältig, während ich seine Sommersprossen beobachtete und versuchte, sie dabei zu erwischen, wie sie sich bewegten. Waren diese Sommersprossen in Schmetterlingsform nicht vor einer Minute noch auf der linken Seite gewesen?
    »Nun, Elizabeth, das war sehr erhellend, aber auf uns beide wartet noch eine Menge Arbeit«, sagte er schließlich. Als ob
ich
diejenige gewesen wäre, die unendlich lange auf einen Knopf gestarrt hätte. »Kannst du nächste Woche anfangen? Hier, ich denke, den solltest du besser mitnehmen.«
    Jemand öffnete die Tür, als Dr.Rust mir einen letzten Knopf gab. Er passte zu den Knöpfen an meinem Mantel, es hätte der fehlende oberste Knopf sein können.
    Mein Erstaunen ignorierend, sagte er: »Und da kommt Marc, genau zur rechten Zeit.«

[home]
    Kapitel 2
    Das New Yorker Repositorium der Verleihbaren Schätze
    M arc stand im Eingang.
    »Ihr beide kennt euch, oder?«, fragte Dr.Rust.
    »Jap, wir haben uns unten getroffen«, sagte Marc.
    »Eigentlich sind wir beide in Gesundheitserziehung«, korrigierte ich. »Bei Ms.Reider.«
    Marc hatte zumindest den Anstand, verlegen
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