Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
getreten, dass Elisabeth aufgewacht ist und wie am Spieß zu schreien begonnen hat. Seitdem trage ich sie lieber herum.«
    »Ob er wohl eifersüchtig ist?« Jan beugte sich über das schla fende Mädchen. »Jetzt, wo dein kleiner Hans die mütterliche Liebe auf einmal teilen muss. Ist ihr Fieber denn inzwischen vorbei?«
    »Du verstehst die Seele der Kinder wie kein anderer«, erwiderte die Frau. »Wahrscheinlich sind deshalb auch deine Rötelzeichnungen von ihnen so lebendig. Ich wünschte, du würdest bald neue machen. Unsere Kleinen verändern sich so schnell!« Sie wirkte auf einmal erschöpft. »Ja, Elisabeth wird gottlob langsam wieder gesund. Aber meine Angst bleibt. Sie erscheint mir wie ein zartes Blümchen, das schon der leiseste Windhauch zausen kann, während unser Johannes stark wie ein junger Baum ist.« Ihr Blick glitt zu den beiden Frauen, die schweigend zugehört hatten. »Wen bringst du mir da?«
    »Hattest du nicht neulich gesagt, dass du dringend eine Magd brauchst, verehrte Lutherin? Ich weiß doch genau, wie bescheiden du immer bist. Deshalb bin ich auch gleich mit zweien auf einmal gekommen.«
    Susanna und Bini wagten kaum noch zu atmen. Katharina von Bora – die Frau des Reformators!
    In Sonnefeld hatten die Nonnen sich die Mäuler über sie zerrissen. Sie habe Luther verführt, sei eine Teufelshure und verdiene das Höllenfeuer, hatten die einen gegeifert, während andere neidisch alles verfolgten, was über sie zu ihnen drang. Kaltgelassen jedenfalls hatte keine der Schwestern das unerhörte Schicksal von Mönch und Nonne, die den Bund der Ehe geschlossen hatten. Alles Mögliche hatten sie sich unter dieser Katharina von Bora vorgestellt.
    Doch jetzt stand eine anziehende junge Frau vor ihnen, mit starken Hüften und einem schlanken Hals. Sie roch ganz schwach säuerlich, das stieg Susanna als Erstes in die Nase. Genauso hatte die Tochter ihrer Leipziger Wirtin nach der Niederkunft gerochen. Was bedeutete, dass die Lutherin ihre Kleine noch stillte.
    »Lieb gemeint, Jan Seman!« Katharina lächelte. »Aber in meinen Truhen herrscht leider wieder einmal Ebbe. Wir bräuch ten dringend einen neuen Zaun, damit die Wildschweine nicht alles zertrampeln, das Dach ist undicht, und seit gestern leckt auch noch mein großer Wasserkessel, während Doktor Martinius unverdrossen über seinen Büchern hockt und von alledem nichts sieht und hört …«
    Sie stieß einen Seufzer aus.
    »Bin schon heilfroh, dass endlich Frühling ist und wenigstens in meinem Garten alles wieder sprießt und wächst. Wie sonst sollte ich die vielen hungrigen Mäuler an unserer Tafel satt bekommen?«
    Hansi hatte sich losgemacht und lief zu Jan, der ihn hochhob und auf den Arm nahm. Die rundlichen Kinderbeinchen stießen ungeduldig gegen seinen Bauch.
    »Fliegen!«, schrie der Kleine. »Hansi will fliegen!«
    Jan warf ihn in die Luft, wieder und wieder, was der Kleine mit lautem Juchzen quittierte.
    »Du wirst sie als Mägde nehmen, Kind, sei doch nicht dumm!« Energisch wurde Katharina von einer älteren Frau beiseitegeschoben. Über ihr knöchellanges Nachtgewand hatte sie ein dunkles Wolltuch geworfen. Ein dünner silberner Zopf baumelte über der linken Schulter.
    »Muhme Lene – dass du niemals hören magst! Habe ich nicht ausdrücklich gesagt, du sollst im Bett bleiben und erst einmal dein Reißen auskurieren?«
    »Ach was! Vom Herumliegen wird mein krummer Rücken auch nicht mehr gerade. Aber vier fleißige Hände könnten für uns alle äußerst nützlich sein.« Sie schob sich nah an Susanna und Bini heran und musterte sie ungeniert. »Eure Ge sichter gefallen mir«, murmelte sie. »Mager, aber ehrlich. Sieht aus, als könntet ihr zupacken. Und das werdet ihr bei uns auch müssen. Jetzt will ich noch hören, woher ihr kommt und wie ihr heißt.«
    »Es sind zwei ehemalige Nonnen«, antwortete Jan. »Mir haben sie gesagt …«
    »Wir haben im Kloster Sonnefeld gelebt«, sagte Susanna schnell. »Ich bin Susanna, und das ist Binea, meine ehemalige Mitschwester. Und ja, wir würden sehr gerne für Euch arbeiten.«
    »Nonnen? Das behaupten jetzt sehr viele. Und beileibe nicht alle sagen die Wahrheit.« Katharina reckte ihr Kinn und wirkte plötzlich unnahbar.
    Bini schloss Daumen und Zeigefinger der linken Hand zu einem Kreis zusammen, eines der vielen stummen Zeichen, die sie im Kloster in den langen Schweigeperioden benutzt hatten.
    Die traut uns nicht , bedeutete das. Sie fuhr mit der rechten Hand darüber. Wir werden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher