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Die gefangene Braut

Die gefangene Braut

Titel: Die gefangene Braut
Autoren: Johanna Lindsey
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Bruder sein. Ich liebe dich. Ich begehre dich, wie ein Mann eine Frau begehrt.« Er trat zu ihr, nahm ihre Hände und zog sie an sich. »Ich will dich mehr, als ich je irgend etwas gewollt habe. Ich kann an nichts anderes mehr denken als daran, dich in meine Arme zu nehmen und dich zu lieben. Dieser Gedanke ist zu einer Besessenheit geworden.«
    »Du redest dummes Zeug, Tommy. Ich will kein Wort mehr davon hören!«
    Christina riß sich von ihm los, und im nächsten Moment tauchte Johnsy, ihr altes Kindermädchen, mit dem Tee auf. Daher wurde kein Wort mehr zu diesem Thema verloren.
    Sie aßen vergnügt zusammen zu Abend, nachdem sie einen langen Ritt unternommen hatten, um die Spannungen abzubauen. Da Christina wieder zu ihrer gewohnten, sorglosen Art zurückgekehrt war, kam Tommy taktvollerweise nicht mehr auf das Verlangen zu sprechen, das in ihm entbrannt war.
    Später am Abend, als Tommy in seinem Bett lag und an Christina und den vergangenen Nachmittag dachte, machten sich große Sorgen in ihm breit. Er war plötzlich absolut sicher, daß sich, wenn Christina, wie sie es vorhatte, diesen Sommer in London verbrachte, ihr gesamtes Leben verändern und sein Leben verpfuscht sein würde. Aber er konnte nichts tun, um sie davon abzuhalten.

2

    Tausend blinkende Sterne waren an diesem klaren Sommerabend zu sehen. Eine warme Brise ließ die Baumwipfel wanken und gab ab und zu den Blick auf den vollen Mond frei, der die Landschaft erhellte. Doch die friedliche Ruhe der schönen englischen Landschaft wurde durch die Kutsche der Wakefields gestört, die über die leere, staubige Straße rumpelte.
    Im Innern der geräumigen, üppig gepolsterten Kutsche sah sich John Wakefield versonnen sein eigenes Spiegelbild im Fenster an. Eine einzelne Kerze warf ein gedämpftes Licht auf den dunkelblauen Samt des Kutscheninneren.
    John sagte sich, daß er diese Reise in die Stadt einfach genießen sollte, und er wußte, wie sehr sich Crissy freute. Er warf einen Blick auf seine Schwester, die auf dem Sitz ihm gegenüber unbeirrt schlief.
    Christina Wakefield hatte sich von einem bubenhaften Mädchen, das stets zu Streichen aufgelegt war, in eine verblüffend schöne Frau verwandelt, und das im Lauf dieses einen Jahres, das Johnny fern von zu Hause verbracht hatte. Als er sie bei seiner Rückkehr vor einem Monat derart erwachsen vorgefunden hatte, war er schockiert gewe-
    sen, und er hatte diese unglaubliche Veränderung immer noch nicht bewältigt. Ihre Figur hatte sich zu einer verblüffenden Perfektion ausgewachsen, und selbst ihr Gesicht hatte sich derart verändert, daß Johnny sie nur mit Mühe wiedererkannt hatte.
    Jetzt musterte er ihr Gesicht, während sie in süßen Träumen versunken war. Über ihren hohen Backenknochen wuchsen dichte Wimpern, die innerhalb eines Jahres länger geworden zu sein schienen. Ihre gerade, schmale Nase und das leicht runde Kinn hatte der Verlust der kindlichen Pausbacken betont. Johnny wußte, daß er alle Hände voll zu tun haben würde, die jungen Kerle in Schach zu halten, wenn sie in der Stadt eintrafen.
    Crissy hatte sich diese Reise nach London zu ihrem achtzehnten Geburtstag gewünscht, und John hatte keine Gründe dafür gefunden, ihr diesen Wunsch abzuschlagen. Christina Wakefield war es immer gelungen, das zu bekommen, was sie wollte. Sie hatte ihren Vater um den kleinen Finger gewickelt, und jetzt machte sie es mit ihm ganz genauso. Aber er hatte nichts dagegen. John gab den Wünschen seiner kleinen Schwester gern nach. Sie war alles, was er jetzt noch hatte.
    Er erinnerte sich nur zu deutlich an jenen verhängnisvollen Tag vor vier Jahren, als Jonathan Wakefield bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen war. John hatte Crissy über den Tod ihres Vaters unterrichten müssen, denn ihre Mutter hatte die Meldung so schlimm aufgenommen, daß sie selbst drei Wochen darauf gestorben war – am Kummer, sagte der Arzt. Doch trotz seines eigenen Kummers brachte John es irgendwie fertig, Crissy in ihrem Leid beizustehen. Crissy hatte den größten Teil der Zeit, die auf den Tod ihrer Eltern folgte, damit verbracht, wie eine Wilde auf ihrem schwarzen Hengst über das Gut zu reiten. John hatte sie ungehindert bei Tag und Nacht ausreifen lassen, denn erst drei Monate vorher hatte sie ihm gesagt, sie könne alle ihre Sorgen vergessen, wenn sie mit dem Wind ritt.
    Damals hätte John sie am liebsten ausgelacht, denn welche Sorgen hätte sie in ihrem Alter haben können? Er hatte jedoch nur zu schnell
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