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Die gefangene Braut

Die gefangene Braut

Titel: Die gefangene Braut
Autoren: Johanna Lindsey
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gelernt, daß man in jedem Alter Sorgen haben kann. Das Reiten half Crissy über ihren Kummer hinweg, und sie kehrte früher wieder zu einem normalen Leben zurück, als es zu erwarten stand, nachdem sie plötzlich beide Elternteile verloren hatte.
    Von da an war es Johns Aufgabe, Crissy aufzuziehen, doch ohne die Hilfe von Mrs. Johnson – Johnsy nannten sie sie – hätte er es nicht geschafft. Als sie klein waren, war sie das Kindermädchen der beiden gewesen, doch jetzt kümmerte sie sich um das Haus und führte die Aufsicht über sämtliche Bediensteten, die auf dem Gut arbeiteten. John konnte noch vor sich sehen, wie Johnsy ihm mit besorgt aufgerissenen Augen mit dem Finger gedroht hatte, ehe sie nach London aufgebrochen waren.
    »Daß du mir bloß mein Kleines im Auge behältst, Johnny, mein Junge«, hatte sie zum drittenmal an diesem Morgen zu ihm gesagt. »Laß mir ja nicht zu, daß sie sich in einen dieser Schnösel aus London verliebt. Ich kann diese Gecken aus der Stadt mit ihrer überheblichen Art nicht leiden. Also, bring mir bloß nicht so einen mit nach Hause.«
    Crissy hatte gelacht und Johnny gehänselt, als sie in die Kutsche stieg. »Schäm dich, Johnny. Was sollte ich mich in einen Schnösel aus London verlieben, wenn ich hier meinen Tommy habe, der meine Rückkehr erwartet?« Crissy warf Tommy Huntington, der zum Abschied gekommen war, einen Kuß zu. Tommy hatte den Verlegenen gespielt und den Kopf gesenkt, aber John hatte gemerkt, daß er nicht glücklich über Crissys Reise in die Stadt war.
    Tommy lebte bei seinem Vater, Lord Huntington, auf einem der angrenzenden Güter. Da in der Umgebung keine Mädchen in Crissys Alter lebten, waren Tommy und sie seit ihrer Kindheit ständige Gefährten. John und Lord Huntington hatten immer gehofft, sie würden eines Tages heiraten. Aber Tommy mit seinem bräunlichen Haar und den hellbraunen Augen war nur sechs Monate älter als Crissy und in Johns Augen immer noch ein Junge. Crissy dagegen war jetzt eine junge Frau im heiratsfähigen Alter. John hatte gehofft, Tommy würde ebenso schnell heranreifen wie Crissy, aber wenn sie ihn liebte, würde sie vielleicht auf ihn warten.
    Wer weiß, was im Kopf einer Frau vor sich geht, dachte John geistesabwesend. Er versuchte gar nicht erst Crissys Gefühle für Tommy zu verstehen; er wußte nicht einmal, ob sie nur freundschaftliche Gefühle für ihn hegte oder ob es mehr war. Er mußte daran denken, sie irgendwann danach zu fragen, aber wahrscheinlich würde sie in den kommenden Wochen so beschäftigt sein, daß er keine Gelegenheit bekam, diese Frage zu stellen.
    John lächelte, als er sich die überraschten Gesichter der jungen Männer vorstellte, die ihren Kontakt suchen würden, wenn sie erst feststellten, daß Crissy nicht nur schön, sondern auch intelligent war. John kicherte in sich hinein, als er an den hitzigen Streit zwischen seinen Eltern dachte, was Crissys Schulbildung anging. Sie hatten sich auf einen Kompromiß geeinigt, und Crissy hatte dieselbe Schulbildung wie ein Junge bekommen, doch gleichzeitig hatte man sie auch die weiblichen Künste des Nähens und des Kochens gelehrt.
    Ja, Crissy war gebildet, und sie war schön, aber sie hatte auch ihre Mängel. Ihre absolute Halsstarrigkeit war ein Mangel, den sie von ihrer Mutter geerbt hatte, die bei keinem Thema nachgab, wenn sie sich im Recht fühlte. Eine weitere schlechte Eigenschaft war ihre aufbrausende Art, denn sie konnte über die kleinsten Kleinigkeiten außer sich geraten.
    John seufzte, als er daran dachte, wie hektisch die beiden kommenden Wochen werden würden. Nun, immerhin waren es nur zwei Wochen. Er schlummerte ein, während die Kutsche auf der menschenleeren Straße nach London fuhr.
    Christina und John Wakefield schliefen noch, als ihre Kutsche vor dem zweistöckigen Haus am Portland Place anhielt. Die Sonne tauchte gerade über dem Horizont auf und färbte den Himmel rosa und hellblau, und die Vögel zwitscherten fröhlich.
    Christina erwachte, als der Kutscher den Verschlag öffnete. »Wir sind da, Miß Christina«, sagte er in einem entschuldigenden Tonfall, ehe er das Gepäck von dem stabilen Fahrzeug lud.
    Christina richtete sich auf und strich sich über ihr Haar, das in langen Locken um ihr Gesicht fiel. Sie glättete ihr Kleid und warf einen Blick auf John, der ihr gegenübersaß und noch fest schlief. Das blonde Haar war ihm in die hohe Stirn gefallen.
    Sachte rüttelte sie seine Knie. »John, wir sind da! Wach
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