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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2
Autoren: jemisin
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das Gesicht rieb, traf mich die Erkenntnis: Ich war wieder glücklich. Vielleicht zum ersten Mal, seit ich Schatten verlassen hatte. Wirklich und rundum glücklich.
    Deshalb bemerkte ich auch zunächst den ersten Hauch kalter Luft an meinen Knöcheln nicht. Erst als ich das Badezimmer verließ und in scharfe, fremdartige Kälte hineinlief, wurde mir klar, dass Sonnenschein und ich nicht alleine waren. Abrupt blieb ich stehen.
    Zuerst war da nur Schweigen. Es gab nur ein stetig zunehmendes Gefühl von Nähe, Wahrnehmung und Unermesslichkeit, das mit nichts vergleichbar war. Es füllte auf eine erdrückende Weise das Schlafzimmer und ließ die Wände leise knarren. Egal, was uns da besuchte, es war kein Mensch.
    Und es mochte mich nicht. Ganz und gar nicht.
    Ich stand regungslos da und lauschte. Ich hörte nichts — und doch atmete etwas in der Nähe meines Nackens ein.
    »Du riechst immer noch nach ihm.«
    Jeder Nerv in meinem Körper schrie. Ich blieb nur deswegen bewegungslos stehen, weil es mir den Atem verschlagen hatte. Ich wusste, wer das war. Ich hatte sein Kommen nicht gehört, ich wagte es nicht, seinen Namen auszusprechen, aber ich wuss~ te, wer er war.
    Die weiche, tiefe und bösartige Stimme hinter mir kicherte. »Hübscher als erwartet. Si'eh hatte recht. Mit dir hat er einen glücklichen Fang gemacht.« Eine Hand streichelte mein Haar, das vollkommen durcheinander war. Der Zopf war halb gelöst. Der Finger, der meinen Nacken streifte, war eiskalt. Ich konnte nicht anders und schrak zusammen. »Aber so zart. So eine weiche Hand, die seine Leine festhält.«
    Es überraschte mich keineswegs, dass diese langen Finger plötzlich mein Haar packten und meinen Kopf in den Nacken zogen. Den Schmerz nahm ich kaum wahr. Die Stimme, die in mein Ohr sprach, war viel besorgniserregender.
    »Liebt er dich bereits?«
    Ich bekam die Worte nicht heraus. »W-wie bitte?«
    »Ob er ...«, die Stimme kam näher, »... dich bereits ...« Jetzt hätte ich seinen Körper spüren müssen, der an meiner Schulter lehnte, aber da war nur das Gefühl luftiger Kühle, wie Mitternachtsluft. »... liebt.«
    Das letzte Wort war so nah an meinem Ohr, dass ich die Liebkosung seines Atems spürte. Ich erwartete, als Nächstes seine Lippen zu spüren. Geschah das, würde ich schreien. Das wusste ich so sicher wie die Tatsache, dass er mich tötete, wenn ich es tat.
    Doch bevor ich mich endgültig ins Unglück stürzen konnte, war eine weitere Stimme vom anderen Ende des Zimmers zu hören.
    »Die Frage ist ungerecht. Woher soll sie das wissen?« Es handelte sich um eine Frauenstimme, eine kultivierte Altstimme, die ich sofort erkannte. Ich hatte sie vor einem Jahr bereits in einer Gasse gehört, in der der Geruch von Verwesung, verbranntem Fleisch und Angst in der Luft lag. Es war die Göttin, die Si'eh Mutter genannt hatte. Ich wusste jetzt, wer sie wirklich war.
    »Das ist die einzig wichtige Frage«, sagte der Mann. Er ließ mein Haar los. Zitternd stolperte ich vorwärts und blieb dann stehen, obwohl ich wegrennen wollte. Doch ich wusste, das war sinnlos.
    Sonnenschein schlief immer noch. Ich hörte, wie er langsam und gleichmäßig im Bett atmete. Etwas stimmte da ganz und gar nicht.
    Ich schluckte. »Zieht Ihr die Anrede Y-Yeine vor, Lady? Oder, äh ...« »Yeine wird genügen.« Sie zögerte. In ihrer Stimme schwang ein Hauch von Belustigung. »Willst du nicht den Namen meines Gefährten wissen?«
    »Ich glaube, ich kenne ihn bereits«, sagte ich.
    Ich spürte ihr Lächeln. »Dennoch sollten wir ein Mindestmaß an Anstand wahren. Du bist natürlich Oree Shoth. Oree, das ist Nahadoth.«
    Ich zwang mich, hölzern zu nicken. »Erfreut, Euch kennenzulernen.«
    »Schon viel besser«, sagte die Frau. »Findest du nicht auch?«
    Zunächst war mir nicht klar, dass diese Worte nicht an mich gerichtet waren, bis der Mann — er war kein Mann, er war absolut kein Mann — antwortete. Wieder zuckte ich zusammen, weil seine Stimme plötzlich viel weiter weg war und in der Nähe des Betts erklang. »Ist mir egal.«
    »Ach, sei nett.« Die Frau seufzte. »Ich weiß deine Nachfrage zu schätzen, Oree. Ich denke, eines Tages wird mein Name bekannter sein, aber in der Zwischenzeit finde ich es schon ärgerlich, wenn andere mich und meine Vorgängerin für austauschbar halten.«
    Ich konnte ungefähr ahnen, wo sie sich befand: bei den Fenstern, in dem großen Sessel, in dem ich manchmal saß und der Stadt lauschte. Ich stellte mir vor, wie sie anmutig
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